Kapitel 46

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Romanu zog Sina eng an seine Brust und atmete tief ein. Ihm missfiel, sie hier zurückzulassen, sie in den nächsten Tagen bis Wochen nicht in seiner Nähe zu wissen. Doch im Kampf gegen Cyrus und seine Truppen würde er sie nicht beschützen können. Hier im Palast, bei seinen Eltern, war ihr Platz. Schon allein wegen des Kindes, das in ihrem Bauch heranwuchs.

„Glaubst du, Marek kann noch mehr Vampire auf seine Seite ziehen?" Sina sah ihn fragend an. Der Hofmeister war, kurz nachdem er die Botschaft überbracht und das weitere Vorgehen besprochen hatte, zurück zur Burg gekehrt. Damit sein Verrat nicht auffiel.

„Davon gehe ich aus. Er und die anderen Männer in höheren Positionen, haben bereits dem alten König ungern gedient. Der Größenwahnsinn, den sein Sohn an den Tag legt, schürt die Abneigungen weiter. Ganz abgesehen vom Vatermord und der Tatsache, dass er seine bluteigene Schwester weggesperrt hat. Sie werden sich auf unsere und Tarans Seite stellen. Gefährlich sind die jungen Männer, die keine Machtposition bekleiden. Sie werden eher gewillt sein, ihm zu folgen." Romanu küsste seine Gemahlin. „Versprich mir, dass du in meiner Abwesenheit nicht allein irgendwohin gehst. Fabiu sollte dich immer begleiten. Ebenso Mitglieder der Garde. Wer auch immer Malia hatte entführen wollen, wird die Ablenkung, die der Krieg darstellt, für sich nutzen wollen."

„Angst, dass du mich verlierst?", fragte sie mit einem leicht spöttischen Unterton. Dann seufzte sie. „Sorge dich nicht um mich. Versprich mir, dass du unversehrt heimkehrst." Sie zog zwei Phiolen, die mit einer roten Flüssigkeit gefüllt waren, aus ihrem Lederbeutel und reichte sie ihm. „Für den Notfall. Ich will weder dich noch Hermanus verlieren. Dass Taran stirbt, ist auch keine Option, aber der verteidigt momentan die Grenze zu seinem Land, wenn man nach den Berichten geht."

„Ja, er hält Cyrus dort auf, während Berok und ich mit einigen Männern versuchen werden, die Burg einzunehmen. Damit versperren wir Cyrus den Rückweg und ersparen uns eine langwierige Belagerung."

„Berok müsste mit seinen Soldaten bereits unterwegs sein." Sina lehnte sich an ihn, genoss für einen Moment die Zweisamkeit, die sie bald für eine Weile vermissen musste. Dann löste sie sich von ihm und musterte sein Gesicht, wie um es sich für seine Abwesenheit einzuprägen. „Noch etwas. Befreit Marina, aber bringe sie bitte nicht mit. Auch wenn ich meinen Frieden mit ihr geschlossen habe, möchte ich sie nicht in der Nähe von Malia oder später unserem Kind wissen."

Romanu nickte zustimmend. Er misstraute der jungen Vampirin noch immer, obwohl sie und auch Sina versicherten, dass Marina sich geändert hatte. Dennoch würde er niemals zulassen, dass sie den Kindern zu nahe kam. „Ich muss jetzt los." Er stieg auf sein Pferd, das Hermanus zu ihnen geführt hatte. Als er mit den Soldaten und in Begleitung seines ehemaligen Ausbilders durch das Tor der Palastmauern vom Hof ritt, drehte er sich im Sattel um und warf einen letzten wehmütigen Blick auf seine Gefährtin. Er hasste es, sie so schutzlos zurückzulassen.

„Denk an die Worte von Eleon. Sina wird nichts passieren." Hermanus ritt neben ihm, die Miene entspannt.

Romanu wandte sich ihm seufzend zu. „Ich weiß." Er zog eine Braue hoch. „Fabiu wollte mitkommen. Hast du es ihm ausgeredet oder schlicht verboten?"

„Ich will meinen Sohn nicht verlieren, wenn du das wissen willst." Der ältere Vampir trieb sein Pferd an, begab sich an die Spitze der Reiterschar.

Romanu sah ihm neidvoll nach. Als Prinz war es ihm nicht erlaubt, die Gruppe anzuführen, wenn sie in einen Kampf zogen. Geschützt zwischen mehreren Soldaten sollte sein Überleben im Falle eines Angriffs gewährleistet werden. Er schnaubte leise. Cyrus würde nicht so leichtsinnig sein, seine Truppen noch mehr über das Gebiet zu fächern. Der Vatermörder hoffte vermutlich, Taran und seine Männer zu überrumpeln, dessen Reich in einem schnellen Krieg an sich zu bringen. Und mit den Ländereien Alina in seine Hand zu bekommen. Das Vedmamädchen stellte den eigentlichen Grund für die Feindseligkeiten dar.

VedmaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt