Nach und nach suchte mir Xenia passende Kleidung raus und drückte sie mir in die Hände. Als sie der Meinung war, fertig zu sein, bugsierte sie mich in eine der Umkleidekabinen.
Schnell zog ich mich um und betrachtete mich im Spiegel.Ich trug eine weiße Hose, an der am rechten Fußende eine goldene Verschnörkelung war, ein weißes Hemd und darüber eine schwarze majestetische Jacke, die nach unten zu in das Lilane überging. Sie reichte mir bis zu den Waden und war zusätzlich mit ein paar dezenten goldenen Verzierungen versehen. Um die Schultern herum trug ich locker einen blass durchsichtigen Schal. Diesen war an der rechten Schulter der Jacke mit einer goldenen Brosche befestigt. In der Mitte der Brosche war ein großer lilaner Stein, der wunderschön glänzte. Die Farbe erinnerte mich sehr stark an Lavendel.
– Und Lavendel widerum erinnerte mich an meine Mutter. Sie hatte diese Pflanze geliebt, sehr sogar.Jeden Sommer hatte sie die Pflanze damals in ihren Garten gepflanzt. Selbst als sie krank wurde. Heutzutage tat ich es ihr zur Liebe immer noch. Auch wenn meine Stiefmutter nicht so begeistert davon war. Meine Stiefmutter und Clara nannten es Unkraut. Aber zum Glück entfernten sie die Pflanze nicht. Vielleicht hatten sie Angst vor den Bienen und Wespen, die sich ab und zu mal drauf absetzten, ehe sie weiter ihre Runden flogen.
„Alex?“, riss Xenia mich aus meinen Gedanken, „Bist du fertig? Du bist jetzt schon echt lange da drin.“
„Sorry, war in Gedanken“, antwortete ich, öffnete den Vorhang und trat heraus.
„Und wie findest du's?“Ich bekam keine Antwort.
Genauer gesagt stand vor mir eine erstarrte Xenia und schaute mich mit großen glänzenden Augen und mit einem weit geöffneten Mund an.Leicht kicherte ich, trat auf sie zu, schloss mit zwei Fingern ihren Mund und sagte: „Vorsicht, sonst schwirren noch Fliegen hinein.“ Ich grinste sie belustigt an.
Xenia fing sich recht schnell wieder und rief begeistert: „Wow! Du siehst Bombe aus! Das kaufen wir! Keine Widerrede!“
Nachdem ich wieder meine Alltagskleidung angezogen hatte, sah ich aus dem Augenwinkel noch etwas Besonderes: eine wunderschöne weiße Maske, die nur die Hälfte des Gesichtes bedecken würde. Schnell schnappte ich sie mir und wir bezahlten alles an der Kasse. Jeder von uns beiden war froh, etwas Passendes gefunden zu haben.
Zufrieden verließen wir den Laden und schlenderten direkt auf die Eisdiele gegenüber zu.
Wir saßen dort eine Weile, aßen unser Eis und unterhielten uns. Xenia hatte einen Bananensplit und ich aß einen Schokobecher.
Auf einmal piepte mein Handy.
Hatte mir Taehyung wieder geschrieben?Nein - es war Bianca. Echt jetzt? Meine Schwiegermonster schrieben mir nur, wenn sie was von mir wollten. Also stand wieder irgendeine Aufgabe an. Genervt klickte ich ihre Nachricht an und öffnete sie.
"Alex"Da stand nur mein Name. Komisch. Wieder piepte mein Handy.
"Es tut mir leid"
Ich stutzte. Was sollte das jetzt? Es piepte wieder.
"So leid"
Ich schrieb zurück: "Wovon redest du? Was tut dir leid?"
"Alles."
Das war genug. Ich entschuldigte mich bei Xenia und ging kurz die Straße entlang zu einer ruhigen Ecke. Dann rief ich Binca an.
Ihre Stimme klang überrascht
„Alex? Warum rufst du mich an?“
„Du sprichst in Rätseln. Ich verstehe gar nichts. Was tut dir denn genau leid?“
Kurz schien sie zu überlegen. Dann antwortete sie.
„Okay... es muss raus. Ich will es auch nicht länger mit mir herumtragen.
Wie ich dich behandle tut mir leid. Wie Clara dich behandelt, wie Mama dich behandelt, wir alle einfach. Vor allem ich. Das ist falsch.“Ich blinzelte überrascht. Das waren ja ganz neue Töne, aber sie klangen zugegebenermaßen ehrlich. Ich wusste nicht so recht, wie ich darauf reagieren sollte. Gerade rang ich nach Worten, da sagte Bianca es:
„Ich... Ich liebe dich, Alex.“
Mir stockte der Atem.
„Du... was??!“
"Ich liebe dich! Scheisse verdammt, endlich ist es raus!"
Ich traute meinen Ohren nicht. Dann aber fügte sich alles zusammen.
„Dann hast du mir den Brief geschrieben? Den, den ich in meiner Schultasche fand...“„Ja... ach Mist, ich wollte es dir auf dem Schulball gestehen, ganz romantisch... dich maskiert zum Tanz auffordern... dann mit dir nach draußen gehen und dann“
„Warte, warte... einen Moment. Das geht mir alles zu schnell. Also nochmal, du liebst mich?“
„Ja. Schon sehr lange.“
„Aber... warum machst du dann mit bei der ganzen Unterdrückung zuhause?“
„Ach, ich mach das doch nur halbherzig. Clara weiß, dass ich dich gar nicht hasse, aber sie zwingt mich, den Mund zu halten und dich mit zu hänseln und rumzukommandieren. Sonst lässt sie mich bei Mama auffliegen und die hasst dich. Mehr noch als Clara. Ich glaube, Clara hasst dich eigentlich nicht so sehr, wie sie tut.“
„Das kann ich kaum glauben.“ entgegnete ich Bianca.
Sie seufzte und fuhr fort:„Naja, Mama hat uns schon seit dein Papa tot ist darauf eingestimmt, dir die Hölle heiß zu machen. Uns geschlagen, als wir sagten, daß wir dich mögen. So, dass wir wirklich zornig auf dich wurden. Bei mir hat das zum Glück nicht lange gehalten. Aber bei Clara hat Mum ganze Arbeit geleistet.
Weißt du, Mama hat damals deinen Papa nur geheiratet, weil sie halt total auf ihn stand. Wollte aber eigentlich kein Kind, das nicht ihr eigenes Fleisch und Blut ist. Dann starb er und nun hat sie dich 'am Hals, für nichts und wieder nichts', wie sie es immer ausdrückt.“„Na toll. Das erklärt einiges. Tut mir leid für euch...“
„Danke. Aber das wird sich jetzt eh ändern. Ich werde das nicht mehr zulassen! Ich werde ab jetzt zu dir stehen, das verspreche ich dir! Ich liebe dich schon so lange, du hast ja keine Ahnung. Ich habe sogar einen Schrein für dich gebaut, in meinem kleinen Schrankzimmer und...“
„Bianca. Warte, ich glaube, wir sollten da erst mal etwas klär- äh, hast du gerade gesagt, ein Schrein?“
„Ja!“, sagte sie begeistert und hörbar erleichtert, endlich alles erzählen zu können, „Mit Fotos von dir und einer Strähne und einem Kaugummi, den du mal im Mund hattest und“
Mir wurde ganz mulmig. Das nahm langsam sehr bedenkliche Züge an.
„Bianca...“„Komm nach Hause, Alex. Ich bin verrückt nach dir, hörst du?" Ihre Stimme erlangte an Volumen, sie war wie in einem Rausch. „Endlich ist es raus! Jetzt, wo ich mich dir offenbart habe, können wir endlich zusammen sein. “
„BIANCA!!!“ schrie ich, Entsetzen war meiner Stimme zu entnehmen.Für einen Moment war es still.
Dann fragte sie zaghaft und erschrocken „...Ja?“
„Du bist meine Schwester! Das... das geht doch gar nicht.“
„Na und? Schnickschnack! Wir sind nicht blutsverwandt. Ich habe mich genauestens informiert:
Für Stiefgeschwister ohne gemeinsamen Elternteil ist eine Ehe rechtlich bedenkenlos möglich.“„Ehe?? Okay, wir sollten hier mal gewaltig auf die Bremse treten! Das... “
„... Hat noch Zeit. Du hast ja recht. Aber der Rest muss nicht mehr warten! Komm nach Haus. Ich will dich, Alex! Komm zu mir und du kannst mit mir machen, was du willst!“Ich schluckte. Das musste jetzt und hier ein Ende finden!
„Bianca, ich bin schwul."Stille.
„... Wa... Was?“
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Cinderella?! Really?!
Teen FictionEine moderne Cinderella Story, nur andersrum und etwas anders: Textausschnitt: ,,Cinderella?! Really?! Ich werde aber kein Kleid anziehen!" Ernst schaute Xenia mich an:,,Doch natürlich! Und du bekommst eine Krone aufgesetzt und ein Zauberstab in di...