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Xenia folgte mir und schloss hinter uns die Tür. Ein kurzer Blick verriet, dass wir uns im hauseigenen Fitnessraum befanden.
Man, hatten die Kohle! Es standen mindestens acht Geräte in dem Raum und eine lange Wand war in kompletter Länge mit einem großen Spiegel versehen. Für einen flüchtigen Moment stellte ich mir Taehyung mit Hanteln in den Händen vor dem Spiegel vor und wie sich sein kräftiger, schwitzender Körper darin spiegelte, während er Übungen machte ...

Ich schloss die Augen und fasste mich. Konzentration! Die Lage war ernst, es war der falsche Zeitpunkt für feuchte Fantsien.

Ich blickte sauer in Xenia's Gesicht.
Sie stand breitbeinig da, die Arme verschränkt.
„Sorry, ich weiß, du wolltest ʼnen ruhigen Abend, aber die Gelegenheit konnte ich einfach nicht sausen lassen. Ich hab die Schnauze voll davon, wie dich deine Monsterfamilie behandelt! Diese Bianca wird sich von nun an jedenfalls drei mal überlegen, ob sie dich noch mal mobbt.“

Oh nein, dachte ich und Entsetzen machte sich in mir breit. „Was ... was genau hast du getan?“
Xenia lachte gemein. Sie schien sehr stolz auf sich zu sein.

„Also zuerst habe ich sie angeflirtet und musste feststellen, dass sie ein ziemliches Mauerblümchen ist. Ich bin mir nicht mal sicher, ob die überhaupt schon mal mit jemanden im Bett war. Aber sie drückte mich auch nicht weg und schien unsere Nähe zu mögen. Also hab ich mich ein wenig sexy an sie rangeschmiegt und siehe da, das hat sie schneller atmen und zittern lassen. Ich glaube, ich hab geschafft, sie richtig zu erregen. Die war völlig überfordert und sprachlos. Wusste gar nicht, wie ihr geschah.“
Xenia lachte wieder. 'Völlig überfordert und sprachlos' traf auch auf mich zu. Während die Gedanken in mir rasten, fuhr Xenia fort.

„Dann hab ich sie gefragt, ob sie je ein Mädchen geküsst hat. Sie sagte nein und dass sie das noch nie in Erwägung gezogen hätte. Ich beugte mich vor und fragte sie verführerisch flüsternd, ob sie mich denn küssen würde, um es mal auszuprobieren. Man, ich konnte genau fühlen, wie ihr Herzpochen immer schneller wurde! Ich hab mich dann zurückgelehnt und ihr in die Augen gesehen. Sie hat ganz zaghaft 'Okay' geantwortet. Dann habe ich mich sehr langsam ihren Lippen genähert. Die Stimmung erreichte ihren Höhepunkt. Sie öffnete ihren Mund und ich war so nah, ich konnte ihren Atem bereits schmecken... Da packte ich sie mit aller Gewalt am Kragen!“
Ich schluckte und ahnte, was nun kam.

„Ich meine, sie sieht echt gut aus und riecht verlockend, das muss man diesem Ekel lassen. Am liebsten hätte ich ja auf mein Vorhaben verzichtet und sie wirklich geküsst. Aber du gehst vor“, erzählte Xenia weiter und ihr gruseliges Grinsen erschien wieder in ihrem Gesicht. „Also habe ich sie angefaucht und gesagt: 'Ha! Das hättest du wohl gern! Glaubst du, ich weiß nicht, wie du deinen Bruder, - meinen besten Freund! - behandelst? Wenn du ihn nicht ab sofort in Ruhe lässt, dann jag ich dich und zerkratz dir das Gesicht, du Bitch!!!“
Xenia lies ein triumphales Lachen folgen. Mir war übel geworden.

„Xenia ...“, stammelte ich.
Aber sie überhörte mich und fuhr fort: „Mensch, du hättest sie sehen sollen! Eine Scheißangst hat die gekriegt! Sie hat dann versucht, was zu sagen, dazu lies ich es gar nicht kommen. Hab ihr gesteckt, dass sie sich ihre Ausreden sparen kann! Dann hab ich sie an die Klamotten hinter ihr gedrückt und gefaucht: 'Komm Alex zu nahe und ärgere ihn irgendwie und ich mach dich fertig! Und dann fahre ich mit dir im Sommer Schlitten! Und dass du mich nicht missverstehst – DU wirst der Schlitten sein! Hast du mich verstanden??' Sie jammerte dann so 'J-ja ' und ich fauchte sie an wie ein Berglöwe: 'Ob du mich verstanden hast!!' und sie stammelte noch ein Ja, völlig am Ende und eingeschüchtert. Dann hab ich ihr gesagt, sie kann sich jetzt verpissen und das war's dann auch schon. – So, und nun kommst du. Ich erwarte ein 'Sorry' und ein dickes, fettes Dankeschön.“

„XENIA!“, schrie ich sie an und sie fuhr erschrocken zurück. „Sie hat sich bereits bei mir entschuldigt!!!“
Xenia blinzelte überrascht mit den Augen. „Was?“
„Ja, und gelobt, mich in Ruhe zu lassen ...“
  
„Oh FUCK!“, sagte Xenia entsetzt. „Und du hast mir nichts davon erzählt?!“

„Naja, es war erst heute... vorhin, der Anruf, für den ich kurz wegging. Es war alles so verwirrend.“
„Verwirrend?“
Ich nickte. „Erzähl das bitte niemandem weiter –“, sagte ich und flüsterte dann: „Sie hat mir auch ihre Liebe gestanden.“
Xenia's Kinn fiel weit nach unten.
„Jetzt verarscht du mich aber!“ , sagte sie geschockt. Sie kannte mich und ahnte bereits, dass ich über so etwas nicht scherzte.
Ich schüttelte den Kopf. Dann erzählte ich Xenia genau, was Bianca zu mir gesagt hatte, wie verzweifelt und bereuend sie klang. Wie sie am Boden war, nachdem sie von mir einen Korb bekommen hatte. Xenia's Gesicht verlor zunehmends an Farbe.
„Scheiße!“, fluchte Xenia mit Reue in ihrer Stimme und wandte sich zur Tür. „Ich muss sofort mit ihr reden!“

Dann verließ sie das Zimmer und ich folgte ihr. Während wir uns nach dem Badezimmer umsahen murmelte sie:„Die hat schon einen Horrortag hinter sich und ich habe sie auch noch fertig gemacht. Fuck!“

Cinderella?! Really?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt