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Sobald wir wieder auf der Couch saßen, überreichte Taehyung ihre Pizza.

,,Danke, Tae. Aber ich habe kein Hunger." Entschuldigend sah Bianca, Taehyung an.
,,Kein Problem, kannst sie ja später essen." Taehyung zuckte mit den Schultern.

,,Sooo," ertönte Mikes Stimme. ,,Mit welchem Spiel fangen wir an? "Ich hab noch nie" oder Flaschendrehen?"
,,Du fängst ja gleich hart an", sagte Mira zu Mike.
,,Nö, denke nicht. Das ist ja noch ganz easy. Erstmal ohne Alkohol und später eventuell mit."
   
Xenia rollte mit den Augen. Dann wandte sie sich mir zu und flüsterte: ,,Das da soll eines deiner 'Schwiegermonster' sein?" Sie deutete dabei leicht Richtung Bianca. ,,Sieht mir gar nicht so monströs aus."
,,Keiner von denen sieht beim ersten Anblick danach aus. Zugegeben ist sie aber die harmloseste. Mehr eine Mitläuferin", antwortete ich.

,,Du hast mir deine Verwandten nie persönlich vorgestellt", erinnerte mich Xenia und grinste,  ,,Wird Zeit, dass ich mal jemanden davon treffe und die Leviten lese."

Ich erschrak. ,,Untersteh dich. Ich wollte nicht ohne Grund, dass du mit diesem Teil meines Lebens nicht zusammentriffst. Alles unnötiges Drama und davon hab ich schon genug! Mach mir bitte keine Szene hier!"

Xenia griff zu ihrem Cocktailglas. Offensichtlich hatte sie sich bereits etwas alkoholisches zusammengemixt. Nicht unüblich für sie. Ich fand ihren Umgang mit Alkohol generell einen Tick zu leichtherzig, aber ich wusste auch, dass sie sich in diesem Punkt nichts sagen lies.

Sie hob das Cocktailglas hoch und blickte es siegessicher an, während sie es in kreisenden Bewegungen vor sich her schwenkte.
,,Ich werd' schon keine 'Szene' machen. Aber dies ist ein freies Land. Ich kann reden, mit wem ich will." Sie lächelte mich verschmitzt von der Seite an.

Ich schenkte ihr einen sichtlich genervten Blick und wandte mich dann wieder dem Rest der Gesellschaft zu.

Da sah ich, wie Mira verkniffen schaute und Mike triumphierend grinste. Ich wandte mich an Taehyung.

,,Habe ich etwas verpasst?"

,,Nee, nicht wirklich, nur dass Mike gewonnen hat, was wir zuerst zusammen spielen, da Yuna ihm zugestimmt hat", antwortete er mir.

,,Und was?", hakte ich nach.

,,Flaschendrehen...",

Taehyung zuckte mit den Schultern.
,,Ah", machte ich nur. Xenia verdrehte nur die Augen, grinste aber danach so, als ob sie irgendetwas vorhätte. Misstrauisch schielte ich zu ihr herüber.

,,Kommt ihr?", rief Yuna und wedelte mit einer leeren Plastikflasche herum.

Zusammen setzten wir uns auf den Boden in einen Kreis. Taehyung saß mir gegenüber, neben ihm Bianca und Mike. Und neben mir saßen dann schlussendlich Mira und Xenia. Zwischen Xenia und Bianca saß Yuna.

Sobald wir alle unsere Plätze eingenommen hatten, legte Yuna die Flasche in die Mitte und drehte sie. Die Flasche stoppte bei Mike.

,,Wahrheit oder Pflicht?", fragte Yuna.

,,Wahrheit", sagte er und sah auffordernd zu Yuna. Yuna überlegte kurz und fragte: ,,Was würdest du tun, wenn du für einen Tag eine Frau sein würdest?"

,,Ich würde mich Britta nennen und mich vor dem Spiegel selbst betrachten", antwortete er und wackelte mit den Augenbrauen.
,,Pff", machte neben mir Xenia. Nun drehte Mike die Flasche und sie landete auf Taehyung.
,,Wahrheit oder Pflicht, Kumpel?"

Neugierig sah ich zu Taehyung. Was würde er wohl wählen?
,,Pflicht", sagte Taehyung.
Mikes Grinsen wurde teuflisch. ,,Flirte 1 Minute mit der Person, die rechts neben dir sitzt."

Erschrocken verschluckte ich mich an meiner eigenen Spucke und musste husten. Schnell wurde mir ein Glas Wasser gereicht, das ich versuchte während des Hustens zu trinken. Nachdem der Reizhusten vorbei war, fragten Taehyung und Xenia gleichzeitig: ,,Geht's wieder?" Ich nickte ihnen zu, dass wieder alles in Ordnung war. Okay, nicht ganz. Denn ich war nicht damit einverstanden, dass er mit Bianca flirten sollte! Grrrr... im Moment wünschte ich, ich würde da sitzen.

