34 | Richtig

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Gino pov

Wütend lief ich auf meinen Schreibtisch zu. Ich riss alles runter, sodass Papiere, Gläser und selbst ein Bild meiner Frau auf dem Boden landeten. Jede Faser meines Körpers schrie danach, diesen Bastard tot zu schlagen. Es war der einzige Gedanke, der mir übrig blieb. Dieses Verlangen zog bis in meine Fingerspitzen.

"Gino...", hörte ich Nunzios leise Stimme hinter mir, doch ich drehte mich nicht zu ihm. Jeder in meiner Nähe sollte schnell das Weite suchen. Solch einen Hass hatte ich noch nie zuvor im Leben gefühlt. Es zerriss mich von innen nach außen. Verdrängte all das Gute in mir. Allerdings galt mein Hass nicht Ayaz allein. Er galt auch mir selbst, denn ich hatte als Vater auf ganzer Linie versagt. Zuvor war mir dies nicht bewusst. Ich gab meinen Kindern Sicherheit. Geld. Auch Zuneigung und Liebe, wenn sie danach verlangten. Doch eines gab ich ihnen nicht. Die Gewissheit, mir vertrauen und mit mir reden zu können. Ich war kein sicherer Hafen für sie, wie es hätte sein sollen. Ich war die Flut, vor deren Einschlag sie sich fürchteten.

"Du musst-"

"Ich muss gar nichts!", unterbrach ich Nunzio, während ich mich zu ihm drehte. Er stand mit einem besorgten Ausdruck in der offen stehenden Tür. Ich starrte ihn fassungslos an, doch er wich mir aus. "Weißt du, was ich muss? Ich muss da runter und ihn töten! Danach Serafino! Erst dann, werde ich wieder klar denken können!"

Mein Körper bebte von all den Ereignissen überfordert. Nives hatte sich in ihn verliebt. Ihre Gefühle waren echt, sonst hätte sie es nicht Ludovica erzählt. Wie konnte ich so blind sein?! Wieso sah ich es nicht kommen?! Ich hätte es verhindern müssen. Er war kein Mafioso. Kein Mann, mit dem ich am Tisch sitzen wollte. Nur ein einfacher Soldat, der Befehle ausführte. Dazu sein Alter. 12 Jahre trennten sie beiden. Er nutzte sicher ihre Unerfahrenheit aus! Er manipulierte sie! Er war schuld, nicht sie.

Sofort, als mich diese Gedanken packten, lief ich zornig auf meine Tür zu. Ich würde ihn töten müssen, um Frieden zu finden.

"Hör auf!" Nunzio stellte sich mir in den Weg, doch ich schubste ihn zur Seite.

"Versuch nicht mich aufzuhalten!", mahnte ich ihn und sah ihm tief in seine Augen, um anschließend weiter zu laufen. Ehe ich allerdings um die Ecke zur Treppe abbiegen konnte, lief ich in jemanden rein.
"Dio Mio. Verpiss dich bloß!"

Er fehlte mir gerade noch. Wollte er diese Nacht auch draufgehen?!

"Nunzio, lass uns bitte alleine."

"Ich bleibe ganz sicher nicht mit dir alleine!" Erneut wollte ich an Dario vorbei, da schubste er mich plötzlich mit aller Kraft zurück ins Büro. Mit geweiteten Augen starrte ich ihn an. "Willst du gleich hier verrecken?!"

"Setz dich."

"Du kannst mich mal!", erwiderte ich zornig auf seine beschissene ruhige Art. Wie sehr ich es verabscheute... Wie sehr ich ihn verabscheute...

Nunzio verließ das Büro und schloss die Tür von außen, während Dario davor stand und mich ohne Ausdruck musterte. Ich suchte nach meiner Waffe. Tastete meinen Körper ab, doch mir fiel auf, dass Ludovica sie bei sich trug.

Verfickte scheiße!

"Sie hat dich angerufen oder?!", fragte ich voller Abneigung und krempelte zum zweiten Mal in dieser Nacht meine Ärmel hoch. Wenn er dachte, ich würde ein normales Gespräch mit ihm führen, täuschte er sich.

"Nein. Padre hat mich angerufen, nachdem er von Ludovica gebeten wurde herzukommen."

"Ach, so ist das. Wieder mal eine Einheit gegen mich gründen. So typisch für dich und Padre! Aber das hier geht euch einen scheiß an! Es ist meine Tochter und meine Entscheidung, was ich mit diesem Bastard da unten mache!"

Lies from my bodyguard | Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt