„Shell! Warte!", Kit stockte der Atem. Er machte einen Satz vor und griff nach Shells Hand. Dieser drehte sich langsam um und sah Kit fragend an.
„Wir sind zusammen von dem Schiff geflohen und was dann vorgefallen ist, weiß ich nicht genau, aber ich bin am Strand aufgewacht und dann haben die Kinder mich gefunden", Kits Worte überschlugen sich fast. Konnte Shell sich wirklich nicht erinnern? Kit wollte seinen Bericht noch weiter ausführen, als Shell plötzlich anfing zu lachen. Kit stoppte verdutzt seine Erzählung.
„Ich weiß, ich habe dich nur auf den Arm genommen", lachte Shell und klopfte Kit aufmunternd auf die gesunde Schulter.
„Ich habe die Kinder losgeschickt, um dich zu suchen, ich war mir ziemlich sicher, dass deine Leiche hier in der Nähe an Land angespült werden würde", erklärte Shell mit einem breiten Grinsen.
„Was?", Kit hörte kaum, was Shell sagte. Er kannte Shells hämisches Lachen, das triumphierende und das unechte. Aber Kit konnte sich an keinen Moment erinnern, wo Shell herzlich gelacht hatte. Ihm wurde bewusst, dass er den Jungen noch nie glücklich gesehen hatte. Aus einem Impuls heraus nahm er Shell in den Arm. Dieser reagierte überrascht, aber erwiderte nach kurzem Zögern die Geste.
„Ich bin froh, dass es dir gut geht", flüsterte Kit und konnte ein leichtes Nicken an seiner Schulter spüren.
„Ich bin froh hier zu sein", erwiderte Shell und löste sich dann aus der Umarmung.
„Das hier neben mir ist Yuccan. Er ist hier das neue Oberhaupt", stellte Shell den Mann neben sich vor. Dieser verneigte sich vor Kit.
„Sei willkommen bei den Itoxahual! Ich heiße Yuccan. Heute feiern wir", begrüßte der Mann Kit. Kit konnte heraushören, dass er lange kein Englisch mehr gesprochen hatte und sich mit der Wortfindung etwas schwertat, dennoch war Kit überrascht, dass er überhaupt etwas von der Sprache verstand und sprechen konnte. Er fragte sich, ob die Montgomerys den Itoxahual Englisch beigebracht hatten und die Itoxahual den Montgomerys die Sprache ihres Stamms. Yuccan sprach dann zu den Kindern und verabschiedete sich von Shell und Kit. Sie ließen die beiden Engländer allein.
„Warum feiern wir? Lande ich doch noch auf dem Grill?", zischte Kit Shell zu und zog fragend die Stirn kraus.
„Mach dich nicht lächerlich. Die Itoxahual essen nur Kriegsgefangenen. Unter die Kategorie fällst du eher nicht", grinste Shell frech, so dass Kit sich nicht sicher sein konnte, ob das ein Scherz war oder ob er es ernst meinte.
„Wir feiern, dass ich zurück bin. So einfach ist es", erklärte Shell freudig.
„Ich dachte, vielleicht feiern wir, dass wir beide noch am Leben sind. Was ist mit Heth? Müssen wir nicht die Leute warnen? Oder so etwas Ähnliches?"
„Ich habe Yuccan schon erzählt, was Heth vorhat. Er hat gesagt, dass wir uns gleich morgen darum kümmern werden. Aber heute ist Zeit zum Feiern. Und wenn du mich fragst: Ich werde heute so was von feiern", lachte Shell ihm ins Gesicht. Kit hätte etwas erwidern können, warum es nicht ratsam ist zu feiern oder warum sie sich schonen sollten, aber für den Bruchteil einer Sekunde sah Kit in Shell, was Shell wirklich war: ein Teenager, der Spaß haben wollte.
„Nun gut, ich hoffe, zu dieser Feier gibt es etwas Gutes zu essen und zu trinken", murmelte Kit.
„Du wirst sehen! Doch zunächst werde ich dir das Dorf zeigen", erklärte Shell ihm und deutete ihm mitzukommen. Er führte Kit über den Hauptweg, auf dem er gekommen war, über die schmalen Wege und erklärte ihm die einzelnen Funktionen der Häuser und Stände, so wie der einzelnen Monumente und Bauten.
„Yuccan lebt mit seinen Kindern Fran und Eleuia dort drüben", Shell deutete auf die in den Felsen geschlagenen Wohnräume.
„Dort haben schon immer die Stammesführer mit ihren Familien gewohnt. Als ich das letzte Mal hier war, war das noch eine andere Familie. Doch wie ich gehört habe, sind sie nicht mehr hier. Fran und Eleuia haben dich vom Strand aufgelesen. Dafür kannst du mir noch später danken", erwähnte Shell ganz beiläufig.
DU LIEST GERADE
Dschungelfieber
AdventureCute as (S)hell - In einem fiktiven 1920 bewirbt sich der Musikstudent Kit Webster auf einen Job als Hauslehrer bei der wohlhabenden Familie Montgomery. Seine Aufgaben scheinen überschaubar: die Erziehung und Unterrichtung eines einzigen Kindes. Die...