Prüfend sah er mich aus seinen dunklen braunen Augen an. Ich schaute rasch zur Seite, denn mir war es unangenehm, von ihm so angesehen zu werden. Ich war sauer, aber ein Spielverderber wollte ich auch nicht sein. Und vor allem: Ihm einen traurigen Blick zu schenken würde mich womöglich verzweifelt und dadurch unattraktiv wirken lassen. ,,Na, was ist jetzt?", raunte Mike. ,,Umdrehen und losflirten!"

Taehyung löste seinen Blick von mir und starrte Mike böse an, aber dieser reagierte unbeeindruckt und legte erneut sein gemeines Grinsen auf. Kurz schaute Taehyung zu Bianca, die ein schüchternes „Äh ...“ stammelte, und drehte sich dann wieder zu Mike um.

„Also, ich kann zwar flirten, aber doch nicht auf Knopfdruck!“, sagte er. „Das kommt spontan und lässt sich nicht herbeibefehlen.“

„Okay. Dann küsst du sie eben!“ Meine Augen wurden riesig und ich hielt den Atem an. Hätte ich immer noch viel Spucke im Mund gehabt, hätte ich mich glatt noch einmal verschluckt. Aber auch Taehyungs Augen zeigten Entsetzen. Dann lachte er verlegen. „Äh, wie war das nochmal mit dem Flirten? Eine Minute lang? Zwei? Zehn?“ Alle lachten. Ich atmete erleichtert auf. Gegen einen Kuss schien Flirten ein akzeptierbares Übel zu sein. „Eine reicht mir“, antwortete Mike und strahlte wie ein Gewinner. „Na los, Casanova!“

Taehyung drehte sich zu Bianca hin. Diese richtete ihren Oberkörper auf, als hätte ein Lehrer sie aufgerufen. Sie wirkte sichtlich nervös. „Na dann wollen wir mal ... äh ... also, deine ... deine ... langen rosa Haare sind schön.“ Bianca schaute leicht nach unten, griff mit beiden Händen ihre Haare und führte ihre Finger verlegen an ihnen entlang. „Danke“, murmelte sie.

Naja, wo er recht hatte, hatte er recht. Bianca hatte wirklich schöne und gepflegte Haare. Ihre wahre Haarfarbe war hellblond, doch sie färbte ihre Haare nun schon ein paar Jahre lang rosa.

Taehyung fuhr fort. Er klang dabei ziemlich monoton. „Und du ... hast ein schönes Lächeln, würde ich sagen.“ Bianca lächelte, allerdings sah es etwas gequält aus. Dann seufzte sie und schaute etwas hoch - in meine Richtung. Sie schenkte mir einen enttäuschten Blick. Ich begriff. Sie gab mir zu verstehen, dass sie sich wünschte, ich würde ihr diese Worte sagen, anstelle von Taehyung. Ich kniff meine Lippen zusammen und versuchte ihr so mit einem nonverbalen 'Sorry' zu antworten. Sie seufzte erneut. Dann schaute sie wieder zu Taehyung.

Dieser wirkte mittlerweile ein wenig verzweifelt. „Und deine... ah ja, genau, Augen“, quälte er sich durch seine Aufgabe, „also, das sind ganz nette Augen. Denke ich.“ Mike stöhnte genervt auf. „Aufhören! Das ist ja nicht mit anzuhören. Dich 'Casanova' zu betiteln war zu voreilig. Das ist das mieseste Geflirte, das ich je erlebt habe!“

„Ich tu, was ich kann“, sagte Taehyung und zuckte mit den Schultern. „Das ist halt einfach doof, so auf Knopfdruck. Und ganz ehrlich ist das auch nicht die ideale Zielperson.“ Er drehte sich rasch zu Bianca und fügte hinzu: „Nichts für ungut. Du bist nett, nur –“

„Kein Problem“, besänftigte ihn Bianca sofort, „Das beruht auf Gegenseitigkeit. Ich mag dich als Freund, aber du bist auch nicht mein Typ.“

„Na dann haben wir ja beide Glück gehabt“, antwortete Taehyung und beide lachten. Ich fühlte mich in diesem Moment sehr erleichtert.

„Ja, ja. Wir haben verstanden“, sagte Mike und schob die Flasche Richtung Taehyung. „Na los, du bist dran. Ich will heute noch was erleben.“ Taehyung griff nach der Flasche und antwortete schnell: „Wie du meinst, Britta.“

„Was?!“, rief Mike.

„Nichts“, grinste Taehyung und drehte die Flasche. Mike fasste sich und lachte über die Stichelei seines Freundes.

Cinderella?! Really?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt