19. Juni 3091, etwas später

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21.03 Uhr An dich und Sweetheart,

Ich weiß nicht mehr wohin mit meinen Gedanken. Natürlich habe ich gelesen, was du und die anderen hier hineingeschrieben haben, aber ich kann ihren Optimismus nicht teilen. Es muss kein gutes Zeichen sein, wenn sie dich nicht finden. Was ist, wenn du einfach nur verbrannt bist, wie manche anderen auch? Woher kann ich wissen, ob du noch am Leben bist? Ich wünsche es mir so sehr, aber ich weiß nicht mehr, wo ich noch suchen soll. Lui macht sich Sorgen um mich, ich weiß, aber ich kann ihr auch nicht vorspielen, dass es mir gut gehen würde, denn es stimmt nicht. Ich habe keinen Hunger, ich schlafe nicht gut und ich vermisse dich schrecklich. Nur eines kann ich versprechen: Ich werde mich nicht umbringen. Da ist jemand, der mich braucht. Hannah hat noch mehr Kummer als ich. Amalie hat es gesagt. Sie ist ein Kind und versteht die Welt nicht mehr. Sie fürchtet, es könnte ihre Schuld sein, dass du verschwunden bist. Heute Morgen hat sie nur geweint. Meine Schwester hat ihr wieder Beruhigungsmittel gegeben, aber das können wir nicht jeden Tag machen. Sie muss wissen, was mit dir passiert ist und nicht in dieser Ungewissheit schwimmen. Ich habe ihr versprochen, dich zu finden und das versuche ich auch. Fast bei jedem Suchtrupp, der rausgeht, bin ich dabei und nie gibt es auch nur eine kleine Spur von dir. Kein Stoff, kein Blut, keine Munition. Einfach nichts. Morgen versuchen wir noch einmal, in die Straßen um die Ruine zu kommen, aber ich kann nichts versprechen. Ich würde so gern wissen, wie es dir und dem Baby gut geht, egal wo du bist. Trotzdem werde ich nicht ewig nach dir suchen können. Nächste Woche soll die Reise nach draußen losgehen. Amalie hat mir heute Morgen freigestellt, ob ich noch immer mitkommen will oder nicht. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Auf der einen Seite möchte ich hier bleiben, um nach dir zu suchen und auf Hannah aufzupassen, aber andererseits will ich auch, dass nicht noch mehr Menschen so leiden müssen, wie ich im Moment, in dem ich dafür sorge, dass dieser Zustand in der Stadt endlich ein End findet. Wenn du hier wärst, dann würde ich dich fragen, was ich tun soll. Wen soll ich jetzt fragen? Lui würde mir raten, zu bleiben, aber ich wüsste trotzdem nicht, was du gesagt hättest. Auf dich würde ich hören, aber du kannst nicht mit mir sprechen. Ich will nicht fort sein, wenn du wiederkommst, aber ich will auch nicht hier sein, wenn man deine Leiche findet. Du musst mich jetzt für einen Feigling halten, aber ich könnte es einfach nicht ertragen, dich tot zu sehen und zu wissen, dass du keinen angenehmen Tod hattest. Noch nie ist mir eine Entscheidung so schwer gefallen. Vielleicht sollte ich Hannah fragen, aber ich weiß nicht, ob ich ihr das zumuten kann. Wie ich schon sagte, sie ist in keiner besonders guten Verfassung. Hilf mir! Irgendwie.

Elijah

23.23 Uhr An dich Hope und ein bisschen auch an Lijah,

Ich versuche, mich zu beruhigen und klar zu denken. Mir ist aufgefallen, dass ich keine besonders gute Hilfe bei irgendetwas bin, wenn ich den ganzen Tag nur vor mich hin starre und nichts tue. Außerdem habe ich es gelesen. Nur einen Text habe und werde ich nicht lesen, weil er mich nicht interessiert. Trotzdem sollte ich jetzt wohl lieber sagen, dass ich dich vermisse. Ich bin kein Roboter, der einfach umschalten kann von traurig auf glücklich, aber ich werde mich nicht mehr in mich selbst zurückziehen und hoffen, dass du so wieder zurückkommst. Ich werde ab sofort etwas tun. Irgendetwas, das helfen könnte, dich zu finden. Momentan weiß ich nicht was, aber das ist mir auch egal. Ich darf keinem mehr eine Last sein, denn dann finden sie dich erst recht nicht schneller. Irgendwie werde ich schon helfen können und wenn ich Schilder verteilen muss, auf denen steht, dass du vermisst wirst. Das wird schon. Das weiß ich.

Hannah

23.46 Uhr An alle,

Ich weiß, dass ihr Hope vermisst. Natürlich vermisse ich sie auch, aber wir sollte erst einmal darüber nachdenken, warum der Trupp überhaupt angegriffen wurde. Alles war genau geplant. Das Gebäude hätte leer sein müssen. Es gab eine Veranstaltung im Königshaus, zu der alle geladen waren und von der wir nur zufällig gewusst haben oder von der wir wissen sollten. Es hat noch niemand darüber nachgedacht, dass das ganze eine Falle hätte sein können. Ich muss zugeben, dass es mir vorher auch nicht in den Sinn gekommen ist, aber jetzt habe ich viel darüber nachgedacht und es kann einfach kein Zufall sein, dass man unsere Truppen entdeckt hat. Entweder es war von vorneherein eine Falle oder jemand hat unsere Pläne an die Soldaten weitergegeben, so dass doch einige zurückgeblieben sind, um das Quartier zu bewachen und unseren Trupps aufzulauern. Egal, wie es war, ich bin mir ganz sicher, dass wir jemanden in unseren Reihen haben, der an die Feinde Informationen preisgibt. Im Moment weiß ich nicht, wer es sein könnte und warum, aber ich werde es herausfinden und dann werde ich den- oder diejenige zur Rechenschaft ziehen, auch wenn es vielleicht meinen Tod zur Folge hat, weil man mich für einen Verräter hält. Ich kann dann mit dem Wissen sterben, dass die Jäger nicht länger gefährdet sind und dass sie weiterhin die Möglichkeit haben, ihr Ziel zu erreichen. Ich bin es auch Hope irgendwie schuldig. Hope und allen, die an bei der Mission verschollen oder gestorben sind, weil jemand anderes sie verraten hat. Ich lasse nicht zu, dass ein Verräter die gesamt Organisation untergräbt und uns alle nach und nach an den Feind liefert, um sich selbst die Taschen zu füllen und sein eigenes erbärmliches Leben zu retten. Wir können Tag und Nacht über Feigheit und Mut diskutieren, aber für mich gibt es nur eine Art von Menschen, die wirklich einfach nur feige sind. Verräter. Dafür müssen sie auch bezahlen, wenn man sie zu fassen bekommt und ich werde diesen kleinen Maulwurf zu fassen bekommen und ihm höchstpersönlich den Hals umdrehen, wenn ich muss.

Jemand, der sich jetzt auf die Suche machen wird.


Hope.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt