Kapitel #61

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Die ersten Sonnenstrahlen fielen auf meine Nase und weckten mich somit aus meinem Tiefschlaf. Gähnend richtete ich mich auf und zwang meine Gedanken von dem gestrigen Tag wegzubleiben, was mir erstaunlicher Weise sogar gelang. Gähnend streckte ich meine Arme in die Höhe und sah mich zufrieden im Zimmer um. Die ersten Sonnenstrahlen drangen durch den Raum und ließen meinen Blick auf etwas fallen, das nicht hier her gehörte. Justins Jacke lag achtlos in die Ecke geschmissen auf meinem Boden und ehrlich gesagt konnte ich mir nicht erklären, wie sie dahin kam, doch es zauberte mir dennoch ein Lächeln auf die Lippen.

Langsam ging ich auf sie zu und hob sie beinah schon erfürchtig hoch. Ungewöhnlich schwer lag das dunkle Leder in meiner Hand und drückte mit seinem Gewicht gen Boden, was nicht gerade üblich für eine Jacke dieses Materials war. Verwirrt öffnete ich die innere Jackentasche und griff mit langen Fingern hinein. Sofort ertasteten ein Stück kaltes Metall, das mit einem geschwungenen Bogen zur Seite ging. Ich brauchte einen Moment bis mein müdes Hirn raffte, was ich da in der Hand hielt und mich in der Bewegung innehalten ließ. Augenblicklich ließ ich die Jacke wieder los und lauschte dem lauten Knall, mit dem sie zu Boden fiel. Wie konnte Justin seine Waffe bei mir vergessen?

Mit zitternden Händen lief ich zu meinem Schreibtisch, auf dem wie aus dem nichts meine Schultasche abgelegt worden war. Wahrscheinlich hatte meine Mutter sie mir gestern hochgebracht, während ich geschlafen war. Wenn ich jetzt so drüber nachdachte, war ich doch froh, dass Justin nicht geblieben war.

Schnell ertastete ich in dem feinen Stoff mein Handy und wählte kurz darauf auch schon Justins inzwischen so vertraute Nummer.
"Charlie?", fragte Justins erstaunlich wache Stimme von der anderen Leitung aus, was zu dieser Uhrzeit alles andere als üblich war.
"Äh...Hey. Ich hab deine Jacke hier", murmelte ich immer noch schlaftrunken in den Hörer. In diesem Moemnt konnte ich Jutsins amüsiertes Lächeln auf der anderen Seite der Leitung beinah schon sehen, doch nicht mal mehr ein Mucks verließ seinen Mund um ihn zu verraten.
"Ich weiß, ich wollte dich nur nicht wecken. Ich kann gerade nicht hier weg Ryan is nicht da und Jaxon..." Mit einem unangenehmen Piepsen brach seine Stimme ab und eine andere erschien am Hörer, die ich fast schon in den letzten Tagen vermisst hatte.
"Charlie? Kommst du jetzt wieder zu Besuch?", stieß Jaxon zwischen mehreren schnellen Atemstößen hervor, was mich leicht lachen ließ. Ich konnte das kleine Tapsen seine schnellen Füße hören, wie sie über den Boden liefen und immer schneller einen Weg durch Justins Wohnung fanden. Sofort bahnte sich ein Bild von dem Kleinen in mein inneres Auge, wie er mit Justins Handy in der Hand wegrannte und Justin ihm vor Wt broddelnd hinterher.
"Ich denke schon", lachte ich leise und der Kleine fiebte glücklich auf. EInen Moment lang würden wir zwei dann ruhig und es waren immer noch nur die Hintergrundgeräusche des Geschehens zu hören, was mich mehr amüsierte als alles andere.
"Ich glaube, ich soll dir von Justin sagen, dass du seine Jacken mitbringen sollst", schrie Jaxon irgendwann lautstarks in den Hörerund legte anschließend schnell auf, noch ehe ich hätte antworten können.

X

Eine gute Stunde später stand ich leicht außer Atem vor Justins Tür. Meine Mutter hatte noch darauf bestanden, dass ich etwas frühstückte und auch die Frage nachdem Besitzer meiner Jacke, hatte sie nicht hängenlassen. Ich wusste nicht, ob ich ihr schon erzählen sollte, dass ich mit Justin zusammen war. Sie hatte ihn zwar wirklich gemocht, aber man kann ja nie wissen wie er dazu stehen würde. Meine Mum würde ihn auf jeden Fall erneut, nur dieses Mal als meinen Freund, kennenlernen wollen und Justin war nicht der Junge,der sich auf so was gerne einließ. Außerdem wollte ich solche Entscheidungen nicht alleine treffen, wesshalb ich erst Absprache zu ihm halten wollte.

