4. Juni 3091

50 8 0
                                    

9.07 Uhr An jemanden außerhalb der Stadt,

Ich habe mit ihr gesprochen. Zuerst hat sie abgewunken und gemeint, dass das nicht möglich sei, doch als ich ihr meine Theorie näher erklärte, sah ich, dass sie daran glaubte, dass etwas daran wahr sein könnte. Trotzdem können wir keinen entbehren. Wir brauchen sie, um uns selbst und andere zu beschützen. Mein Plan sieht aus, wie zum Scheitern verdammt. Wir brauchen einen Trupp, der es schafft hinauszukommen und draußen zu überleben, egal, was auf sie warten wird. Amalie hat versprochen nach Freiwilligen zu fragen, doch sie wird niemanden zwingen. Zuerst wollen wir uns aber darum kümmern, dass keine Unschuldigen mehr sterben müssen, obwohl ich nicht weiß, wie sie das schaffen will. Ich werde sie unterstützen. Das steht außer Frage, aber ich zweifle an der Möglichkeit ihres Vorhabens. Dennoch werde ich sie auf keinen Fall öffentlich anzweifeln. Streit könnte die ganze Gruppe spalten und das ist es, was der König will. Er fürchtet uns. Sonst würde er keine Soldaten ausschicken, um uns zu finden. Er weiß nicht, was wir wissen. Wenn ihm bekannt wäre, dass er uns leicht besiegen könnte, dann würde er es tun. Davon bin ich überzeugt.

11.47 Uhr

Mein erster Kurs zur Selbstverteidigung beginnt heute. Amalie hat angeordnet, dass alle - ausnahmslos alle - Techniken erlernt bekommen sollen, wie sie sich im Ernstfall verteidigen können. Egal gegen wen. In meiner Gruppe werde ich nicht die einzige sein, die schwanger ist. Man wird Rücksicht auf uns nehmen, dennoch möchte ich es lernen. Noch habe ich eine kaum spürbare Wölbung und solange ich mich noch halbwegs ungehindert bewegen kann, muss ich das ausnutzen. Irgendwann wird es vorbei sein und dann fühle ich mich angreifbar. Die Vorstellung macht mir jetzt schon Angst, aber ich kann sie nicht abschütteln. Vermutlich werde ich dann immer mit einem Messer oder einer Waffe am Körper meine Wege gehen und bei jedem kleinen Geräusch zusammenzucken. Vor mir sehe ich Lijahs amüsierten Gesichtsausdruck, wenn ich ihn schon zum gefühlt hundertsten Mal für einen Angreifer halte. Er wird mich verstehen.

21.45 Uhr

Ich bin total erschöpft. Das Training ist anstrengender als ich erwartet hatte, aber ich fühle mich auch irgendwie gut. Heute haben wir schlagen und treten geübt. Grundschritte, aber gut ausgeführt reichen sie, um jemanden niederzuschlagen. Wir lernen, wo die empfindlichsten Stellen des Körpers sind und wie wir sie schützen können, aber auch, wie wir sie am besten treffen. Jetzt während ich beim zubereiten des Abendessens geholfen habe, gehe ich alles noch einmal in Gedanken durch, aber ich mache mir auch Sorgen. Lijahs Trupp ist noch nicht wieder zurück. Sie hätten schon vor einer Stunde eintreffen sollen. Mich lässt das Gefühl nicht los, dass etwas passiert sein muss. Ich weiß, dass keiner der Männer und Frauen wehrlos ist, aber was, wenn sie von einer Überzahl an Soldaten angegriffen werden? Jo hat versucht mir einzureden, dass es ihnen schon gut geht und sie die Zeit nur aus den Augen verloren haben, aber ich habe ihm angesehen, dass er sich selbst genauso wenig glaubte, wie ich. Hier hielt man sich an die Zeiten. Zehn Minuten waren okay, aber sechzig waren zuviel. Das weiß hier jeder. Ich frage mich, was passiert, wenn sie in einer Stunde immernoch nicht zurück sind. Ob man dann einen anderen Trupp losschicken, sie zu suchen? Hoffentlich mussten sie sich nur verstecken und können noch nicht heraus. Hoffentlich kommen sie alle heil und gesund wieder. Hoffentlich.

Hope

Hope.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt