Kapitel 33

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Der Plan sah vor, dass sie am nächsten Tag ihr Ziel erreichen würden. Weiter nichts. Es war schwer abzuschätzen, was passieren würde, wenn sie als geschlossene Gruppe von knapp über 40 Personen in Yuccans Dorf kommen würden, ungewiss, ob sie dort auf Europäer treffen würden oder nicht. Niemand konnte vorhersagen, was kommen wird, nicht einmal Calla. Somit wurde beschlossen, dass die Götter für sie entscheiden würden. An das Schicksal zu glauben, war für Kit ein kleiner Trost. Wenn es eine höhere Macht gab, die seine Wege lenkte, dann musste er sich selbst weniger Gedanken machen, wo er hinging, denn am Ende kam er schließlich immer dort an, wo er dazu bestimmt war, anzukommen. Und manchmal, war dies auch der Lauf einer Pistole, gepresst zwischen seinen Schulterblättern, gehalten von einer Bekannten.

„Hallo Kit, schön dich wiederzusehen", schnurrte eine vertraute Stimme in sein Ohr. Eine Hand griff grob in sein langes Haar und riss ihn nach hinten. Aus den Augenwinkeln konnte er eine spitze Nase erkennen und dunkles, kurzes Haar, das über seine Wange kitzelte. Es war Charlotte.

Die Gruppe von Reisenden war immer weiter in den Urwald eingedrungen und die Vegetation wurde immer dichter und ausladender. Obwohl sie zusammen wanderten, hatte Kit Schwierigkeiten, die anderen nicht aus den Augen zu verlieren. Das Sonnenlicht, welches durch die Baumkronen fiel und vereinzelt seinen Weg bis zum Boden fand, kreierte zusammen mit den vielen Baumstämmen eine Art optische Täuschung, bei der die Bewegungen um ihn herum fast komplett geschluckt wurden. Hätte er nicht aktiv darauf geachtet, mit was für einem Abstand Calla und Shell sich vor ihm bewegten, hätte er sie verloren. Nach seinem Gefühl waren sie nicht mehr allzu weit entfernt von ihrem Ziel, was sie aufmerksamer auf ihre Umgebung machen sollte, doch Kit fand kaum den Weg in die richtige Richtung zwischen all den gleich aussehenden Wegen. Charlotte hätte ihm nicht einmal auflauern müssen, wenn sie sich direkt vor ihn gestellt hätte, wäre sie erst bemerkt worden, wenn Kit mit ihr zusammengestoßen wäre.

„Hey Charlotte, die Freude beruht nicht auf Gegenseitigkeit, um ehrlich zu sein", Kit überlegte kurz, ob er versuchen sollte, sich zu befreien, doch dann erinnerte es sich daran, dass Charlotte ihn bei ihrer letzten Begegnung schon beinahe erschossen hatte. Aufgrund dieses Umstandes ließ er es bleiben.

„Weißt du noch, was meine letzten Worte an dich waren?", ihr Schnurren hatte sich in ein Knurren verwandelt und sie zog weiterhin grob an Kits Haaren, sodass er gezwungen war seinen Kopf weiter in den Nacken zu legen und ihr in die Augen zu sehen. Seine Ex-Freundin hockte lässig auf einem sehr tief gewachsenen Ast eines massiven Baumes und Kit fragte sich, ob das ihrem großen Auftritt dienlich war oder ob er ihr tatsächlich direkt in die Arme gelaufen war und sie ihn beim Vorbeigehen angehalten hatte. Beide Möglichkeiten erschienen ihm gleichermaßen erniedrigend, sodass er nicht weiter darüber nachdenken wollte.

„Offen gestanden kann ich mich nicht daran erinnern, was du gesagt hast. Vielleicht war es so etwas, wie: War 'ne schöne Zeit mit dir, sollten wir bei Gelegenheit wiederholen?", versuchte Kit die Unterhaltung möglichst unnötig in die Länge zu ziehen. Er hoffte, dass seine Mitstreiter ihn bereits vermissten. Sie waren allesamt Naturkundige und geübte Jäger. Es muss ihnen aufgefallen sein, dass er sich nicht mehr weiterbewegte und er sich unterhielt.

„Meine letzten Worte an dich waren: Ich werde dich jagen. Doch wie es sich herausgestellt hat, bist du mir direkt in die Arme gelaufen wie ein Hündchen. Das erleichtert die ganze Angelegenheit für mich, andererseits nimmt es einem auch den Spaß. Wie es aussieht, muss ich mir jetzt etwas Neues, Lustiges überlegen", provokativ drückte sie die Mündung der Pistole tiefer in Kits Muskulatur.

„Miss Charlotte, ich habe den Montgomery Jungen und die Sprecherin des Stammes davon überzeugen können, dass sie umzingelt sind und sie gegen unsere Schusswaffen chancenlos sind. Sie folgen uns widerstandslos in unser Lager, wenn wir versprechen, dass wir den Geiseln nichts tun", Violet war plötzlich hinter ihnen erschienen. Sie war außer Atem und berichtete mit zittriger Stimme. Doch in ihrer Hand hielt sie auffallend professionell und sicher ein Scharfschützengewehr.

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