15

11 2 0
                                    

,,Shhh, alles gut. Du hast nur schlecht geträumt", hörte ich eine Stimme über mir sagen. Mein erster Reflex war es, mit der Faust auszuholen und zuzuschlagen. ,,Autsch, spinnst du", brummte die Person etwas schmerzerfüllt, und die Umklammerung um meinen Körper löste sich.

Noch etwas von dem Albtraum eingenommen, rutschte ich schnell etwas weiter nach hinten. Auf einmal verlor ich das Gleichgewicht und fiel von irgendwo herunter, landete mit meinem Hintern auf dem Boden.

Mein Blick klärte sich wieder ein wenig. Schnell erkannte ich, dass ich mich im Wohnzimmer befand. Um mich herum saßen alle Partygäste und sahen mich teilweise besorgt, teilweise belustigt an. Taehyung saß noch auf der Couch und hielt sich mit der Hand seine blutende Nase.

Hinter mir erklang eine leicht belustigte weibliche Stimme. ,,Wow! Da hast du echt einen Treffer gelandet, Alex." Bei dem Kommentar brummte Taehyung leicht auf, doch die Person ignorierte es und sprach weiter: ,,Ich glaube, es war doch keine so gute Idee, mit ihm einen Horrorfilm zu schauen, so verstört wie er gerade gewesen ist."
Warte mal! Die Stimme kannte ich doch! Xenia!

Schnell sprang ich auf und fiel ihr um den Hals.
,,Du lebst", nuschelte ich überglücklich an ihrer Halsbeuge. Belustigt lachte sie auf. ,,Ja, ich lebe. Aber ich glaube, du solltest dich mal besser um deinen Schwarm kümmern. Denn wenn Blicke töten könnten, wäre ich jetzt wirklich nicht mehr am Leben", flüsterte sie.

Daraufhin löste ich mich von ihr. Ich drehte mich um und sah Taehyung prüfend an. Erst jetzt realisierte ich, was ich da vorhin veranstaltet hatte. Ich hatte ihn verletzt! Hektisch flitzte ich durch den Raum und suchte ein paar saubere Servietten. Zum Glück lagen die hier überall verteilt. Jederzeit einsetzbar.

Schnell machte ich die Servietten etwas feucht und lief damit auf Taehyung zu. Schüchtern stand ich vor ihm. ,,Darf ich?" fragte ich reumütig.

Prüfend sah er mich an, nickte aber. Ich trat langsam mit schnell schlagendem Herzen näher. Sobald ich ihm nah genug war, begann ich vorsichtig, mit der feuchten Serviette seine Nase abzutupfen.

Kurz zischte er leicht auf, blieb aber still. ,,Tut es sehr weh?", fragte ich leise. ,,Es tut mir leid. Ich war einfach ziemlich erschrocken gerade. Das alles war keine Absicht gewesen. Der Traum hatte mich einfach zu sehr im Griff."

Schuldbewusst senkte ich meinen Blick. Taehyung schwieg weiterhin, sagte gar nichts und starrte mir einfach nur in die Augen. Wenn ich mich in dem Moment nicht so schuldig gefühlt hätte, hätte ich die Nähe in diesem Moment sehr willkommen geheißen, sie genossen und die Geborgenheit, die er ausstrahlte, wie ein Schwamm in mir aufgesogen.

Doch das schlechte Gewissen plagte mich. ,,Wird er mir verzeihen? Habe ich jetzt alle Chancen bei ihm verspielt?" fragte ich mich traurig in Gedanken. Warum antwortete er mir nicht? Wenn doch nur dieser blöde Albtraum nicht gewesen wäre... Dann wäre jetzt alles super...

,,Schon gut, Kleiner", seufzte er und sah mich mit einem warmen Ausdruck in seinen Augen an.
,,Das kann schon mal passieren. Aber ich bin neugierig. Was genau hast du geträumt, dass dich der Traum so sehr aus der Fassung gebracht hat?" Neugierig musterte er mein Gesicht.

Es war mir peinlich, so intensiv gemustert zu werden, also wandte ich meinen Blick leicht ab.

,,Das würde uns auch interessieren", hörte ich hinter mir Yuna rufen. Oh, die anderen hatte ich für einen Augenblick komplett vergessen, da ich sehr auf Taehyung konzentriert war.

,,Hmm, vielleicht erzähle ich es euch später", antwortete ich, während ich die mit Blut verschmierte Serviette gegen eine neue austauschte. Die alte legte ich erstmal zur Seite. Mit der neuen Serviette tupfte ich ebenfalls leicht seine Nase ab. ,,Die Blutung hat schon fast aufgehört", murmelte ich.

Nun bemerkte ich, dass ich halb auf seinem Schoß saß. Wann war ich ihm denn so nahe gekommen? Mein Gesicht lief leicht rot an, und ich stand mit den Worten ,,Es hat aufgehört", hektisch auf und wollte Abstand nehmen.

Jedoch wurde ich daran gehindert, als Taehyung mich am Handgelenk festhielt. Intensiv sah er mir in die Augen. ,,Danke fürs Verarzten. Und mach dir keinen Kopf wegen der Sache von vorhin. Ich bin dir nicht böse. Wirklich nicht."

"Danke." Erleichtert, dass ich nicht alle Chancen verspielt hatte, lächelte ich ihn breit an, was er sofort erwiderte. ,,Urgh, nehmt euch ein Zimmer", rief Mike.

Peinlich berührt drehte ich mich schnell um und löste mich von Taehyungs warmem und herzlichem Blick, während er mich angelächelt hatte.

Mein Blick fiel auf die Servietten. Ruckzuck sammelte ich sie ein und wollte sie in den Mülleimer werfen, der hier irgendwo versteckt sein musste.

Doch Yuna nahm mir schnell die Servietten aus der Hand, bevor ich nachfragen konnte, wo sich der Mülleimer befand. ,,Ich mache das schon", sagte Yuna und ging mit ihnen zur versteckten Mülltonne, die sich in der Küche befand. Keine Minute später kam sie zurück.

,,Alex, ist wirklich wieder alles gut?", fragte Bianca zaghaft und spielte leicht nervös mit einer ihrer Haarsträhnen. ,,Ja, wirklich", antwortete ich ihr und lächelte beruhigend, um sie zu überzeugen.

,,Na, dann schieß mal los, Alex. Was hast du Schlimmes geträumt, dass du dachtest, ich wäre tot?", erklang die neugierige Stimme von Xenia.

Ich erzählte ihnen, was ich geträumt hatte. Hier und da erntete ich einige Lacher von ihnen. Doch einige Punkte des Traums verschwieg ich bewusst, denn sie waren mir einfach zu peinlich, besonders vor meinem Schwarm, um zuzugeben, dass ich romantische Gefühle für ihn hege. Dabei wusste ich nicht, wie es bei ihm aussah. In diesem Punkt hatte mich der Traum doch etwas sehr verunsichert.

Als ich geendet hatte, schwiegen wir. Doch Bianca durchbrach die Stille. ,,Glaubst du wirklich, wir wären dazu im Stande, so etwas zu tun?"

,,Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich mich von ihnen hier...", Xenia zeigte in die Runde,
,,...überwältigen lasse."

,,Pahh, wenn ich es wollte, könnte ich es", sagte Bianca brummend zu Xenia und sah sie herausfordernd an. ,,Versuchs doch."

Ich versuchte das Gerangel, das zwischen den beiden jetzt entstand, zu ignorieren. Unauffällig schielte ich zu Taehyung. Sein Kiefer hatte er angespannt aufeinander gepresst. ,,Tae? Alles gut?", fragte ich ihn besorgt, denn einen so angespannten Gesichtsausdruck hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt bei ihm noch nicht gesehen. Auf meine Frage hin reagierte er nicht.

,,Tae?", versuchte ich es erneut und legte meine Hand auf seine Schulter. Er zuckte leicht zusammen, sah mich dann aber direkt an. ,,Was?", fragte er leicht verwirrt.

,,Ich habe dich gefragt, ob alles okay ist."

,,Ja, alles gut. Ich glaube, ich bin nur etwas müde. Am besten gehe ich hoch und schlafe", sagte er, stand auf und verschwand aus dem Zimmer. Besorgt sah ich ihm hinterher. ,,Habe ich irgendwas Falsches gesagt oder getan?", fragte ich mich in Gedanken.

Cinderella?! Really?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt