Schweigend saß ich neben Ayaz in seinem Wagen. Leise Musik drang aus dem Radio, während ich stur geradeaus blickte. Wir befanden uns nicht weit weg von der Villa. Obwohl ich mich an seiner Seite wohl fühlte, stand vieles weiterhin zwischen uns. Das Gefühl, hin und her gerissen zu sein, nahm mich immer mehr ein.
"Du hast mich gefickt", sprach ich das erste aus, was mir in den Sinn kam. Ich wollte dieses unerträgliche Schweigen endlich brechen, nachdem wir sicher schon 30 Minuten hier verweilten. Ich atmete tief durch. Spürte dabei seine Blicke auf mir. Jedoch starrte ich weiterhin in die Dunkelheit hinaus.
"Das ist deine Ansicht dafür, was gerade passiert ist?" Seine Frage kam mir vor, als wäre sie ein Vorwurf.
"Wie sollte ich es sonst sehen?", stellte ich ihm eine Gegenfrage und drehte mich ohne Ausdruck zu ihm. Er lehnte mit dem Rücken seitlich gegen seinen Sitz. Eine Hand lag am Lenkrad. Die andere ruhte auf seinem Oberschenkel. Ich versuchte seinen Augen auszuweichen. Als mir allerdings bewusst wurde, dass eine Aussprache sein musste, wandte ich meinen Blick auf. Sofort fixierten seine Augen die meinen. Er verengte seine ein klein wenig, als würde er sich auf etwas konzentrieren. Vielleicht wollte er auch nur anhand meiner Mimik deuten, ob ich meine zuvorigen Worte ernst meinte. "Du bist gekommen. Hast den Alkohol gesehen und dann-"
"Warte!", wurde er lauter und lehnte sich etwas vor, um mich noch intensiver zu betrachten. Sein Geruch strömte in meine Nase. Ich verzog keine Miene, obwohl er mir so vertraut war und ich am liebsten die Augen geschlossen hätte, um ihn zu genießen. "Willst du mir jetzt wirklich unterstellen, ich hätte dich ausgenutzt?"
Ich zuckte, stur und ignorant, wie ich so oft war, mit meinen Schultern. Ayaz schüttelte den Kopf und offenbarte mir einen Ausdruck, der mir an ihm vollkommen neu war. Abwertend und tief verletzt.
"Weißt du was, Nives?", fuhr er fort und nahm seinen Blick dabei von mir. Er legte seine Hände ums Lenkrad. War bereit zu gehen, während er durch die Windschutzscheibe auf die Straße starrte. "Ich bin zu dem verdammten Strand gekommen, um dir meine Situation zu erklären. Um dir zu erklären, wieso ich den Fehler gemacht habe, dir weh zu tun. Ich wollte es wieder gut machen, weil ich es nicht ertragen habe, ohne dich zu sein."
Flüchtig blickte er zu mir rüber. Er sah mich aber nicht an. Nur an mir vorbei, als könnte er meinen Anblick in diesem kurzen Augenblick nicht ertragen.
"Aber wenn du so von mir denkst, war alles umsonst. Das glaube ich aber nicht. Du wählst einfach nur den leichten Weg, so wie du es immer tust."
"Ich wähle den leichten Weg?", wiederholte ich ihn ungläubig, da nickte er und hob sein Gesicht an. Unsere Augen trafen aufeinander. Ich verlor mich in ihnen und vergaß für einen Moment, worüber wir überhaupt stritten ... bis er weitersprach.
"Es ist leichter, mich zu hassen, nachdem, was passiert ist. Leichter, als dir einzugestehen, dass du immer noch Gefühle für mich hast."
"Natürlich ist es leichter, Ayaz! Du solltest es doch am besten verstehen!" Ich erhob vor Überforderung meine Stimme und lehnte mich vor, um meine Hand auf seine zu legen. Er ließ das Lenkrad los. Umfasste meine Hand mit seiner, woraufhin ich mit meinem Daumen über seine Haut strich. "Wie soll ich damit umgehen, außer mit Hass und Wut?! Wie soll dieses Chaos weitergehen?! Ich bin gefangen! Verstehst du das?! Natürlich ist es leichter, dir jetzt die Schuld zu geben! Wem soll ich sie sonst geben?"
Erste Tränen der Verzweiflung bildeten sich in meinen Augen. Jede einzelne spiegelte wieder, wie sehr ich mein Leben bereits hasste. Im Grunde bereute ich jede Entscheidung, die ich in den letzten Wochen getroffen hatte.
"Aber ich muss nach Hause. Ich muss zu einem Mann ... zu meinem Mann, der mich und meine gesamte Familie zerstören will. Wenn ich es schaffen soll, das durchzustehen, darf keine Hoffnung in mir sein. Wenn da auch nur ein Funken übrig bleibt, der mich zu dir führt, dann ertrage ich keinen Tag länger in Gefangenschaft. Ich überstehe keine Nacht mehr mit ihm in einem Zimmer liegend, wenn ich weiß, dass ich neben dir liegen könnte."
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Lies from my bodyguard | Band 2
RomanceEin wir? Das gab es nie. Wir waren nie wirklich ein wir. Es gab nur dich. Dich und deine Lügen. Und mich, die naiv genug war, sich blenden zu lassen. Blenden zu lassen von deiner Art, mit mir umzugehen. Du nahmst mich so, wie ich war. Wolltest mic...