Kapitel #19

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Trotz der störenden Blicke, die mir alle zuwarfen, ging der Tag ziemlich schnell um und ehe ich mich versah, saß ich neben Scarlett im Bus und strebte den Weg nach Hause an. Unser Gespräch hatte sich bisher ziemlich in Grenzen gehalten, doch merkte Scarlett an, dass da etwas war, was sie gerne loswerden würde. Ein paar Mal biss sie sich unsicher auf die Unterlippe, ehe sie plötzlich auf ganz entspannt tat und Kaugummi kauend endlich den Mund öffnete.
"Und mal wieder was von unserem Bad Boy gehört?", fragte sie zwinkernd und zuckte gleichzeitig anzüglich mit ihren perfekt gezupften Augenbrauen. Entnervt stöhnte ich auf und nickte dann demotiviert, da lügen bei ihr immer die schlechtere Wahl war. Sofort weiteten sich ihre Augen und man konnte ihr Ansehen, dass sie nicht mit solch einer Antwort gerechnet hatte.
"Charlie, ich bin echt beleidigt, dass ich dich erst auf solche Dinge ansprechen muss. Eigentlich solltest du es mir sofort sagen!", schmollte sie mit ehrlicher Wut in der Stimme. Ich verdrehte nur genervt meine Augen; für mich spielte es eben keine so große Rolle wie für sie, was merkwürdig war, wenn man bedenkt, dass es um mein Leben geht.
"Ich halte es für nicht besonders wichtig!", gab ich schließlich ehrlich zu, den Blick leicht von ihr abgewandt. Dann begann ich ihr alles zu erzählen, was an den vergangenen zwei Tagen passiert war Und versuchte nicht zu sehr auf ihre Mimik bei den einzelnen Szenen zu achten.

Als ich schließlich endete starrte sie mich nur mit einer Mischung aus Freude, Angst und Verunsicherung an, die ich nicht richtig zu den Situationen zuordnen konnte.
"Also zunächst, wie kommst du auf die Idee, es wäre nicht wichtig zu erfahren, dass dieser wirklich heiße Kerl dir einen Knutschfleck verpasst hat? Und zweitens, wie konntest du nicht bemerken, dass der Ring weg war?", motzt sie mich nun deutlich besser gelaunt an. Unsicher rutschte ich auf meinem Platz hin und her, ehe ich mir vorsichtig überlegte, was ich antworten könnte:"Es war gegen meinen Willen, also war es nichts besonderes; außerdem trifft gruselig ihn ja wohl besser. Was den Ring angeht, wette ich, er hat ihn mir damals im Park geklaut. Er hat ja schon zugegeben, dass er ihn verkaufen wollte" Den letzten Satz spuckte ich regelrecht hervor, so sehr verletzte mich der Gedanke daran immer noch.

Scarlett wollte darauf noch etwas erwidern, doch der Busfahrer rettete mich mit der Ankündigung meiner Haltestelle, sodass ich ohne große Ausreden diesem Gespräch entfliehen konnte. Schnell küsste ich sie auf die Wange und stand anschließend auf, wodurch sie mir einen grimmigen Blick schenkte.
"Wir sind noch nicht fertig!", rief sie mir noch hinterher, was mich in diesem Moment nur zum Lachen brachte. Sie klang haargenau wie meine Mum.

Der Weg von der Bushaltestelle zu mir nach Hause war immer so nervtötend lang! das es kaum zu ertragen war. Stöhnend holte ich meine Kopfhörer heraus und wollte sie mir gerade in die Ohren schieben, als ich eine Gestalt, vielleicht 25 Meter von mir entfernt, wahrnahm, die irgendwie meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Sie sah sich verunsichert auf der Straße um, als wolle sie sicher gehen alleine zu sein, und lief dann in hohem schritttempo in den Park, in dem ich Justin das erste Mal begegnet war. Mit ziemlicher Sicherheit hatte ich die Person erkannt; ich würde sie imme rund überall erkennen. Sein Laufschritt war mir genauso bekannt, wie mein eigener.

Hier wollte er sich also mit Justin treffen, so viel konnte ich mir mit meinem eigenen Wissen zusammenreimen.
Verunsichert stand ich da und musste genau in diesem Moment noch eine Entscheidung treffen, die viel beeinflussen würde. Entweder lief ich ihm hinterher und ging das Risiko ein, dass er mich bemerkte, oder ich ignorierte es und ließ ihn in der Hölle schmoren, wie er es vermutlich auch verdient hatte. Ich entschied mich entgegen meines biologischem Überlebensinstinkts für die erste Variante.

Geduckt lief ich hinter meinem Bruder her, dessen Schirtee einfach nicht an Tempo abnehmen wollten. Wir durchkreuzten ungefähr den halben Park, bevor er endlich an einem Wasserspender stehen blieb und schnaubend nach atmen rang. Hektisch sah ich mich um und versteckte mich schließlich gerade noch rechtzeitig in einem Gebüsch in der Nähe, ehe mein Bruder seinen Blick auch in meine Richtung wandern ließ. Geduckt saß ich da und wartete darauf, dass irgendwas passieren würde, doch die Zeit verging und mein Bruder blieb einfach regungslos dort stehen und atmete durchgehend zu schnell; als hätte er panische Angst vor etwas.

frightening, completedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt