49 | Urlaub

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Ayaz Pov:

Ich konnte die letzte Nacht nicht schlafen. Nichtmal eine kurze Minute die Augen schließen. Ich sah nur sie. Sie in seinen Armen. Sie mit ihm in einem Bett. In seiner Nähe. Die Wut in mir stieg stetig, doch der Hass auf mich selbst überwog.

"Etwas Neues?", fragte ich an einen Kollegen aus dem Fitnessstudio gewandt. Er kannte sich auf der Straße aus. Konnte Menschen ausfindig machen, die nicht gefunden werden wollten. Ich hatte ihm gleich, nachdem ich von der Villa abhaute, Rizieros Namen gegeben.

"Nein, aber sowas dauert", antwortete er mir und zündete sich eine Zigarette an. Wir standen vor dem Studio auf dem Bürgersteig. Die Sonne knallte auf uns herab. Eine schwarz getönte Brille schützte mich nicht nur vor den Strahlen. Sie versteckte auch die dunklen Ringe unter meinen Augen.

"Sobald-"

"Sobald ich etwas höre, melde ich mich", gab er mir zurück. Ich nickte und wollte mich zum Gehen wenden, da umfasste er meine Schulter und hielt mich auf. Seine blauen Augen verengten sich, als würde er mich durch die Sonnenbrillen hindurch betrachten wollen. "Du musst schlafen Ayaz. Ich mische mich bei anderen nicht ein, aber du warst immer korrekt zu mir. Glaub mir. Schlaf reinigt deine Gedanken."

"Ich weiß", erwiderte ich ihm und gab ihm einem Handschlag. Er nickte und ich kehrte ihm den Rücken zu, um zu meiner Maschine zu laufen. Ich wusste weder ein - noch aus. Jagte einer Spur hinterher, die ins Nichts führte. Gino und Ludovica waren Geister. Mit ihnen zu sprechen würde nichts bringen. Dafür waren sie zu sehr von Elio und Malinos Schicksal eingenommen. Gino ließ seinen Frust im Club aus. Scheuchte dort die ganze Nacht wütend alle umher. Versuchte mit Alkohol seinen Schmerz zu lindern und stürzte sich bis morgens in Papierkram.

Ludovica - ein Schatten ihrer selbst. Sie sprach nicht. Auch nicht, als ich sie auf Nives ansprach. Der einzige, der mir helfen wollte, war Dario. Dieser rief Nives auch einige Male an. Es ging jedoch die Mailbox an. Sie war weg und nicht zu erreichen. Dieser Gedanke zehrte an meinen Nerven. Mittlerweile gab ich die Hoffnung auf eine Zukunft mit ihr sogar auf. Ich würde sie in Ruhe lassen. Akzeptieren, wenn sie mich nicht wollen würde. Hauptsache für mich war, sie würde zu ihrer Familie zurückkehren - und dieser Bastard aus ihrem Leben verschwinden.

Vollkommen überfordert fuhr ich die Straßen Palermos entlang. Ich überlegte, was ich tun sollte, entschied mich dann ihr nochmal zu schreiben. Ich hatte es bereits gestern Nacht versucht, doch es zeigte nur einen Haken an. Nach einigen tiefen Atemzügen hielt ich die Maschine am Rand der Straße an. Ich öffnete mein Visier und holte mein Handy hervor.

Es ist deine Entscheidung, ob du mir vergeben willst, oder nicht. Ich akzeptiere alles. Doch ich kann dich nicht bei ihm lassen. Ich kann nicht zusehen, wie du dich immer weiter entfernst. Bitte antworte mir! Antworte, ob es dir gut geht! Ich kann nicht leben mit dieser Ungewissheit.

Ich sendete die Nachricht ab und wartete einen Augenblick, ob zwei Haken erscheinen würden. Dies passierte allerdings nicht. Mein Herz zog sich beim Anblick der grauen Haken zusammen. Dieser Schmerz machte es mir unmöglich, klar zu denken.

Als mein Handy dann plötzlich vibrierte, hielt ich den Atem tief in meiner Lunge. Meine Hände zitterten und ich erhoffte mir das Beste. Es war allerdings nicht Nives, die geantwortet hatte, sondern eine Nummer, die ich nicht kannte.

Morgen Abend 23 Uhr am Ende des Parks.

Irritiert starrte ich die Nachricht an. Ich zögerte kurz, ehe ich die Nummer wählte und auf Lautsprecher stellte. Es ertönte einige Male das Geräusch des Anrufs, dann Stille.

"Hallo?", sprach ich und hörte die andere Person atmen. Der Anruf wurde beendet, bevor ich eine Antwort bekam.

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Lies from my bodyguard | Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt