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|Jungkook|

Ich ignorierte das Donnern im Himmel, als ich den Berg hinauf zu dem See ging, an dem Taehyung und ich uns das erste Mal getroffen hatten.

Ich hielt das weiße Hemd, das er mit seinem Verschwinden bei mir gelassen hatte, fest in meinen Armen und presste es an meine Brust. Das Hemd trug seinen Geruch und es fühlte sich so an, als würde ich ihn umarmen.

Vor dem See fiel ich auf meine Knie und vergrub mein Gesicht in den dünnen Stoff. Ich atmete Taehyungs Geruch ein und wieder aus. Ich stellte mir vor, dass er bei mir wäre - dass er immer noch in meinen Armen liegen würde. Wieso nur, Tae?

Das Wasser des Sees war eiskalt. Meine Beine froren und ich drohte zu erfrieren, wenn ich einen weiteren Schritt in das tiefe Wasser wagte. Ich habe versprochen, für immer an deiner Seite zu sein, Taehyung. Es wäre nicht gerecht, mein Versprechen einfach so zu brechen.

Die Sonne lag weit hinter den Wolken, irgendwo, wo ich sie nicht sehen oder ihre Wärme auf meiner Haut spüren konnte. Große graue Wolken bedeckten den einst so schönen Himmel und ihr Grollen war so laut, dass ich meinen eigenen Herzschlag nicht mehr hören konnte.

Sag mir, Taehyung. Dort, wo du jetzt bist, denkst du da an mich?

Ich brach in Tränen aus und zitterte am ganzen Körper. Meine Sehnsucht nach dem Jungen, den ich liebte, war so unbeschreiblich groß, dass ich alles dafür tun würde, um wieder bei ihm sein zu können. Der Schmerz in meinem Herzen saß so unglaublich tief, dass die Wunde, die entstand, niemals mehr verheilen könnte.

Kalt...

,,Jungkook!"

Ich drehte mich um, als Jimins Stimme mich aus meinen Gedanken riss. Sie war so laut, dass ich erschrak. Er stand direkt vor mir.

,,Was machst du da, Jungkook? Das Wasser ist kalt", sagte sein bester Freund. Jimin war außer Atmen und seine Haare waren durchnässt vom Regen. Er hat den Wald verlassen.

Ich hatte nicht gemerkt, dass ich bis zu den Knien im See stand. Ich blickte auf das Kleidungsstück, das ich in meinen Händen hielt und drehte mich vorsichtig zu Jimin. Ich konnte in seinen Augen erkennen, dass er bereits ahnte, was passiert war und dennoch fragte er nach Taehyung.

Ich hätte jene Nacht sterben sollen - nicht du, Taehyung.

,,Er ist tot, Jimin."

Als ich diese Worte aussprach, sah ich, wie Jimins Herz in tausend Teile brach. Der Junge, der einst so wütend darüber gewesen war, dass Taehyung den Wald für einen Menschen verlassen hatte, brach still in Tränen aus.

,,Er ist gestern nicht wieder nach Hause gekommen", erzählte Jimin. Er musste auf ihn gewartet und sich große Sorgen gemacht haben. Jimin war sein bester Freund. ,,Ich wusste, dass etwas passier ist. Ich wusste, dass ich ihn nie wieder sehen würde."

Ich wandte Jimin meinen Rücken zu und blickte zu dem See. Hier hatte Taehyung mir das erste Mal seine Gabe vorgeführt. Er hatte mich mit etwas, das für ihn so normal war, verzaubert und ins Staunen gebracht.

,,Komm bitte aus dem Wasser, Jungkook", hörte ich Jimin sagen. Seine Stimme brach und wir wussten beide, warum ich überhaupt hierher gekommen war. ,,Tu das Taehyung bitte nicht an", fuhr er fort.

Er ist gestorben, weil er einem Kind hatte helfen wollen. Er ist gestorben, weil Moonbyul auf der Suche nach mir gewesen ist. Sie war wegen mir in diesem Wald gewesen. Taehyung hatte sie wegen mir berührt.

,,Hast du dich jemals so sehr nach dem Tod gesehnt, Jimin?"

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Just one Touch || ᵛᵏᵒᵒᵏWo Geschichten leben. Entdecke jetzt