Kapitel 27

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Kit, der sich mittlerweile an Callas Stimme und ihre Art zu sprechen gewöhnt hatte, schaltete erst einen langen Moment später, dass er sie tatsächlich verstanden hatte. Verdutzt wartete er, bis sie einen Moment später zurückkam. In der Hand hielt sie ein Buch. Sie genoss es sichtlich, ihn aus der Fassung gebracht zu haben.

„Na, habe ich dich überrascht?", grinste sie selbstgefällig.

„Ich spreche wie du. Aber du darfst es nicht verraten. Es ist ein Geheimnis", freute sie sich und präsentierte Kit, was sie aus dem Tempel mitgebracht hatte. Es war ein englischer Roman.

„Du hast Englisch nur mit diesem Buch gelernt?", fragte Kit ungläubig und sah sie mit großen Augen an.

„Ich habe noch mehr davon, aber sie sind in dem Versteck. Es ist ein Geheimnis. Mein Vater soll es nicht erfahren. Das würde Unglück bringen. Ich habe sie gelesen, immer und immer wieder. Sie sind von Lena und Bücher sind mein Schatz. Sie hat mir das Lesen gezeigt und das Englisch", erklärte Calla aufgeregt.

„Ich habe gesehen, dass du mit Shell gekommen bist und ich wusste, dass du auch wie er sprichst, darum wollte ich dir das Buch zeigen!"

Kit bewunderte den Eifer des Mädchens, welcher Shell grundsätzlich mangelte. Für einen Moment vergaß Kit sogar, dass er eigentlich gar kein Lehrer war.

„Warum hast du mit Shell nicht Englisch gesprochen, wäre er nicht begeistert gewesen?", fragte Kit und setzte sich auf eine der Stufen des Tempels. Calla tat es ihm gleich und gab ihm das Buch in die Hand.

„Ich weiß nicht, ob Shell noch mein Freund ist. Wir haben uns lange nicht gesehen. Ich will nicht, dass er mein Geheimnis verrät", flüsterte Calla und deutete auf ihr Buch in Kits Händen.

„Das Buch ist mein liebstes Buch! Es ist das Buch über das Mädchen und Herr Darcy", Kit betrachtete das Buch genauer, es handelte sich um eine Ausgabe von Stolz und Vorurteil. Er musste schmunzeln.

„Warum gefällt es dir so gut?", fragte Kit interessiert. Er hätte sich nicht träumen lassen, dass er in der Wildnis von Südamerika jemanden treffen würde, der die britische Kunst zu schätzen wusste.

„Ich mag es so gerne, weil ich möchte, sein wie das Mädchen Elizabeth. Ich möchte das fremde Land sehen und tanzen mit einem schönen Mann aus England", schwärmte Calla und strahlte Kit an.

„Ich wollte lerne das Englisch, damit ich vielleicht nach England gehen kann. Früher, als Lena hier war, hat sie mir erzählt von England und mir vorgelesen. Ich habe nicht viel verstanden damals. Aber jetzt kann ich es schon selbst lesen und verstehen. Hier bin ich immer traurig, weil unser Dorf sich getrennt hat und vieles, was traurig macht, ist passiert. Mein Vater sagt, dass man nicht traurig sein darf, weil alles passiert, so wie es muss. Trotzdem bin ich traurig. Ich möchte nach England. Weil ich glaube, da muss man nicht traurig sein", erklärte sie Kit.

„Wie geht es dir? Was machst du hier? Warum bist du nicht bei dir zu Hause?", fragte Calla neugierig. Kit musste kurz überlegen. Es war lange her, dass ihn überhaupt jemand nach seinen Befindlichkeiten gefragt hatte.

„Ich bin auch traurig, denke ich. Ich bin hierhergekommen, um Shell zu helfen. Er möchte, dass es euch gut geht und er hat Angst, dass jemand kommt, der euch bestehlen will. Ich bin mitgekommen, denn meine Aufgabe ist es, auf Shell aufzupassen. Ich bin sein Lehrer, weißt du?"

„Warum bist du dann traurig?", fragte Calla einfühlsam. Sie legte Kit eine Hand auf sein Knie.

„Ich weiß es offen gesagt nicht so genau", antwortete Kit ihr und zuckte mit den Schultern.

„Jemand möchte kommen und uns bestehlen?", versuchte Calla das Thema aufzugreifen, welches Kit angeschnitten hatte.

„Ja, ich denke schon. Shell ist hier, weil er euch fragen will, ob ihr zurück zu der anderen Hälfte eures Dorfes kommt, um den Fremden zu bekämpfen, wenn es nötig wäre."

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