"Sie sind bereits gegangen, Signora."
Verblüfft starrte ich den Mann vor mir an. Anschließend spähte ich an ihm vorbei zum Eingang der Gebäudes, in dem die Gala stattfand.
"Das ist nicht möglich. Ich bin nur 20 Minuten weg gewesen. Sie hätten mich nicht alleine gelassen."
"Du hast sie doch gebeten, Ruhe haben zu wollen", mischte sich Serafino ein. Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu. Er legte ein Lächeln auf. Lehnte sich dabei mit dem Rücken an das Geländer, um amüsiert an mir vorbei zur dunklen Straße zu sehen.
"Wie gesagt. Sie sind gegangen."
Ich verdrehte genervt meine Augen. Innerlich brodelte ich vor Wut. Ja, ich hatte sie quasi dazu gezwungen, mich alleine zu lassen. Es schmerzte trotzdem, dass sie nicht länger darauf gewartet hatten, ob ich zurückkehren würde.
"Na dann. Tschüss", erwiderte ich dem Typen mit bissigem Unterton. Mein Kleid hob ich leicht an, um elegant die Treppen runter zur Straße zu laufen. Natürlich folgte Serafino mir. Wie eine streunende Katze, die penetranter nicht hätte seien können.
"Ist dir bewusst-"
"Halt den Mund!", rief ich über meine Schulter hinweg und überquerte die leere Straße, um zur anderen Seite zu kommen. Ich hörte weiter entfernt Autos. Lauschte nebenbei dem Wind und musterte die düstere Umgebung.
"Du-"
Als Serafino erneut etwas sagen wollte, blieb ich abrupt stehen. Ich drehte mich ohne Ausdruck zu ihm um. Er stoppte ebenfalls und wartete gespannt, was ich zu sagen hätte.
"Hör auf mit mir zu reden! Und hör auf mir zu folgen. Dein ganzer Plan fällt ins Wasser und es gibt nichts, was du noch tun kannst."
"Wie kommst du darauf, dass mein Plan ins Wasser fallen würde?" Selbstsicher kam er einen Schritt auf mich zu. Mein Blick fiel herab auf seine Hand. Er hob sie an, um mein Kinn zu umfassen. Ich reagierte ohne nachzudenken und schlug seine Hand beiseite. Erneut fixierte ich ihn wütend.
"Meiner Mutter bist du egal. Meinem Vater bist du egal. Die Einzige, die du mit deiner Anwesenheit belastest, bin ich! Ich habe aber weder dir, noch deinem Vater etwas getan! Also verpiss dich einfach! Wir lösen diesen dämlichen Vertrag auf und jeder kann sein Leben leben."
"Ist dir eigentlich bewusst, wer du bist?" Er stellte mir selbstsicher diese Frage, woraufhin ich ihn nur irritiert anstarrte. Erneut hob er seine Hand an, um sanft über meine Wange zu streichen. Ich zog meinen Kopf zur Seite und wehrte mich gegen seine Nähe.
"Ich weiß, wer ich bin!"
"Vielleicht wusstest du es mal", erwiderte er mir. Er nickte zu dem Gebäude, hinter sich. "Aber du hast dich verloren. Verloren in einer Familie, die dich behandelt, als wärst du ein bockiges Kind. Verloren wegen einem Mann, der dich nicht im Geringsten verdient hat. Ist dir bewusst, gegen wie viele Vertragsregeln du schon verstoßen hast?" Seine Augen fixierten mich, als er mir noch einen Schritt näher kam. "Mehr als genug. Doch ich sehe mehr in dir. Du bist kein Stück Papier mehr. Kein Druckmittel. Ich sehe dich als die Frau, die auch wirklich bist und obwohl ich ein echt beschissenes Schicksal hatte, empfinde ich im Moment mehr Mitleid mit dir, als mit jedem anderen."
Mir fehlten die Worte. Auch wenn ich ihm nie im Leben Recht geben würde, beschämten mich seine Aussagen. Noch nie musste jemand Mitleid mit mir haben, doch er empfand so. Wahrscheinlich sah mein Vater mich genauso und ließ mir deswegen keine Freiheiten was Männer anging.
"Halt einfach den Mund", gab ich Serafino patzig zurück und kehrte ihm den Rücken zu. Er umfasste meinen Unterarm, um mich wieder zu sich zu drehen.
"Merkst du nicht, dass wirklich alle dich hintergehen?"
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Lies from my bodyguard | Band 2
RomanceEin wir? Das gab es nie. Wir waren nie wirklich ein wir. Es gab nur dich. Dich und deine Lügen. Und mich, die naiv genug war, sich blenden zu lassen. Blenden zu lassen von deiner Art, mit mir umzugehen. Du nahmst mich so, wie ich war. Wolltest mic...