Kapitel 4

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Kits Tag begann nicht zwangsläufig früher als gewohnt, jedoch deutlich später als der, der Dienstmädchen. Als Kit sein Zimmer etwas müde und mit leichten Kopfschmerzen verließ, waren sie schon fleißig in den Korridoren unterwegs, um das Frühstück und den anbrechenden Tag vorzubereiten. Er würde zunächst eine kleine Mahlzeit mit einer großen Tasse Kaffee einnehmen und dann um Punkt 8 Uhr auf Shell in der Bibliothek warten. Er wusste bereits, dass es unwahrscheinlich war, dort Gesellschaft zu bekommen, doch er wollte dem Jungen diese eine Chance lassen. Als es 8 war, hatte sich nur Kit mit seinen Aufzeichnungen und Lehrbüchern im Studierzimmer eingefunden. Er setzte eine Stunde an, die er mit warten verbringen wollte und begann, sich genauer umzusehen. Er entdeckte neben dem Mahagonischreibtisch einen Schachtisch und einen Globus. Die Wände waren komplett mit Regalen zugestellt, nur die Fenster blieben frei. Einige Regale waren als Raumtrenner eingezogen worden und boten so kleine Nischen im Raum, die nicht von der Tür aus eingesehen werden konnten. Dort entdeckte Kit einen Tisch mit Mikroskopen und Lupen, sowie kleinere ausgestopfte Tiere, die hinter Glas präpariert worden waren. Ein großer Teil der Bücher handelte von Botanik und Naturkunde. Kit erkannte auf den ersten Blick, dass viele Bücher handgeschrieben waren oder selbst auf der Schreibmaschine getippt wurden. Südamerika tauchte in den Titeln immer wieder auf. Interessiert zog er einige Bücher aus dem Regal, um quer zu blättern. Einige Werke stammten von einem gewissen Howard Montgomery. Kit überlegte, ob es ein Verwandter der Familie sein könnte, es waren Originalausgaben. Immer wieder betrachtete Kit die präparierten Frösche und Insekten und die Sammlungen an verschiedenen Vogelfedern. Als ihm wieder einfiel, warum er sich überhaupt in der Bibliothek aufhielt, überprüfte er die Uhrzeit und stellte fest, dass es bereits nach Neun war. Nun wurde es Zeit, Shell zu wecken. Zumindest ging Kit davon aus, dass Shell noch im Bett liegen musste. Er konnte sich keinen anderen Ort vorstellen, an dem ein rebellischer Teenager seinen Morgen verbringen wollte. Kit fragte sich zu Shells Zimmer durch und hatte tatsächlich Glück. Auf sein Klopfen hin wurde ihm zwar kein Einlass gewährt, aber Shell war definitiv auf seinem Zimmer, welches direkt unter dem Dach im zweiten Obergeschoss lag. Kit überlegte, wie viel an Höflichkeitsformeln er wohl aus Anstand bewahren musste und entschied sich dafür, dass keine von Notwendigkeit waren. Er ließ sich selbst ein. Der ausgebaute Spitzboden war überwältigend. Überall waren riesige Pflanzen aufgestellt, die überraschend gut gepflegt waren, durch ein kleines rundes Dachfenster fiel etwas Sonnenlicht, was dem Raum etwas Mystisches verlieh, so als wäre Kit in einem kleinen Lager direkt im Urwald gelandet. Die Wände waren mit hellem Holz verkleidet, so wie auch die Dachbalken. Überall stapelten sich Kisten mit Gerätschaften und Büchern, es wirkte auf den ersten Blick unordentlich, aber schnell war zu erkennen, dass ein System dahintersteckte und nichts willkürlich irgendwo herumlag. Kit bahnte sich den Weg an verschieden Gläsern und Kerzenhaltern vorbei bis zu dem Bett unter dem Fenster und stellte fest, dass Shell seinen ungebetenen Gast schon in Empfang nahm. Er saß aufrecht im Bett, die Arme verschränkt und eng in seine Decke geschlungen. Sein offenes Haar fiel ihm sanft über die Schultern.

„Hier oben kommt niemand her. Nicht einmal die Dienstmädchen, außer ich bitte sie darum. Niemand verirrt sich in den zweiten Stock und ich kann kaum glauben, dass sie dir entweder den Weg gezeigt haben oder du selbst hierher gefunden hast. Außerdem kann ich ebenfalls nicht glauben, dass du noch hier bist. Ich bin fest davon ausgegangen, dass du deine Koffer gepackt hast und wieder fort bist, sodass ich meine Ruhe habe. Mein Fehler, es wird nie wieder vorkommen, dass du mich am Morgen in meinem Bett antriffst", er zog die Stirn kraus und obwohl er wirklich unzufrieden aussah, hatte Kit dennoch das Gefühl, dass ein klein bisschen Anerkennung in seinen Worten mitschwang.

„Deine Mutter hat mir den Auftrag gegeben, dich zu unterrichten und ich werde mir große Mühe geben, der Bitte nachzukommen, auch wenn die Methoden etwas unkonventionell sein sollten", Kit lächelte selbstzufrieden.

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