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STELLA

Ich bin froh dem Krankenhaus zu entkommen, obwohl ich mich hier mehr, wie in einem Hotel gefühlt habe, als auf der Station des Privatkrankenhauses. Nach einer abschließenden Untersuchung wurde ich entlassen und muss nächste Woche zur Nachkontrolle meines Arms erscheinen. Der Knochen scheint nicht vollständig gebrochen zu sein, was einem Wunder gleicht. Ich trage einen straffen Verband und eine Schiene, die mich nicht einschränkt. Etwas zu greifen und zu halten, schaffe ich nur unter Schmerzen, doch die Physiotherapie hat mir sehr dabei geholfen bis jetzt.
Da ich nur eine kleine Tasche Kleidung hier hatte, die mir Dario aus meiner Wohnung gebracht hat, brauche ich nicht viel zu packen und sitze gelangweilt auf meinem Bett herum, während der Italiener mit jemandem spricht. Der Gedanke daran, dass er in meinen Sachen gewühlt und sie eingepackt hat, fühlt sich noch immer komisch an. Ebenso merkwürdig wie mir vorzustellen, dass ich nicht in sie zurückehren werde, sondern wir gleich nach in mein neues zuhause fahren. Bevor er verschwunden ist, durfte ich nochmal mit Kim telefonieren. Ihr geht es schon viel besser und sie hat mir versichert, dass alles gut ist und wir uns schon bald wiedersehen werden. Ich würde sie am liebsten besuchen aber weiß auch, dass Dario es nicht zulassen würde. Ich habe die Männer gesehen, die vor meiner Tür stehen. Auch jetzt erkenne ich die Anzug tragenden breitschultrigen Männer als die Tür sich öffnet und Dario zurückkehrt. »Bist du fertig?«, erkundigt er sich. Ich schaue an mir hinab, nicke und erhebe mich vom Bett. Er schnappt sich die schwarze Tasche, öffnet mir die Tür und reicht sie weiter an einen der Männer. Schüchtern mustere ich die beiden. Ob sie auch dazugehören? Kriminelle Mafiamitglieder sind? Vermutlich. Ich will mir nicht vorstellen, was die Hände, die meine Tasche tragen, schon alles angestellt haben. Dario platziert seine Hand auf meinem Rückgrat, schiebt mich sachte in die Richtung des Aufzugs. Die beiden Gorillas folgen uns auf Schritt und Tritt. Schweigend steigen sie zu uns in den Fahrstuhls, versperren mir die Sicht auf die Türen. Ausatmend schaue ich der Zahl auf dem Display über den Knöpfen beim kleiner werden zu. Nach kurzer Zeit gleiten die Türen geräuschlos auf und wir betreten eine hell beleuchtete Tiefgarage. Dario wechselt ein paar Worte mit ihnen auf Italienisch, wohl wissend das ich kein Wort verstehe. Einer hält mir die Hintertür einer schwarzen Limousine auf, der andere packt meine Tasche in den Kofferraum. Ich sinke auf den Rücksitz, schnalle mich an und schaue hinaus aus den getönten Fenstern. Im Glas spiegelt sich Dario, der hörbar neben mich sinkt und die Tür zuknallt. Das Auto rauscht aus der Tiefgarage hinaus in den New Yorker Stadtverkehr.

»Ich war so frei und habe dir eine Physiotherapeutin besorgt, die einmal am Tag kommen wird, bis dein Arm sich erholt hat«, eröffnet Dario mir nach einer Weile. Hellhörig wende ich den Blick von den hohen Wolkenkratzer ab, zu ihm. »Ach ja? Sie macht Hausbesuche?«
»Ja, alles andere wäre zu riskant.«
»Nicht wegen mir, richtig? Ich weiß, wieso ich hier bin«, mache ich ihm klar. Dario hebt seine Augen vom Display seines Telefons. »Willst du, dass ich lüge?«
»Nein, ich bin nicht dumm. Hier geht es nicht um mich und das ist mir klar, seit ich im Krankenhaus wachgeworden bin.« In Wahrheit geht es nämlich nur um das Baby. Das ist der Grund, wieso er mich nach Little Italy holt. Ich bin nur in Gefahr wegen dem Fötus in meinem Bauch. Weil jemand, der mit den Gambinos verfeindet ist, glaubt es wäre ein kluger Schachzug, dafür zu sorgen, dass es nie das Licht der Welt erblickt. Wenn er denkt, ich kaufe ihm was anderes ab, muss er dumm sein. Uns ist das doch beiden so klar, wie es nur sein kann.
Der Ausdruck in seinen Augen bestätigt dies nur, ohne dass er es aussprechen muss.

Es dauert nicht mehr lang, bis die Geschwindigkeit der Limousine abnimmt und ich rote Backsteinhäuser ausmache, die die Straße säumen. Bäckereien, Cafés, italienische Lebensmittelläden in ihren Erdgeschossen. Wir passieren ein Restaurant mit roten Wimpeln, biegen in die nächste Straße ein und kommen zwischen zwei Bäumen am Straßenrand zum Stehen. Dario schnallt sich neben mir ab, wirft mir einen letzten Blick zu. »Nehms nicht persönlich aber wir haben hier strenge Sicherheitsmaßnamen. Im Türrahmen der Haustür ist ein Sensor der Wanzen erkennt, andere Sachen oder Waffen.«

King of New York | 18+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt