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JIMIN POV

Am Montagnachmittag betrat ich die Eishalle etwas früher als üblich. Die Hockey-Jungs waren noch am Trainieren und befolgten die klaren Anweisungen meines Dads. Als sie die Tür zufallen hörten, blickte der ein oder andere neugierig auf. Ich erkannte Hoseok und Namjoon, die mich unter ihren schweren Helmen zwar etwas verwundert musterten, mir dann aber freundlich zulächelten, ehe sie sich wieder den Übungen auf dem Feld widmeten. Meine Augen galten sowieso nur einem Jungen, der mir sogleich ein niedliches Lächeln schenkte. Ich erwiderte das Lächeln mindestens genauso strahlend und gesellte mich zu meinem Dad am Rand des Feldes.

"Du bist früher hier als sonst", stellte er überrascht fest und warf mir einen flüchtigen Blick von der Seite zu, ehe er seine fokussierten Augen wieder kritisch über die Jungs auf dem Eis schweifen ließ, "Wie kommt's?" "Mir war langweilig", erwiderte ich schulterzuckend und betrachtete fasziniert, mit wie viel Sicherheit und Selbstbewusstsein Jungkook über das Eis raste und den Puck gezielt ins Tor beförderte, "Außerdem schwärmst du so sehr vom Hockeyteam, dass ich mir selbst mal ein Bild machen musste." Dass ich eigentlich nur früher hier war, um meinen heißen Freund schamlos beim Trainieren zuzusehen, musste er ja nicht wissen.

Seit unserem Date auf dem Jahrmarkt waren ein paar Wochen vergangen. Inzwischen war der Oktober angebrochen und mit ihm kamen extreme Wetterumschwünge. Die Temperaturen sanken und es regnete leider häufiger, aber dafür standen mein Geburtstag sowie die Herbstferien unmittelbar vor der Tür und machten das katastrophale Wetter gleich wieder wett.

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"Hey", flüsterte mir eine warme, sehr familiäre Stimme ins Ohr und kichernd lehnte ich mich gegen die breite Brust hinter mir, legte den Hinterkopf auf Jungkooks Schulter ab, um zu ihm aufzublicken. Das Training war vorbei und Jungkook hatte sich in Windeseile umgezogen, damit er schnell wieder bei mir sein konnte. "Kommst du?", fragte ich und wollte mich langsam von ihm wegbewegen, als der Jüngere mich rasant wieder zurückzog. Überrascht stolperte ich ihm entgegen und kollidierte mit seinem großen Körper. Das bekümmerte ihn herzlich wenig, denn er nahm meine Wange sanft zwischen seine Hände und verband unsere Lippen. Zart und voller Gefühl bewegte er sie gegen die meinen, weshalb ich mich sogleich darauf abstimmte und meine Hände an seine Brust legte. Sein Herz raste und klopfte kräftig gegen meine Finger.

Schmunzelnd löste ich mich von ihm und wollte ihn necken, fragen, ob er sein Herz denn nicht mal untersuchen lassen wollte, aber soweit kam ich nicht. Mein Blick ging an Jungkooks Kopf vorbei und erschrocken zog ich die Luft ein. Wie lange stand Hoseok schon dort? Shit, er hatte sowieso schon mehr gesehen, als er vorerst wohl sollte. Selbst wenn er den Kuss nicht gesehen haben sollte, standen Jungkook und ich so nah beieinander, dass es eigentlich keinen Spielraum mehr für falsche Interpretationen gab. 

"Hyung", begann Jungkook, er wirkte sichtlich nervös und seine Stimme zitterte, "Was- was machst du noch hier?" Der Angesprochene hatte die Augen ebenso überrascht geweitet und schien erst jetzt aus seiner Schockstarre zu entkommen. Er blinzelte mehrere Male und kratzte sich peinlich berührt am Hinterkopf. "Ich wusste nicht-", er schluckte und kam langsam näher, "Ich hab meine Flasche vergessen." Hoseok griff nach genannter Wasserflasche auf einer der Bänke und hielt sie demonstrierend in die Luft. Der Ältere blickte dann zwischen Jungkook und mir hin und her. Entgegen meiner Erwartungen spürte ich dann Jungkooks unsichere Hand, die nach meiner suchte und sie fest umschlang, sobald er sie gefunden hatte. Erstaunt blickte ich von seiner Hand auf in sein Gesicht. Seine zarte Unterlippe wurde voller Nervosität und Panik von seinen Zähnen malträtiert und die Augen hatte er weit aufgerissen, wie ein erschrockenes Reh im Scheinwerferlicht. Er hatte wahnsinnig Angst.

"Ich wusste es", grinste Hoseok dann und verwirrte mich total. "Was?", fragte ich prompt und ignorierte den allmählichen Schmerz in meiner Hand, denn Jungkooks panischer Griff wurde immer fester. Ich strich ihm immer wieder sanft mit dem Daumen über den Handrücken, versuchte ihn zu beruhigen, obwohl ich selbst auch unglaublich nervös war. "Na, dass ihr beiden etwas miteinander habt. Ich meine, ihr seid so unauffällig auffällig, dass es echt ein Wunder ist, dass die anderen noch nichts gemerkt haben. Also entweder haben die Tomaten auf den Augen oder die wollen es einfach nicht wahrhaben", erwiderte der Schwarzhaarige amüsiert und lächelte dann sanft, sein Blick hing ein wenig länger auf Jungkooks und meinen umschlungenen Händen, "Auch wenn ich mehr als verwirrt bin, dass ausgerechnet ihr beiden euch gefunden habt, seid ihr echt wahnsinnig süß."

"W-wieso verwirrt?", traute sich Jungkook zum ersten Mal wieder etwas zu sagen und lockerte seinen Griff etwas. Zwar war er nicht mehr ganz so panisch, denn sein bester Freund schien unsere Beziehung ja offensichtlich ganz gut aufzunehmen, trotzdem verpuffte seine Unsicherheit nicht einfach so und löste sich in Luft auf. Jungkook leckte sich nervös über die Lippen. "Wieso es mich verwirrt?", wiederholte der Ältere und schmunzelte amüsiert, als Jungkook ein winziges Nicken zustande brachte, "Weil Jimin dich absolut gehasst hat. Das hätte sogar jeder Blinde gesehen. Wie auch immer du das Eis gebrochen hast, ich freue mich wirklich für euch." Erleichtert atmete ich aus und musste tatsächlich ein wenig kichern, was Jungkook verwirrt zu mir blicken ließ. "Hoseok hat nicht ganz Unrecht. Ich konnte dich am Anfang echt gar nicht ausstehen", erwiderte ich grinsend und glücklicherweise hoben sich damit endlich wieder Jungkooks Mundwinkel zu einem kleinen, amüsierten Grinsen.

Er schüttelte nur kurz den Kopf, als könnte er selbst nicht glauben, was hier gerade passiert war und blickte dann aber noch einmal ein ganz wenig unsicher zu seinem besten Freund. "Hobi?", fragte er und Genannter nickte brummend, "Meinst du die anderen hätten ein Problem mit Jimin und mir, also mit unserer Beziehung?" Der Schwarzhaarige schenkte dem Jüngsten ein sanftes Lächeln und schüttelte schnell den Kopf, "Niemals. Ich glaube zwar, dass es sie erst genauso verwiiren würde wie mich, aber im Endeffekt würden sie sich alle wahnsinnig freuen. Wenn du glücklich bist, ist das alles, das zählt." Ich war mir zu einhundert Prozent sicher, dass Jungkook in diesem Moment ein riesengroßer Felsbroken vom Herzen fiel, der ihn um einiges erleichterte. "Gut, ich will dann auch mal wieder, Joon wartet sicherlich schon auf mich", lachte Hoseok, doch bevor er entgültig weg war, drehte er sich nochmal zu uns und grinste schief, "Tut mir nochmal leid, ich wollte nicht so die Stimmung killen. Viel Spaß euch noch... bei was auch immer."

"Jetzt, wo Hobi die Stimmung ja sowieso gekillt hat, können wir ja anfangen", gab Jungkook dann sehr motiviert von sich und grinste mich frech an, sobald sein bester Freund weg war. Das Gespräch mit Hoseok hatte ihm solch eine Last von den Schultern genommen und ihn merklich erleichert. Die Bestätigung seines besten Freundes hatte Jungkook gut getan, denn er strahlte regelrecht vor Glück. "Womit?", wollte ich wissen und betrachtete den Schwarzhaarigen skeptisch, als er meine Hände in seine nahm und sich langsam rückwärts fortbewegte, mich zog er dabei an meinen Händen mit. "Ich möchte gerne, dass du heute versuchst zu springen", erwiderte er und erschrocken sah ich ihn an, spannte mich an und schüttelte den Kopf. 

"Kookie, soweit bin ich nicht-" Er unterbrach mich, indem er seinen Zeigefinger sanft auf meine Lippen legte. "Vertraust du mir?", fragte Jungkook voller Ernst und blickte mir dabei tief in die Augen, nahm den Finger wieder von meinem Mund. Was war bitte für eine Frage? "Natürlich", erwiderte ich ehrlich. Der Jüngere lächelte glücklich und umfasste meine Hände etwas fester. "Schließ deine Augen", bat er sanft und sobald ich etwas zögerlich getan hatte, was er wollte, sprach er weiter, "Konzentrier dich einfach nur auf mich, meine Stimme und deine Instinkte." Ich öffnete die Augen wieder und neigte den Kopf frech grinsend zur Seite, "Und wenn mir meine Instinkte sagen einfach weiter mit dir rumzumachen?" Jungkooks Wangen färbten sich schlagartig niedlich rosa und er schüttelte grinsend den Kopf, "Sehr verlockend, aber später." Das Grinsen auf meinen Lippen erstarb und schmollend sah ich ihn an, ließ mich trotz allem weiter von ihm über das Eis führen. Hätte ja klappen können...

"Ich kann das noch nicht", wiedersprach ich weiter, alles in mir sträubte sich dagegen, das Eis für den Bruchteil einer Sekunde zu verlassen. "Doch, du kannst das, Jimin", erwiderte Jungkook und drückte meine Hände ermutigend. Stur, wie ich war, schüttelte ich den Kopf, "Das kannst du doch gar nicht wissen. Du hast mich doch noch nie springen sehen." "Ich muss es nicht gesehen haben, um sie wissen, dass du es kannst." Manchmal verfluchte ich es, dass Jungkook sich nicht von meiner Engstirnigkeit abschrecken ließ. Das hatte er von Anfang an nie. "Lass dich doch einfach mal darauf ein. Dir kann nichts passieren, hyung." Ich seufzte tief und schloss die Augen, "Gut. Ich vertraue dir." 

Was auch immer Jungkook vor hatte, das würde niemals funktionieren.

COLD AS ICE // 𝑗𝑖𝑘𝑜𝑜𝑘Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt