Kein Anzeichen von den Geschwistern. Niyol knurrte leise. Warum hatten sie sich nur an die Absprache gehalten und die zwei nicht ständig im Auge behalten? Dann wären die Spuren jetzt nicht einen Monat alt und ließen sich besser auslesen. Stattdessen würden sie quer durch den Dschungel laufen müssen, um seine Nichte und seinen Neffen zu finden. „Gáagii, was habt ihr im Cockpit gefunden?", brüllte er dem Gardemitglied zu, das sich gerade vom Loch in der Außenwand des Transportfahrzeugs abseilte.
„Blut und Knochensplitter. Ich lasse gerade die DNA bestimmen." Der Chonsaner hielt seinem Anführer ein Datapad hin, mit dem er Bilder vom Inneren des abgestürzten Shuttles gemacht hatte. „Ich vermute, dass Shiye unter der Bedienkonsole eingequetscht war und dass Inola ihn befreit hat. Ausrüstung und Vorräte haben sie mitgenommen."
Niyol nickte zufrieden. Seine Nichte kannte sich mit dem Überleben aus. Solange sich kein Feind auf dem Planeten herumtrieb, dürften sie nicht in Schwierigkeiten geraten sein. Doch etwas gefiel ihm an den Absturz nicht. „Erste Erkenntnisse, warum Inola es nicht geschafft hat, das Shuttle normal zu landen?"
„Die haben wir", mischte sich der kleinste Chonsaner ein. Hok'ee wischte über ein zweites Datapad. „Wie du an den Linien sehen kannst, ist die komplette Elektronik ausgefallen. Die Leitungen sind durchgebrannt."
Ein tiefes Knurren drang aus Niyols Brust. „Ich dachte, das Shuttle wäre hervorragend in Schuss gewesen. Wer hat geschlampt?"
„Niemand. Ich habe hier die Wartungsberichte. Alles war vor dem Abflug in Ordnung. Die Elektronik hat von einem Moment auf den anderen angefangen, herumzuspinnen, wie man an dieser Grafik erkennt." Ebenmäßige Linien, die urplötzlich in die Höhe schossen und abknickten. Das lag nicht an einem einzigen Kabel, das durchgeschmort war und eine Kettenreaktion ausgelöst hatte. Etwas anderes steckte dahinter.
„Sabotage?" Er ballte die Fäuste. Wenn er die Verantwortlichen in die Krallen bekam, würde er ihnen die Köpfe abreißen und seinem Alpha zu Pfoten legen.
„Sieht ganz danach aus. Deswegen kam auch kein Funkspruch durch. Selbst Inola ist nicht so tollkühn, uns in solch einer Gefahrenlage nicht zu informieren, um ihren Ausflug durchziehen zu können." Hok'ee zischte leise. „Wir werden die Übeltäter erwischen."
Die Frage war nur, wer hatte auf diesem Planeten einen Störsender installiert? Bei dem Gedanken, dass möglicherweise Chonsaner in den wüstenähnlichen Bereichen lebten und die Geschwister entdeckt hatten, lief ihm ein eisiger Schauder über den Rücken. Nur ein alter Vertrauter von Dezba reichte, um Inola und Shiye in Lebensgefahr zu stürzen. „Wer ist eurer Meinung für die Sabotage verantwortlich?" Die Worte kamen ihm kaum über die Lippen, zu sehr fürchtete er die Antwort.
„Chonsaner, ein paar Völker von Planeten der Kategorie neun. Dass sich einer unseren Verbündeten hier aufhält und den Absturz verursacht hat, bezweifle ich. Selbst wenn, hätten sie uns davon in Kenntnis gesetzt. Vor allem wären sie zur Absturzstelle geeilt und würden wir hier mehr Spuren finden."
„Davon gehe ich ebenfalls aus." Er richtete den Blick auf den Dschungel. In die Richtung, die die Geschwister voraussichtlich eingeschlagen hatten. „Welche Völker kommen außer den Chonsanern in Frage?"
„Upyri. Denen würde ich es zutrauen, Experimente an den Lebewesen niederer Planeten vorzunehmen. Sie haben selbst von einer Vermischung ihrer Gene mit denen von Menschen profitiert."
„Wurden solche Tests nicht auf ihrem Heimatplaneten verboten?" Niyol kratzte sich am Nacken.
„Gerade deswegen wäre es möglich, dass ihre Wissenschaftler sich einen unbewohnten Planeten suchen, um dort Studien durchzuführen." Hok'ee schüttelte den Kopf. „Aber irgendwie bezweifle ich, dass sie uns nicht Bescheid geben würden, wenn sie Inola und Shiye gefunden hätten. Sie suchen keinen Streit."
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Der Kenmerer
FantasyErwartungen, Erwartungen, Erwartungen. Diese kennt Inola zur Genüge. Ihre Eltern, ihr Lehrer und alle Bewohner ihres Planeten erwarten von ihr, dass sie als erstes Alphaweibchen seit Generationen in die Fußstapfen ihres Vaters tritt. Doch fragt jema...