Müde und erschöpft öffnete ich meine Augen. Die Sonne strahlte durch die hellen Vorhänge. Der Geruch von Weichspüler wehte mir in den Verstand. Meine Mutter hatte mein Bett frisch überzogen, kurz nachdem ich entführt worden war. Vermutlich verbrachte sie ihre Zeit, in der ich weg war, hier in meinem Zimmer, denn auch ihr Duft lag in der Luft.
"Guten Morgen."
Genervt erhob ich meinen Oberkörper und sah herab zur Seite. Serafino lag auf einer aufblasbaren Matratze etwas weiter weg von meinem Bett. Seine Hände waren erneut von Handschellen umgeben und ein Bein hatte mein Onkel Cecilio an meinen Schreibtisch gefesselt. Er konnte mir nicht zu nah kommen. Dies machte das Einschlafen erträglicher und doch, wollte ich ihn nicht länger als nötig in meiner Nähe haben.
"Es wird keinen guten Morgen mehr geben, solange deine Fresse das erste ist, was ich ertragen muss!" Wütend riss ich meine Decke beiseite und erhob mich aus dem Bett. Ich drehte mich zu meinem Kleiderschrank. Spürte dabei seine Blicke auf meinem Rücken. Es machte mir nichts aus, nur in einer kurzen Shorts und Tanktop vor ihm zu stehen. Es verunsicherte mich erst, als ich mich flüchtig zu ihm drehte und sein intensiver Blick auf meinen Beinen lag. Die Vorstellung ihm den Hals umzudrehen reizte mich. Jedoch erklärten Dario und Cecilio mir letzte Nacht nochmal eindringlich, wie wichtig es für die Familie wäre, mich erst einmal zu fügen.
"Irgendwann wirst du dich an mich gewöhnt haben und sobald du mir ein ehrliches Lächeln schenken wirst, rammt sich der Dolch noch tiefer in das Herz deiner Mutter."
Seine Augen schweiften über meinen Po bis nach oben in mein Gesicht. Er legte ein gefährliches Schmunzeln auf. Die Sehnsucht nach Rache zierte seinen Ausdruck. Ich wandte mich rasch ab. Aus meinem Schrank schnappt ich mir eine schwarze Jeans und ein weißes Shirt, ehe ich mich erneut zu ihm drehte. Dieses Mal wollte ich ihm allein mit Worten wehtun.
"Ach, Serafino", sprach ich gespielt mitleidig und lief langsam auf ihn zu. Von oben herab grinste ich ihm triumphierend entgegen. "Meine Mutter wird diesen Dolch überleben. Dein Vater kommt aber trotzdem nicht wieder zurück unter die Lebenden. Er wird dir nie sagen können, wie stolz er auf dich ist, ganz gleich wie sehr du danach strebst, ihm nachzueifern. Traurig, oder."
Seine Gesichtszüge erstarrten für den Bruchteil einer Sekunde. Ich spürte, dass er innerlich nicht damit umzugehen wusste. Nicht wusste, wie er mit dem Schmerz umgehen sollte. Doch genau das war mein Ass im Ärmel. Er wollte mich benutzen? Meiner Familie weh tun? Dann sollte er sich darauf gefasst machen, dass auch ich mit Messern umzugehen wusste. Seine Hände pressten sich fest zusammen. Ich musterte die Tattoos auf ihnen. Sah seinem Brustkorb dabei zu, wie er hob und sank. Dabei fiel mein Blick auf die Linien an seinem Hals.
"Hast du auch Tattoos für einen Vater auf der Haut? Hast du dir die Fetzen seiner Erinnerung mit Nadeln einstechen lassen, um ihm gerecht zu werden?"
Schnell legte er ein Lächeln auf. Viel zu sehr bedacht darauf, mir seine Verletzlichkeit nicht zu offenbaren. Ich grinste ebenfalls. Meine Freude war jedoch nicht gespielt wie seine. Ich wusste, dass ich einen wunden Punkt getroffen hatte.
"Entschuldige mich. Ich gehe jetzt frühstücken."
Mit meiner frischen Kleidung in der Hand, drehte ich mich zur Tür und kehrte ihm den Rücken zu. Ich dachte, ich hätte ihn sprachlos gemacht. Ihn wenigstens für einige Stunden dazu gebracht, mich in Ruhe zu lassen. Doch dem war nicht so.
"Kriege ich keinen Kuss?"
Ich warf einen warnenden Blick über meinen Schulter. Kurz betrachtete ich die Fessel um seinen Fuß. Schweifte über seine schwarze Jogginghose bis hoch zu seinem weißen T-Shirt. Seine Hände lagen ruhig in den Handschellen auf seinem Bauch.
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Lies from my bodyguard | Band 2
RomanceEin wir? Das gab es nie. Wir waren nie wirklich ein wir. Es gab nur dich. Dich und deine Lügen. Und mich, die naiv genug war, sich blenden zu lassen. Blenden zu lassen von deiner Art, mit mir umzugehen. Du nahmst mich so, wie ich war. Wolltest mic...