Schon vom Weiten erkannte ich Justins kleines Haus, das sich seit meinem ersten Besuch nicht sonderlich verändert hatte, doch obwohl genau dieses die ganze Fahrt über unser Ziel war, wollte ich nicht ankommen. Wenn wir ankamen, würde ich mich der Situation stellen müssen. Ich würde diesen Tag überleben müssen und um das zu schaffen, glaubte ich einfach nicht genug an mich selbst. Solange ich jedoch hier war, hinter Justin auf seinem Motorrad, fühlte ich mich frei und jegliche Verantwortung wich von meinen Schulter als wäre ich schwerelos. Ich wollte diesen Moment mit ihm noch nicht aufgeben und ihn wieder loslassen; erst recht nicht, wenn das kommende sich danach ankündigte.
Das ich so dachte lag daran, dass ich vorhatte, mich gegen meinen eigenen Bruder zu stellen. Die Entscheidung war gefallen, als ich ihn heute morgen da habe liegen sehen; in seinem eigenem Erbrochenem und vollständig bewusstlos. All das hatte mir den Rest gegeben und ließ mich auch jetzt noch neuen Mut gewinnen, den ich mit Sicherheit gebrauchen könnte.
Entschlossen stieg ich von dem Motorrad ab, wobei ich ausversehen mit meinem Fuß gegen Justins Rücken stieß, und lief mit schweren Schritten auf den Eingang zu, den ich nun schon so oft durchquert hatte, dass ich es mir selbst nicht mehr eingestehen wollte.
"Warte", hielt Justin mich mit erhobener Stimme zurück, als ich bereits einige Meter von ihm entfernt war. Widerstrebend drehte ich mich wieder zu ihm um und beäugte ihn genervt.
"Was hast du vor?", fragte er und musterte mich eindringlich, was mich erneut unter seinem Blick schrumpfen ließ. etwas unsicherer als noch wenige Sekunden zuvor biss ich mir auf die Unterlippe und verschränkte zeitgleich meine Arme vor der Brust, sodass mein Dekolleté hinter dem wenigen Stoff hervorgehoben wurde.
"Meinen Bruder zu Verstand bringen und ihm sowas wie ein Gehirn verpassen?", fragte ich ironisch, was Justin nicht so sehr mit Humor nehmen könnte wie ich es tat.
"Übertreibe nicht. So schlimm ist es nicht!", gab Justin sichtlich genervt von sich, was mich erneut wütend stimmte. In was auch immer für einer Welt er lebte, in meiner war dies durchaus etwas großes!
"Nicht so schlimm? Haben wir heute Morgen das selbe gesehen?", fluchte ich ihn deprimiert an, was einzig und alleine durch die Verzweiflung in meinem Inneren ausgelöst wurde. Es tat mir fast schon leid, dass ich so mit ihm sprach, obwohl er all dies heute für mich getan hat.
"Oder hast du einfach nur Angst, dass du einen deiner Kunden verlierst?", fügte ich entgegen meiner beruhenden Gedanken hinzu. Ich wusste, dass ich damit zu weit gegangen war und spätestens als in Jutsins Gesicht aufsah, das sich wieder verhärtet hatte und mir zeigte, dass er den Ton nicht länger dulden würde, bereutes ich es zutiefst.Bedrohlich kam er ein paar Schritte auf mich zu und hielt mich mit starken Griff fest am Handgelenk umklammert, womit er sofort meinen Respekt zurückgewonnen hatte.
"Du könntest ruhig mal ein wenig dankbar sein... Ohne mich wäre dein Bruder immer noch dort und du hättest deine Unschuld an einen besoffenen Penner verloren, der dich währenddessen Wahlmöglichkeit noch angekotzt hätte!", brummte er mir bedrohlich zu, wobei seine Stimme wieder in die übliche Oktave rutschte und somit mit das tiefste war, was ich jemals wahrgenommen hatte.Etwas verlegen biss ich mir auf die Unterlippe und sah zu, wie Justin an mir vorbei zum Haus lief und seinen Blick immer noch grimmig auf mich gerichtete hielt. Gerade, als er gute zwei Meter von mir entfernt stand, fing er erneut an zu sprechen: "Außerdem würde ich aufpassen in welchem Ton du mit mir sprichst. Ich bin keiner deiner Freunde, mit mir kannst du nicht so umgehen, ohne dass es Konsequenzen mir sich zieht!" Sein Blick ließ mein Blut in den Adern gefrieren und seine Worte verletzten mich genau am richtigen Punkt. Mir war bewusst gewesen, dass wir keine wirklichen Freunde waren, aber ich dachte, ich hätte ihm inzwischen zumindest ein Bisschen was bedeutet.
Etwas zitternd lief ich ihm hinterher, wagte es jedoch nicht noch etwas zu erwidern, da ich genau wusste, dass er recht hatte. Leise, da ich nichtSollte, dass er sich zu mir umdrehte, folgte ich Justin durch die Tür ins Wohnzimmer, wo schon Ryan mit Sebastian saß und sich mit wenig Begeisterung um ihn kümmerte. Sebastians Kopf war tief in einen kleinen Eimer gebeugt, aus dessen Inneren nicht die leckersten Geräusche kamen, doch das hieß zumindest, dass er wach war, während Ryan neben ihm kniete und grimmig auf seinen Hinterkopf starrte.
DU LIEST GERADE
frightening, completed
FanfictionVon der ersten Sekunde an, hatte ich Angst vor ihm.