Kapitel 49

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„Der Bote hat einen Brief für dich mitgebracht." Ihr Gefährte ließ sich neben Sina auf der Bank im Schatten einer alten Eiche nieder und reichte ihr den Umschlag. Versonnen lächelnd betrachtete sie die Schrift. Klar und deutlich, doch unverkennbar feminin. Von Alina hatte sie vor zwei Tagen Post erhalten. Die Jüngere wünschte ihr das Beste für die bevorstehende Geburt. Einige Tipps, an die sie sich von ihrer Mutter erinnerte. Lange würde es nicht mehr dauern. Seit dem Vortag vermehrtes Ziehen im Unterleib, eine ihr zuvor unbekannte innere Unruhe und eine bleierne Schwere, die dafür gesorgt hatte, dass sie sich ein wenig zurückzog.

Sie betrachtete das Papier. Der neue Brief stammte nicht von der Freundin, sondern aus einem anderen Königreich. Aus einem, das nie zuvor von einer Vampirfamilie geleitet wurde. König Kirill hatte nach dem Krieg verfügt, dass Berok das ehemalige Reich Ragnars nicht nur zwischenzeitlich übernehmen, sondern es auch in Zukunft regieren sollte. Die dazugehörigen hohen Angestellten hatte er sich von Cyrus' Burg mitgebracht. Die Gemahlin in spe ebenfalls, obwohl er das vehement abstritt.

Sina legte den Brief zur Seite, um ihn später zu lesen. Schmunzelnd betrachtete sie ihren Gefährten, von dem die Anspannung der vergangenen Stunden abzufallen schien. „Weigern sie sich noch immer, einer offiziellen Freilassung zuzustimmen?"

Taran und Romanu hatten die Menschen, die nicht zurück in ihre Dörfer kehren wollten, unter den zwei Königreichen aufgeteilt. Der Freund hatte einige der am meisten traumatisierten Frauen und Männer mitgenommen, da er durch seine Gabe ihnen leichter die Furcht nehmen konnte. Doch das bedeutete nicht, dass ihr Gefährte nicht mit Sturköpfen zu kämpfen hatte, die Freiheit als das Böse schlechthin ansahen. Vor einigen Wochen waren sie angekommen. Den Vorschlag, sie in Häuser in der Stadt unterzubringen, hatten sie einstimmig abgelehnt. Lieber hausten sie beengt ein einigen wenigen Zimmern, so wie sie es von der Burg gewöhnt waren. Nur Resa hat sich über einen eigenen Raum in unmittelbarer Nähe zu Sinas Gemach gefreut und den Sklaventitel abgelegt. Sie diente freiwillig sowohl Sina als auch Romanu und half ihm dabei, die verängstigten Menschen auf ein unabhängigeres Leben vorzubereiten.

„Ein junges Paar streitet sich über die gemeinsame Zukunft." Ihr Gefährte rieb sich übers Gesicht und seufzte. „Er will in eines der Häuser in der Stadt ziehen, um sich den Webern anzuschließen. Sie hat Angst, die Gemeinschaft und die Sklaverei zu verlassen. Ich weiß bei den beiden einfach nicht mehr weiter. Resa dringt übrigens aus nicht zu ihr durch."

„Ist es die Brünette, die in Gefangenschaft geboren und von Cyrus gekauft wurde?" Sina tippte sich nachdenklich ans Kinn und fuhr dann auf Romanus Nicken hin fort. „Sie kennt keine Freiheit. Deswegen fürchtet sie, ohne einen Herrn nicht bestehen zu können, sowie sie den Sklaventitel ablegt. Sie benötigt mehr Zeit, um sich mit der Situation anzufreunden. Ich schlage einen Kompromiss vor. Vorläufig soll sie zusammen mit ihrem Gefährten das Haus herrichten. Anfangs nur für wenige Stunden am Tag und unter Aufsicht von Hermanus oder Fabiu. Letzterer könnte auch Malia mitnehmen. Wenn die Frau sieht, wie sich ihr Leben zum Positiven ändern kann – die Nachbarn werden mit Sicherheit vorbeikommen, um sie zu begrüßen und ihnen zu helfen – und Fabius Umgang mit Malia den Beweis liefert, dass Vampire keine Monster sind, wird sie ihre Meinung ändern."

„Ich weiß, warum ich dich geheiratet habe." Romanu glitt von der Bank und sank vor Sina auf die Knie. „Womit verdiene ich eine so kluge und weitsichtige Gemahlin?" Er beugte sich vor und küsste ihren gewölbten Bauch. „Die mir obendrein bald unser erstes Kind schenken wird." Er setzte sich wieder neben ihr hin, legte beschützend einen Arm um sie. „Wie geht es dir heute? Meine Mutter meinte, dass du erschöpft wirkst. Und ich Trottel belästige dich dann noch mit meinen Problemen." Er schüttelte den Kopf, verzog angesäuert das Gesicht.

VedmaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt