19.03 Uhr Liebes Tagebuch,
(Eigentlich ist es kindisch an ein Buch zu schreiben, denn ich will nicht dich mit meinen Worten erreichen, sondern echte Menschen. Menschen, die bereit sind etwas zu verändern.)Mein Bein macht mir zu schaffen. Seit meiner Verletzung vor fünf Tagen, hört es nicht mehr auf wehzutun, egal, wie ich mich hinsetze. Ich wage nicht den behelfsmäßigen Verband zu lösen, aus Angst, was ich sehen werde. Es ist unmöglich noch zu laufen. Das Gelenk hält nicht einmal einer winzigen Belastung stand. Doch was soll ich machen? Ich habe schrecklichen Hunger, aber es gibt keine Möglichkeit an etwas Essbares heranzukommen. Seit gestern übergebe ich mich fast stündlich, obwohl nichts in meinem Magen ist. Heute Morgen ist auch noch Fieber hinzugekommen und langsam glaube ich, dass ich es nicht schaffen werde. Wenn ich nicht an der Blutvergiftung sterbe, dann vor Hunger. Trinken kann ich immer noch das, was von den Mauern herabtropft, auch, wenn man sich besser nicht fragt, was genau man dort eigentlich hinunterschluckt, aber es ist besser als zu verdursten. Das ist ein schrecklicher Tod, aber verhungern ist fast noch schlimmer. Die Schmerzen lassen sich kaum mit Worten beschreiben. Es ist als würde einem der Unterleib zerrissen und immer wieder zusammengenäht, um dann erneut zu zerbersten. Vom Erbrechen ist mein Hals ganz wund und ich huste Blut, obwohl ich keine Lungenverletzung habe. Von Stunde zu Stunde fällt es mir schwerer klare Gedanken zu fassen. Meine Konzentration schwindet. Ich fühle mich erinnert an einen Tag als ich noch ziemlich jung war, vielleicht vier. Zusammen mit meinem Vater campte ich am Meer und wir sind zusammen schwimmen gegangen. Ich habe mich geborgen gefühlt in seinem starken Armen, die mich vor den großen Wellen beschützten. Eine besonders große riss ihn dann jedoch von mir fort und ich wurde unter Wasser gedrückt. Alle sagen ertrinken wäre ein schöner Tod. Nein! Nicht für Kinder, die nicht wissen, wie ihnen geschieht und doch nicht atmen können. Noch heute träume ich davon, wie das Wasser in meine Lunge strömte und jeden Schrei unmöglich machte. Ich kann die Panik spüren, wie sie sich um mein kleines, rasendes Herz schloß. Verzweifelt schlug ich mit meinen Beinen und Armen; versuchte irgendwie nach oben zu kommen, doch ich hatte meine Orientierung verloren. Immer kraftloser wurden meine Versuche und meine Gedanken begannen sich zu trüben. Dann plötzlich hatten sich kräftige Hände um mich geschlossen und rissen mich an die Oberfläche. Das unendlich besorgte Gesicht meines Vaters werde ich nie vergessen. Tränen glitzerten in seinen Augen als er mir liebevoll mit der Hand über die Wange strich. Er murmelte etwas, aber keine Worte drangen zu mir hindurch. Es war als wäre ich noch immer umgeben von Wasser. Damals habe ich mich entschieden nie wieder ans Meer zu fahren. Ich habe panische Angst vor Wasser. Heute weiß ich, dass ich alles dafür geben würde, noch einmal dorthin zu können. Nicht ins Meer zum Schwimmen, aber an den Strand. Das Gefühl der kleinen Körnchen unter meinen Füßen vermisse ich und das Rauschen der Wellen. Ich will wieder den Wind in meinen Haaren spüren und mich in meinem Kleid drehen bis ich mich hinsetzen muss. Mir fehlt der warme Regen auf meiner Haut, die Sonnenstrahlen in meinem Gesicht. So vieles vermisse ich, aber eines am allermeisten: Das Gefühl frei zu sein. Wenn ich wüsste, dass der Tod mir meine Freiheit zurückbringt, würde ich nicht zögern, doch das ist es nicht, was er uns schenkt. Dort ist nichts. Nicht, das besser ist als unser Leben auf der Straße. Trotzdem. Manchmal ist Nichts auch besser als Leid. Aber ich will nicht sterben. Ich will frei sein und dafür werde ich kämpfen. Egal wie lange ich warten muss, bis ich wieder laufen und mir endlich etwas Nahrung besorgen kann, ich werde es schaffen. Ich werde nicht einsam in einer Gasse auf den Tod warten und darauf hoffen, dass dort vielleicht doch noch etwas anderes ist. Das bin ich nicht und das will ich nicht sein. Mein Mut wird bleiben bis zum Schluss und auch dann werde ich nicht aufgeben. Es muss einen Grunde geben, warum mich alle Hope nennen und nicht Kate. Vielleicht sehen die Menschen Hoffnung in mir. Ihre eigene oder meine. Das ist egal. Ich werde nicht kampflos und verzweifelt sterben. Niemals.
Hope
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Hope.
Science FictionWas machst du, wenn alles, was du gekannt und geliebt hast, einfach zerstört wird? Wenn die Natur vernichtet wurde und nur das Leben in einer Stadt dich vor Krankheiten und Tod schützt? Wenn diese Stadt von einem Tyrannen regiert wird und du auf der...