"Es ging alles so schnell. Serafino veränderte sich. Ich glaube rückblickend, dass er eine Obsession entwickelt hat. Er kam mir aggressiv vor. Vollkommen wahnsinnig. Von jetzt auf gleich."
Frisch geduscht saß ich im Bademantel auf einem Sessel in diesem sonst spärlich eingerichteten Hotelzimmer. Mein Onkel Cecilio saß mir gegenüber. Er wollte alles genau wissen. Wollte wissen, was auf der Insel passiert war. Ich versuchte es so gut es ging zu erklären.
"Von einer Angestellten habe ich die Wahrheit erfahren. Ich hab erfahren, dass er mich wirklich isolieren wollte. Das er mir nur vorgespielt hatte, mich zu mögen. Dass alles geplant war. Von Anfang an. Selbst Malinos Unfall war nur von Serafinos Taten ausgelöst worden."
Erste Tränen stiegen in meine Augen. Die Dusche tat mir gut. Ich sah die Dinge klarer.
"Dann-", schluchzte ich überfordert und blickte meinem Onkel tief in seine Augen. Er sprach kaum mehr ein Wort, seit er mich gefunden hatte. Er gab mir Raum, wie ich es brauchte und wartete, bis ich bereit war, mich zu öffnen. Ich schämte mich vor ihm schwach zu wirken, doch ich konnte meine angestauten Gefühle nicht mehr zurückhalten. "-habe ich sie getötet."
Als ich die Worte aussprach, spürte ich erneut den Griff des Messers in meiner Hand. Ich stand ruckartig auf und schnappte nach Luft.
"Ich hab sie getötet und es kommt mir vor, als hätte ich mich in einem Film befunden. Es kommt mir nicht echt vor. Ich fühle mich nicht wie jemand, der getötet hat! Ich fühle gar nichts Cecilio!", wurde ich immer lauter, während immer mehr Tränen meine Wangen herabliefen. Er saß einfach nur da und schwieg. Sein Verhalten machte mich wütend. "Warum sagst du nichts! Du solltest mich anschreien! Mir erklären, wie falsch es ist, Menschenleben zu beenden! Du solltest mich dafür bestrafen! Stattdessen sitzt du da und tust so, als hättest du nichts falsch gemacht! Doch du hast mich im Stich gelassen! Du hast mich allein gelassen!"
Meine Unterlippe zitterte. Wie ein Reflex legten sich meine Finger an mein Handgelenk. Nervös begann ich an diesem zu kratzen. Erst, als Cecilio sich erhob, stoppte ich und sah zu ihm auf.
"Dein Opa ist gestorben. Dein Bruder liegt im Koma. Du wurdest gezwungen zu heiraten, während dir jeden Tag mit dem Leben deines kleinen Bruders gedroht wurde. Dann bist du auf einer Insel. Isoliert von allen anderen und erfährst, dass alles die Schuld des Mannes ist, dem du für einen kurzen Moment vertraut hast." Er erklärte es so, als würde er es selbst ordnen wollen. "Es ist vollkommen normal, dass du nichts fühlst. Ein Verstand braucht Zeit, um Geschehens zu verarbeiten. Kinder, die in schlechten Verhältnissen aufwachsen. Geschlagen und missbraucht werden - die lieben ihre Eltern trotzdem. Erst, wenn sie älter werden, begreifen sie, was passiert ist und wie falsch es war. Ein Trauma kommt, wenn der Verstand begreift, was deinem Körper wiederfahren ist."
"Also war es doch falsch, diese Frau zu töten?"
"Nein, aber ich verspreche dir, dass du damit zu kämpfen haben wirst. Du wirst sie sehen und hören, wenn du die Augen schließt."
Ich nickte und wischte meine Tränen weg. Cecilio trat an meine Seite und musterte mich nachdenklich.
"Aber Wut war nicht der Grund, warum du sie getötet hast, oder?"
"Nein", gab ich zu und schüttelte meinen Kopf. "Sie hat mir ein Geheimnis verraten und ich wollte nur verhindern, dass Serafino davon erfährt."
"Dass er eine Tochter hat?"
Verwundert starrte ich Cecilio an. Dieser atmete tief durch und lief an mir vorbei zur Minibar des Zimmers. Er holte zwei Flachmänner heraus, von denen er mir einen reichte. Ich nahm diesen an mich und öffnete den kleinen Deckel.
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Lies from my bodyguard | Band 2
RomanceEin wir? Das gab es nie. Wir waren nie wirklich ein wir. Es gab nur dich. Dich und deine Lügen. Und mich, die naiv genug war, sich blenden zu lassen. Blenden zu lassen von deiner Art, mit mir umzugehen. Du nahmst mich so, wie ich war. Wolltest mic...