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JK POV

Erschrocken weitete ich die Augen und eilte ganz instinktiv auf den braunhaarigen Jungen zu. Je näher ich seiner bebenden Figur kam, umso lauter und herzerreißender drangen mir seine Schluchzer zu Ohren und ich schluckte etwas trocken den dicken Kloß in meinem Hals herunter. Ich hatte das Gefühl jeden Moment selbst weinen zu müssen. Jimin hockte auf einer der vielen Bänke und hatte sein Gesicht in seinen Händen vergraben, während seine schwarzen Schlittschuhe wohl achtlos zur Seite weggeschmissen wurden. Dieser Jimin war eine hundertachtzig Grad Wendung zu dem selbstsicheren Jimin, den ich kannte. Er wirkte so klein und verletzlich, dass ich ihn einfach nehmen, in eine warme Decke einwickeln und nie wieder loslassen wollte.

Jimin bemerkte mich erst, als ich mich neben ihn setzte und meine Tasche zu seiner auf den Boden stellte. Ich wusste nicht recht, ob es okay war, dennoch legte ich ihm meine Hand auf den Rücken und als er sie nicht wegstieß, ließ ich sie beruhigend rauf und runter streichen. "Was ist los?" Mir wir klar, dass er mir nicht antworten musste, trotzdem wollte ich hier nicht untätig herumsitzen und nichts sagen. Das fühlte sich einfach falsch an. Der Ältere schniefte und blickte dann etwas zögerlich zu mir. Seine Wangen waren gerötet und tränenüberströmt, seine dunklen Augen mindestens ebenso gereizt und glasig. Sogar seine Nasenspitze zierte eine winzige Röte, was unter anderen Umständen wahnsinnig süß war, jetzt aber brach mir der Anblick regelrecht das Herz. 

"Ich-...", krächzte er, brach dann aber wieder ab, um etwas ungalant das innere seiner Nase hochzuziehen und sich harsch mit dem Handrücken die Tränen von den Wangen zu wischen. "Warte", murmelte ich und wühlte einen Moment in meiner Tasche herum, ehe ich eine kleine Packung Taschentücher zu fassen bekam und eines Jimin reichte, "Hier." "Danke." Er zwang sich ein kleines Lächeln auf, was jedoch nicht wie sonst seine Augen erreichte und sie zum Funkeln brachte. Kaum hatte er sich ein Stück von mir abgewendet und in das Taschentuch geschnäubt, blickten mich seine glasigen Augen wieder an und am liebsten hätte ich meine Finger nach ihm ausstreckt und seine heißen Tränen zart von seiner Haut gestrichen. Da das jedoch eine Grenze zu viel überschreiten würde, ließ ich es bleiben und strich lieber weiter sanft über seinen Rücken.

Jimin nagte einen Augenblick überlegend an seiner Unterlippe. Er schien etwas sagen zu wollen, wusste aber nicht so recht, wie er es formulieren sollte. Ein leises Seufzen entkam dann seinen Lippen und er schob langsam seine dunklen Haare aus seiner Stirn. Verwirrt, warum er mir jetzt seine Stirn so präsentierte, zog ich die Brauen zusammen. "Was-", begann ich, doch dann sah ich die winzige Narbe an der Seite, die sich ganz dezent von seiner honigfarbenen Haut abhob und weitete die Augen ein wenig überrascht, "Oh." Der Ältere presste die Lippen zu einer geraden Linie zusammen und blickte starr auf seine gefaltenen Hände in seinem Schoß. "Das ist vor etwas mehr als zwei Monaten passiert. Ich bin nach einem Sprung falsch aufgekommen und ziemlich heftig gestürzt", gab er nach einer Weile leise von sich und schniefte, "Seitdem bekomme ich panische Angst, sobald ich auch nur daran denke, dass meine Füße das Eis für einen Sprung verlassen müssen. Ich fühle mich einfach nicht mehr, wie ich selbst und das frustriert mich so wahnsinnig sehr, verstehst du?"

Dass Park Jimin, der mich doch eigentlich verabscheute, sich mir jetzt anvertraute, überraschte und erfüllte mich mit solch einer Freude gleichermaßen, dennoch ließ mir das nicht allzu sehr anmerken und nickte etwas zögerlich. Ich verstand sehr gut, dass ihn das frustrierte. Es nervte einen ungemein, wenn man seiner Leidenschaft einfach nicht mehr nachgehen konnte, sei es durch eine Verletzung oder wie in Jimins Fall durch die eigene Psyche, was wahrscheinlich sogar noch schlimmer war. Ich wollte ihm gerne helfen, zumal ich nun mit eigenen Augen gesehen hatte, wie sehr es ihm zusetzte, nur hatte ich keine Ahnung, wie. Überlegend biss ich mir auf die Lippe, nagte an meinem Piercing und betrachtete den Jungen neben mir einen Augenblick. 

"Ich verstehe es und-" Doch Jimin ließ mich gar nicht ausreden und blickte mich ganz plötzlich aus großen, unsicheren Augen an, "Kannst du mich bitte einfach nur in den Arm nehmen?" Und wer war ich, dieser Bitte nicht nachzukommen? Wenn auch etwas zögerlich legte ich meine Arme um Jimins zierlichen Körper und hoffte inständig, dass er mein aufgeregt rasendes Herz nicht hörte oder sogar spürte, als er sich schon fast an mich klammerte.

Er war so nah, dass ich rein theoretisch meine Nase ganz einfach in seinen weichen Haaren vergraben konnte, dazu war er unglaublich warm und duftete ganz dezent nach frischen Zitronen. Benebelt von all den Empfindungen, die alle auf einmal auf mich einstürtzten, musste ich für einen Moment die Augen schließen und verlor mich fast schon in dem Gefühl von Jimin in meinen Armen. In meinem Bauch schien ein ganzer, riesiger Schwarm Schmetterlinge zu wüten, der alles kribbeln ließ. Mein Herz währenddessen schien einen Purzelbaum nach dem anderen zu schlagen und ich glaubte, dass es mir bald aus der Brust springen würde.

Jetzt wurde mir klar, was Hoseok meinte, als er sagte, dass ich auf mein Herz hören sollte und er hatte recht, es wusste wirklich, wenn sich etwas richtig anfühlte.

"Danke", flüsterte er, hauchte die Worte so heiß gegen meinen Hals, dass ich leicht erschauderte und sich sogleich eine angenehme Gänsehaut auf meiner Haut bildete. Ich schluckte trocken und nickte, zu mehr fühlte ich mich gerade nicht ihm Stande und strich ihm weiterhin beruhigend über den Rücken. Ein verzweifelter Versuch mein eigenes Gemüt ebenfalls beruhigen zu wollen, der kläglich scheiterte, denn mein Herz klopfte unentwegt weiter rasend schnell in meiner Brust. 

"Kann ich-", ich hatte das dringende Bedürfnis erneut Luft holen zu müssen, bevor ich leise weitersprach, "Kann ich dir irgendwie helfen?" Erst jetzt drückte sich Jimin ein wenig von mir, was ich etwas widerwillig über mich ergehen ließ, denn sofort fühlten sich meine Hände leer an und auch die Kälte der Eishalle spürte ich wieder. Seine Wangen waren noch immer gerötet, aber diesmal sicherlich nicht nur von all den Tränen zuvor und der Kälte. Der Braunhaarige schüttelte auf meine Frage hin den Kopf, "Das ist eine Sache, die ich alleine mit mir selbst ausmachen muss. Du kannst mir ja schließlich nicht einfach meine Angst abnehmen." Aber ich wünschte, ich könnte es.

Dann kam mir eine Idee und ich stand schnell auf. Verwirrt blickte Jimin mir hinterher und beobachtete, wie ich seine Schlittschuhe einsammelte und sie ihm hinhielt. "Ich kann dir vielleicht deine Angst nicht nehmen, aber ich kann für dich da sein und dich in deinem Können bestärken", erwiderte ich und blickte liebevoll lächelnd zu ihm herab. Daraufhin verzogen sich Jimins volle Lippen zum ersten Mal heute zu einem ehrlichen, strahlenden Lächeln, das auch seine wunderschönen, braunen Augen zum leuchten brachte, und er nickte schüchtern, aber dankbar, "Danke."

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Und damit kann die Jikook Action dann auch endlich beginnen, LET'S GOOO 🥳

COLD AS ICE // 𝑗𝑖𝑘𝑜𝑜𝑘Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt