47 | Jet

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Elio lag da. Ich hörte die gleichmäßigen Schläge seines Herzens. Lauschte seiner Atmung und doch, konnte ich mich auf nichts wirklich konzentrieren.

"Ich hätte mitkommen sollen", flüsterte ich und nahm seine Hand fest in meine, um mit meinen freien Fingern durch sein schwarzes Haar zu streichen. "Euch kann man nie alleine lassen."

Ein trauriges Lächeln legte sich auf meine Lippen. Einerseits erleichterte mich die Tatsache, dass er lebte. Andererseits hatte ich Angst, sein Zustand würde sich nicht verbessern.

"Ich bin froh, dass du nicht dabei warst." Erschrocken drehte ich mein Gesicht zur Tür. Serafino lehnte in Türrahmen. Er trug ein schwarzes Shirt und eine Jeans dazu. Seine Haare gestylt zur Seite.

"Wage es doch nicht in sein Zimmer zu kommen", flüsterte ich ihm zu und wandte mich wieder Elio zu. Ich sah herab in sein Gesicht, dass so vieles von mir selbst widerspiegelte. Hörte dabei nicht eine Sekunde auf meine Finger durch seine Haare streichen zu lassen. "Er braucht positive Energie. Also warte draußen."

Serafino sagte nichts, doch ich hörte im nächsten Moment seine Schritte, die sich entfernten. Flüchtig spähte ich über meine Schulter. Der Türrahmen blieb leer zurück.

"Ich würde dich ja gerne bitten, endlich aufzuwachen, aber du weißt, ich zwinge dich lieber zu Sachen. Also, wach auf. Nicht morgen oder nächste Woche, sondern jetzt", sprach ich ausdrücklich zu ihm herab und starrte Anschluss auf den Monitor neben seinem Bett. Keine Veränderungen. Er hörte mich nicht, oder aber er war sauer, genau wie Malino, und ignorierte mich mit Absicht. "Du darfst mich sogar aufhalten Scheiße zu bauen. Ich höre auf dich. Dafür musst du aber zuerst wach werden, okay?"

Ich drückte seine Hand fest und spürte Tränen aufkommen. Schnell riss ich mich zusammen und ließ Elio los, um einen Schritt zurückzuweichen. Ich kam mir so dumm vor, nicht mehr tun zu können. Überfordert lehnte ich mich vor. Ich hauchte ihm einen Kuss auf seine Stirn und verließ das Zimmer. Draußen wartete Serafino bereits mit einem Kaffee in der Hand auf mich.

"Stalkst du mich?" Ich nahm den Kaffee und funkelte ihn wütend an.

"Was? Wie kommst du darauf?"

"Weiß nicht. Vielleicht, weil ich eigentlich in der Schule sein sollte. Wie kommt es also, dass du hier bist?"

Er hob eine Augenbraue an und kam mir einen Schritt näher.

"Die Schule hat angerufen. Ich habe nur vermutet, dass du zu deinem Bruder bist und wollte dich suchen."

"Wozu? Um mich weiter zu nerven?" Ich nahm einen Schluck meines Kaffees und ließ ich gar nicht erst antworten. Ich lief los an ihm vorbei in Richtung der Aufzüge.

"Um für dich da zu sein", hörte ich ihn hinter mir.

"Ich brauche niemanden. Ich bin kein Kind mehr!" Genervt von ihm und seiner Aussage drückte ich die Taste für den Aufzug. Nervös  kratzte ich an meinem Handgelenk. Serafino merkte es nicht, da ich den Becher so hielt, dass er es nicht sehen konnte.

"Ich habe dich nie als Kind gesehen." Mein Blick fiel zu ihm. Da war kein Anzeichen dafür, dass er sich über mich lustig machte oder log. "Für mich bist du die stärkste Frau, die ich je kennengelernt habe. Doch selbst die, die viel ertragen können, brauchen auch Mal Hilfe. Und wenn es nur jemand zum Reden ist."

"Ich will nicht mit dir reden", erklärte ich und hörte im selben Augenblick das Piepsen des Auszugs. Die Türen gingen langsam auf und ich trat ein, was Serafino mir gleichtat.

"Du hast Panikattacken."

"Ich hatte. Die Zeiten sind vorbei."

"Und das Aufschrecken nachts? Du knirschst mit den Zähnen. Du isst nichts und verschließt dich immer mehr."

Lies from my bodyguard | Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt