Erschöpft saß ich auf dem Boden des kühlen Kellers. Meine Pobacken fühlten sich kalt an. Ich bewegte meinen Rücken immer wieder nervös an der Wand gelehnt, da mir jede Position, die ich ausprobierte, unbequem vorkam.
"Du könntest dich auf meinen Schoß setzen. Wäre sicher angenehmer. Eine Frau wie du sollte nicht auf dem Boden sitzen müssen", sprach Serafino mir zu, der einige Meter vor mir immer noch auf dem Stuhl gefesselt saß. Er grinste überheblich. Die dunklen Haare fielen ihm seitlich über die Stirn. Getrocknetes Blut haftete auf seinen Lippen. Ich starrte ihn wütend an, machte mir jedoch nicht einmal die Mühe, ihm etwas darauf zurückzugeben. Er hatte genauso wenig eine Ahnung davon, was für eine Frau ich war, wie der Rest meiner Familie.
Niedergeschlagen blickte ich zu der Lampe über ihm. Sie gab nur wenig Licht her, allerdings reichte es aus, um den gesamten fensterlosen Raum betrachten zu können. Farblos und dazu gemacht, sich unwohl zu fühlen.
Unbewusst fing ich an, über mein Handgelenk zu kratzen. Immer mehr Nervosität nahm mich ein. Diese wurde allerdings nicht von Serafinos Anwesenheit ausgelöst, sondern von dem, was zuvor oben vor sich ging.
So viele Lügen, dass die Wahrheit kaum noch zu erkennen war. Selbst wenn ich über alles konzentriert nachdachte, fügte sich nichts mehr richtig zusammen. Vollkommenes Chaos, welches mich in einen Strudel von Hass und Unverständnis eingenommen trieb.
Mein Onkel, selbst ernannter Jäger, verwandelte sich vor meinen Augen in einen Mann, der seine eigene Mutter getötet hatte. Mein Vater - ein Zuhälter, der meine Mutter verkaufen wollte. Dario ihre Affäre ...
Wer wusste schon, welch Geheimnisse sich noch in meiner Vergangenheit befanden. Ich wollte es unbedingt wissen. Grenzenlose, unstillbare Neugier nahm mich ein - doch auch beängstigende Zweifel. Zweifel daran, ob ich ihnen überhaupt noch in die Augen sehen könnte, sobald die gesamte Wahrheit ausgesprochen werden würde.
"Warum machst du das? Du hast das gar nicht nötig." Irrtiert blickte ich zu Serafino auf. Seine Stimme klang müde. Er nickte zu meiner Hand, zu welcher ich daraufhin herabsah. Meine Haut blutete leicht, doch es würde keine Narbe zurückbleiben. Zu schwach waren meine Nägel, die ein letztes Mal über die roten Stellen fuhren. "Seit wann machst du das?"
"Was interessiert es dich?!", zischte ich erbost darüber, dass er mich aus meinen Gedanken riss. Ich verschränkte meine Arme abwehrend und verdrehte meine Augen.
"Interesse wäre das falsche Wort. Sagen wir, ich habe heute Nacht einfach nichts besseres mehr zu tun, als mich mit dir zu unterhalten."
"Ich möchte mich aber gar nicht mit dir unterhalten. Schon mal daran gedacht?"
"Warum bist du dann hier?", entgegnete er mir legte ein verspieltes Grinsen auf. Ich wich seinen dunklen Augen aus und sah zur Wand neben mir. "Immerhin könntest du jetzt oben in deinem bequemen Bett liegen. Du könntest es leichter haben. Mich einfach hier sitzen lassen und-"
Ein Auflachen entkam mir, welches ihn unterbrach. Er mahnte mich mit seinen Blicken. Ich wusste, er hasste es, unterbrochen zu werden. Umso mehr reizte es mich, ihm ins Wort zu fallen.
"Und dann? Dann liege ich oben in meinem Bett und breche damit deinen scheiß Vertrag. Morgen früh bekommt meine Familie die Konsequenzen."
Unsere Blicke trafen sich. Ich legte eine ausdruckslose Miene auf. Er musterte mich, als würde er mich durchschauen wollen. Als würde er versuchen, meine Gedanken zu lesen. Intensiv und eindringlich. Es dauerte, bis er sich etwas zurücklehnte, um tief durchzuatmen. Anschließend nickte er zum dunklen Gang neben uns.
"Du musst nicht hier bleiben. Ich erlaube dir alleine zu schlafen."
"Du erlaubst es mir?", wiederholte ich ihn mit einem von Wahnsinn gezeichneten Lächeln. Ich schüttelte von dieser Absurdität verärgert meinen Kopf und blickte ebenfalls zum Gang. Dieser löste plötzlich Panik in mir aus. Wie sollte ich meinem Vater gegenüber treten? Es kam mir unmöglich vor. Ich wollte mich ihnen nicht stellen nach diesem hitzigen Gespräch. Zumindest noch nicht.
DU LIEST GERADE
Lies from my bodyguard | Band 2
RomanceEin wir? Das gab es nie. Wir waren nie wirklich ein wir. Es gab nur dich. Dich und deine Lügen. Und mich, die naiv genug war, sich blenden zu lassen. Blenden zu lassen von deiner Art, mit mir umzugehen. Du nahmst mich so, wie ich war. Wolltest mic...