13. Kapitel

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Der Regen durchnässt mein Kleid, aber wenigstens verblasst so das Rot des Blutes. Meine Hand zittert, ob vor Kälte oder von dem Fieber, das weiß ich nicht. Ich versuche so viel Wasser wie möglich in meiner Handfläche aufzufangen, das ich trinken kann, denn das bisschen, das das Mädchen mir gegeben hat, ist aufgebraucht. Die Tropfen schmecken salzig und sauer. Der normalen Bevölkerung wird davon abgeraten den Regen zu trinken oder überhaupt nach draußen zu gehen, aber ich habe wohl kaum eine andere Wahl. Man ist sich nicht sicher, in wie weit sich die Erde nach dem Atomunfall, den es kurz vor dem Krieg gegeben hatte und der als Auslöser angesehen wird, erholt hat. Trotzdem ist es besser als das dreckige Wasser, das am Straßenrand entlang rinnt. Es gibt noch einen anderen positiven Aspekt, den das Unwetter erfüllt: es ist niemand auf der Straße, der mir gefährlich werden könnte. Außerdem kühlt es meine Verletzung. Es fällt mir schwer meine Augen nicht zu schließen, aber ich darf nicht einschlafen. Ich kann mir nicht sicher sein, ob ich wieder aufwachen würde. Das Fieber ist noch weiter gestiegen und ich habe das Gefühl als könnte man das Wasser auf mir kochen. Immer wieder wird mein Körper von Schüttelfrost erschüttert und ich habe schreckliche Kopfschmerzen. Ein paar Minuten nur die Augen schließen. Das kann doch nicht verheerend sein, solange ich nicht komplett in den Schlaf falle. Nein! Ich darf mich dieser Versuchung nicht hingeben. Müde lehne ich meinen Kopf an die Mauer hinter mir und starre den Regentropfen entgegen. Langsam verdunkelt sich mein Blickfeld. „Ich darf nicht einschlafen!", sage ich mir immer wieder, doch es hilft nichts. Das letzte, das ich wahrnehme, sind schnelle Schritte, die auf der steinigen Straße auf mich zugeeilt kommen und warme Hände, die mich vorsichtig anheben. Dann versinkt alles in unendlicher Dunkelheit.

Noch bevor ich meine Augen wieder öffne, weiß ich, dass etwas nicht stimmt. Es ist viel zu warm um mich herum. Nach so einem Wolkenbruch sind niemals über zehn Grad, zumal ich eigentlich frieren müsste, wenn man bedenkt, dass ich noch vor einer Stunde an Fieber gelitten habe. Vielleicht ist es auch erst wenige Minuten her. Ich weiß es nicht. Außerdem blendet mich grelles Licht, das von der Decke zu kommen scheint. Blinzelnd versuche ich meine Augen an die helle Umgebung zu gewöhnen. Ich liege in einem kleinen Raum ohne Fenster. An der Zimmerdecke hängen lange Neonröhren, die alles in ein kaltes, steriles Weiß tauchen. Als ich mich aufrichten will, fällt mein Blick auf mein Knie, das frisch bandagiert scheint. Plötzlich höre ich Stimmen näher kommen und lasse mich schnell wieder zurückfallen. Meine Atmung wird langsam gleichmäßiger und ich bleibe ganz ruhig. "Wie geht es ihr?" "Ich habe ihr Antibiotika gegeben. Das Fieber ist vor einer Stunde gesunken und die Hustenanfälle sind ebenfalls weniger geworden", die zweite Stimme ist mir noch bekannt, doch die erste kenne ich erstaunlicherweise schon sehr gut. "Wann wird sie aufwachen?" Die Antwort scheint stumm zu erfolgen, denn ich höre nichts. Eine Weile hantiert die Person, vermutlich eine Frau, leise herum. Dann flüstert sie etwas: " Sobald sie wach ist, müsst ihr verschwinden. Das weißt du. Ich kann euch nicht beherbergen." "Natürlich Lui. Ich habe dir versprochen, dass ich dich nicht in Gefahr bringen werde und dann werde ich das auch nicht tun. Ich halte meine Versprechen." Ich muss mir ein Schmunzeln unterdrücken. Diesen Satz hatte ich zu ihm gesagt. Irgendwie ahne ich, dass er mich jetzt ansieht. Lächelnd. "Lass sie jetzt schlafen", murmelt Lui mit etwas gedämpfter Stimme. Vermutlich steht sie an der Tür. "Ich werde hier bleiben. Wenn sie aufwacht, soll sie nicht alleine sein." Nach einer kurzen Pause, in der Stille die Luft erfüllt, erklingt ein Klicken und signalisiert, die nun geschlossene Tür. "Da kommst du aber ziemlich spät", platzt es aus mir heraus und ich muss lachen, als ich sein verdutztes Gesicht sehe. "Na dann habe ich wohl ganz schön Pech gehabt." Er schmunzelt und kommt auf mich zu: "Wie fühlst du dich? Und wehe du sagst jetzt, du hat schon Schlimmeres erlebt!" Ich klappe meinen Mund, den ich schon zu einer Antwort geöffnet hatte, wieder zu und überlege. Dann antworte ich nur: "Sagen wir mal, es würde besser gehen." Der Versuch ernst auszusehen, während er die Augen verdreht, misslingt ihm grandios. "Ist es nicht langsam einmal Zeit für ein "Dankeschön verehrter Ritter, dass Sie mein Leben nun schon zum zweiten Mal gerettet haben"?", neckt er mich. "Ich bezweifle, dass es angebracht ist, Sie als einen Ritter zu bezeichnen, aber ich denke, um das Wort danke bin ich mir nicht zu schade", gebe ich zurück. Jetzt muss er laut lachen. Es klingt so, wie vor einigen Tagen in der Gasse. Befreit.
"Da ich mich nun als mehrfacher Retter bezeichnen darf, würde ich auch gerne den Namen des jungen Fräuleins erfahren."
"Hope."
"Hope. Und weiter?"
"Es geht nicht weiter."
"Aber keine Mutter nennt ihr Kind einfach nur Hope. Da fehlt doch ein Nachname!", protestiert er.
"Nein sicherlich nicht, aber es ist der Name unter dem mich alle kennen."
"Ich muss das jetzt nicht verstehen oder?"
Ich grinse und schüttele den Kopf, dann frage ich:
"Dann werde ich doch auch erfahren dürfen, welchen Namen mein "Retter" trägt."
Mit meinen Fingern mache ich kleine Gänsefüßchen in der Luft.
"Erstens: warum machst du das? Und zweitens: Nenn mich Lijah. Eigentlich heiße ich Elijah, aber irgendwie klingt das nach einem Mädchen."
"Lass mich raten: ein Name aus dem alten Testament?"
"Jap. Die Vorsilbe heißt übrigens "der Mächtige". Nur mal so - solltest du Fragen haben."
Frech zwinkert er mir zu und mal wieder kann ich mir ein Grinsen nicht verkneifen.
"Lijah also. Gut. Warum hast du mich gerettet?"
Die Frage scheint ihn zu überraschen, denn es dauert lange bis er antwortet:
"Ich musste die ganze Zeit an dich denken. Irgendwie hast du es geschafft, und ich kann mit Sicherheit behaupten, dass das nicht sonderlich leicht ist, dich in mein Gehirn einzubrennen. Außerdem wollte ich wissen, ob du wirklich mit einer Waffe umgehen kannst. Als ich dich dann dort habe sitzen sehen, wusste ich, dass ich dich nicht einfach da sitzen lassen konnte. Nun ja und jetzt bist du hier. Tada."
"Es ist verboten uns zu helfen."
"Ich habe schon so oft gegen die Regeln verstoßen, dass ihnen einmal mehr gar nicht auffallen wird - denke ich jedenfalls."
Das klingt ja fabelhaft. Gespielt genervt verdrehe ich die Augen und bringe ihn zum schmunzeln. Dann sieht er mich an. Ohne auch nur ein einziges Mal zu blinzeln.
"Was ist?", frage ich verwirrt.
"Jetzt bin ich an der Reihe mit dem Fragenstellen."
Verwirrt starre ich ihn an, nicke dann aber:
"Schieß los."
"Warum weißt du, wie man mit Pistolen umgeht?"
"Schützenverein."
"Ist das dein Ernst? Ein einziges Wort?"
Seufzend hole ich weiter aus:
"Mein Vater hielt das Schießen immer für eine tolle Freizeitbeschäftigung. Er hat mich dazu ermutigt doch auch einmal mit ihn mitzukommen, um mal zu sehen, ob es mir gefällt. Als ich nach dieser Schnupperstunde besser war als er, hat er dann beschlossen mich anzumelden. - Seit dem kann ich schießen und zwar mit allen möglichen Arten von Waffen."
Er nickt so, als hätte er schon so etwas erwartet. Bevor er mir noch mehr Fragen stellen kann, ertönen laute, wütende Stimmen auf dem Flur. In seinen Augen schimmert die Angst. Schneller als ich stehen kann, drückt er mir mein Tagebuch in die Hand und zerrt mich durch die Tür nach draußen. Drei Soldaten stehen im Eingang und versperren uns den Weg. Lui liegt am Boden und hält sich die Nase. Sie blutet. Aus dem Augenwinkel nehme ich ein Bewegung wahr und kann gerade noch rechtzeitig reagieren, bevor Lijah sich auf sie gestürzt hätte. "Ganz ruhig." Er starrt mich an, bis er endlich begreift. Wir haben beide Waffen. Ich habe keine Zeit um darüber nachzudenken, dass ich wieder Menschen töten werde. Es muss einfach geschehen. Die drei kommen auf uns zu und ziehen ihre eigenen Pistolen, doch Li und ich sind schneller. Drei Schüsse fallen, einer aus meiner und die anderen beiden aus Lijahs Waffe, und die Soldaten sacken fast gleichzeitig auf den Boden. Wir zögern nicht. Wer weiß wie viele noch kommen würden, wenn wir uns nicht beeilen. Zusammen stützen wir Lui, verlassen die kleine Hütte und verschwinden in der schützenden Dunkelheit der engen Gassen. Keiner von uns dreht sich um. Wir hätten es besser tun sollen.

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Hier ein neues Kapitel. Ich gebe mir Mühe jetzt häufig zu posten.
Vielleicht habt ihr es ja schon mitbekommen: ich habe jetzt begonnen dieses Buch auf Englisch ebenfalls zu veröffentlichen, da ich jemanden gefunden habe, der mir beim Übersetzen hilft. Wie findet ihr das?

Hope.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt