29. Mai 3091

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13.29 Uhr  An das kleine Wesen in meinem Bauch,

Ich war heute bei einer Frau, von der ich weiß, dass sie sich mit Babys auskennt. Sie hat mich untersucht, mir ein paar Fragen gestellt und dann festgestellt, dass ich schon mindestens sechs Wochen schwanger sein muss. Nicht, dass es etwas geändert hätte, aber ich wollte es ungefähr wissen. Das Kind wird also vermutlich im Januar geboren werden. Armes Ding. Es wird schrecklich frieren. Außerdem habe ich jetzt Gewissheit, dass ich es nicht mehr allzu lange vor Lijah verbergen kann. Ich werde es ihm so oder so sagen müssen und ich habe mich eigentlich schon entschieden, dass ich es so bald wie möglich hinter mich bringen sollte. Vielleicht schon heute Abend. Drücke deiner Mama die Daumen Sweetheart.

23.45 Uhr

Ich habe die Bombe platzen lassen. Entgegen meiner Erwartung war keiner der beiden in irgendeiner Weise wütend auf mich. Lui hat sich riesig für mich gefreut und Lijah hatte ein Grinsen im Gesicht, wie ein Honigkuchenpferd. Das Strahlen in seinen Augen ist mit Worten kaum zu beschreiben, aber du musst mir einfach glauben, dass er glücklich war. Und überwältigt. Kein einziges Wort hat er sprechen können und an die nächstbeste Mauer lehnen musste er sich auch. Dein Papa ist kein Mann, der nahe am Wasser gebaut ist, aber es scheint doch Dinge zu geben, die ihn zu Tränen rühren können. Irgendwie hat mich das zum Lachen gebracht. Es war das erste herzhafte Lachen seit langem und das ist dein Verdienst Sweetheart. Ich weiß nicht, warum ich dich so nenne. Vermutlich, weil du das Schönste bist, was mir in meinem Leben bisher passiert ist. Abgesehen von der Begegnung mit deinem Vater natürlich. Ihr beide seid für mich das Wichtigste. Vergesst das nie. Endlich verstehe ich meine Mom. Immer hat sie mir versichert, dass es nicht auf dieser Welt gibt, das ihr mehr bedeutet als Vater und ich. Jedesmal habe ich mir neue Dinge überlegt, die viel wertvoller waren. Geld, Gesundheit, ein langes Leben, ihr Leben. Egal, was ich gesagt habe, Mom hat mich nur angelächelt und mit dem Kopf geschüttelt. Jetzt verstehe ich endlich warum und trotzdem werde ich es dir nicht erklären können. So wie meine Mutter zu mir, kann ich zu dir nur sagen, dass ich dich liebe und jeden Preis der verlangt wird zahlen werde, um dich in Sicherheit und am Leben wissen zu können. Solltest du dir eines Tages einmal dieses Buch hier ansehen und mich verstehen, dann werde ich vielleicht nicht mehr da sein, um diesen Moment zu erleben. Trotzdem sollst du wissen, dass ich mir diesen Augenblick besser als du dir vorstellen kannst, ausmalen kann. Und ich lächle dabei. Es ist schön, sich deine Zukunft vorzustellen. Ein Leben ohne Krieg, ohne Angst und ohne Hunger. Ich weiß, dass das vermutlich nur eine Wunschvorstellung ist, aber ich kann mich dir nicht in einer zerstörten und vom Hunger zernagten Welt vorstellen. Ich will es mir nicht vorstellen. Meine Enkel sollen nicht in so einer Welt leben und du auch nicht. Glaub mir. Vielleicht wird bis zu deiner Geburt alles besser. Vielleicht und mit viel Glück.

Hope

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