Ein Blick in die Einfahrt ließ mich feststellen, dass Ryan wohl wieder da war. Er hatte das Motorrad nicht wie sonst in die Garage gebracht und merkwürdige Schlammspuren zogen sich über den Lack, die ich verwirrt musterte, ehe ich auf die Tür zu lief und klopfte. Die Straße in der Justin lebte war mir immer noch unangenehm fremd; es war so ein typischer Film Ort, in dem Mädchen vergewaltigt und danach umgebracht werden.

Mit einem lauten Knatschen öffnete sich die Tür und ein obenrum nicht bekleideter Justin kam zum Vorschein, er mal wieder verboten gut aussah.
"Hey", begrüßte er mich lächelnd und zog mich mit einer Hand an der Hüfte zu sich. Sachte ließ er seine Lippen über meine schweifen und drückte die Tür hinter mir ins Schloss.

Als wir uns schließlich voneinander gelöst hatten, lief ich ins Wohnzimmer hinein und sah mich skeptisch um. Seit meinem letzten Besuch hatte sich hier nicht viel verändert; nur Jaxon lag auf dem Sofa zusammengekauert dort und schlief mit regelmäßigem Atem vor sich hin.

Leise schlich ich auf ihn zu und grinste ihn über die Lehne hinweg an. Sein kleines Gesicht wirkte so friedlich und wurde bis zu der Nase von einer kleinen, grauen Decke besetzt, die einen klaren Kontrast zu seinen Haaren darstellte. Ein liebliches Gefühl machte sich in mir breit, los ich ihn so sah. Ich hatte noch nie in meinem Leben etwas so süßes gesehen.

Grinsend nahm ich wahr, wie Justin von hinten sanft seine Arme um meine Hüften legt und fühlte mich automatisch noch ein wenig besser.
"Dein Bruder ist wirklich unglaublich süß", murmelte ich und drehte meinen Kopf in seine Richtung, sodass unsere Augen aufeinander treffen konnten.
"Wenn er schläft, dann ja. Du willst nicht hier sein wenn er so aufgedreht ist wie heute morgen", lachte Justin leise auf und drückte mir anschließend einen knappen Kuss auf die Wange. Ich liebte es, wenn er so mit mir umging. Es ließ mich vergessen, was für grausame Dinge er sonst noch tat.

"Hat dein Vater... Hat er ihm noch etwas antun können bevor du mit ihm abgehauen bist?" Ich hatte ein schlechtes Gewissen ihn danach zu fragen, doch ich musste es einfach wissen; die Antwort darauf brannte mir schon auf der Zunge, seit er es mir damals in seinem Zimmer erzählt hatte.
Justin schüttelte kaum merklich den Kopf, was mich mit ein wenig Erleichterung füllte.
"Schlagen konnte er nur mich und Mum; Jaxon war zu klein. Er hätte es bestimmt auch noch getan, doch ich war rechtzeitig weg." Seine Stimme klang wie schon beim letzten Mal gefasst und einfach so, als würde er aus dritter Person etwas erzählen, doch ich wusste, dass er jeden Tag dankbar war, dass er entkommen ist. Wenn nicht für ihn selbst, dann für Jaxon.

Ich wandte meinen Kopf wieder nach vorne und musterte den kleinen Jungen. Wie alt war er damals gewesen 2, vielleicht 3? Wie schrecklich musste es für ein Kind sein so schnell von seiner Mum getrennt zu werden? Justin hatte vielleicht viele schlechte Dinge in seinem Leben getan-einschließlich mordes, was mich immer noch verunsicherte- doch bei Jaxon hatte er genau richtig gehandelt. Bei Jaxon war Justin verantwortungsbewusst und für Jaxon würde er einfach Alles tun, dem war ich mir sicher.

Immer noch ruhten Justins Arme um meine Hüfte und ich wünschte mir nichts mehr, als das er mich nie wieder losließ. Ich fand es immer noch bemerkenswert was für einen Effekt er auf mich ausübte, doch gleichermaßen genoss ich es auch, wie er mit einer sanften Berührung meinen ganzen Körper erzittern lassen konnte und alleine seine Anwesenheit mich nervös macht.

Sanft platzierte er Küsse auf meinem Hals und ich konnte mir ein Kichern nicht verkneifen, als er mit seinen Zähnen in mein Ohrläppchen biss.
"Was?", lachte Justin ebenfalls grinsend, ehe er wieder seine Lippen an meinen Hals legte und dieses Mal leicht an meiner Haut dort knabberte.
"Nichts", winkte ich ihn nur ab und drehte mich in seinen Armen um, sodass unsere Gesichter sich gegenüber waren. Sanft legte ich meine Lippen endlich richtig auf seine und und ließ mich in dem Gefühl seiner Nähe gehen. Lange Zeit standen wir einfach nur da und ließen uns alles andere vergessen; so lange, bis das Geräusch wütender Schläge gegen die Tür uns auseinanderriss

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