Kapitel 23

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„Was?" Mit weit aufgerissenen Augen starrte Osteka den Admiral an. „Wie konnte das passieren?"

„Die Basterianerin scheint abgehauen zu sein. Ihre Kleidung lag bei einem Stand, der Textilien verkauft." Der Oberbefehlshaber zuckte mit den Schultern. „Das kleine Biest hat sich wohl etwas anderes angezogen und ist vom Markt getürmt. Der Alpha ist ihr gefolgt. In den engen Gassen der Unterstadt verlieren sich ihre Spuren."

„Sicher, dass sie sich verkleidet hat?" Etwas gefiel ihm an der Geschichte nicht. Warum sollte Inola abhauen, wenn ihr Bruder auf dem Raumschiff war? Das ergab für ihn keinen Sinn. Dafür hingen die Geschwister zu sehr aneinander. Der Grund, weshalb er und Shiye nicht auf den Planeten mitkommen durften. Damit Inola gehorchte und nicht weglief.

„Niemand hat ein Pantherweibchen herumrennen sehen. Also muss sie sich umgezogen haben." Der Admiral schaute wieder auf sein Datapad. „So wie es aussieht, treiben sich dort unten Chonsaner herum." Er zuckte mit den Achseln. „Das war es dann wohl mit der Kleinen."

Osteka erschauderte. Der Krieg zwischen den Reptilien und den Basterianern hatte für Aufruhr in der Galaxie gesorgt. Mit als Höhepunkt die Zerstörung des Mutterschiffs der Echsen. Die Anführerin und ihr Sohn kamen dabei um. Was genau an dem Tag geschah, hatte man nicht in Erfahrung bringen können. Es rankten sich Legenden um den Vernichtungsschlag. Mal hieß es, dass Dezba den Selbstzerstörungsmechanismus ausgelöst hatte, um nicht in Gefangenschaft zu geraten. Andere behaupteten, dass eine Einheit der Anuben ihren Verbündeten zu Hilfe geeilt waren, und sie sich aufopferten, um Chu-Lah und seiner Gefährtin zur Flucht zu verhelfen. Eine weitere Überlieferung sprach davon, dass die Gelehrten der Thorianer eine Schwachstelle gefunden hatten. Sagen, von denen niemand wusste, wie viel Wahrheit in ihnen steckte. Einzig, dass der Untergang der chonsanischen Macht die Schuld der Panther war, darüber herrschte keine Uneinigkeit. Der Beta schüttelte bedächtig den Kopf. Fiel Inola in die Klauen der Echsen, war ihr Leben in Gefahr. Er wandte sich dem Admiral zu. „Wir müssen einen Suchtrupp auf den Markt schicken."

„Das sehe ich anders. An unserem Alpha werden die Chonsaner kein Interesse haben. Sollen sie das Weibchen ruhig behalten. Dem kann man eh nicht vertrauen."

„Ihr glaubt, dass sie Ohitika freilassen, falls sie ihn zusammen mit der Basterianerin geschnappt haben?" Die Reptilien hatten keinen Grund, seinen Alpha gefangen zu nehmen. Außer, sie verfolgten einen anderen Plan. Osteka unterdrückte ein Schaudern.

„Natürlich. An uns brauchen sie sich nicht zu rächen." Der Admiral verschränkte die Hände hinter dem Rücken. „Wir brauchen nur ein wenig abzuwarten, dann wird der Alpha sich bei uns melden und uns mitteilen, wo wir ihn abholen können. Sein Vater wird von seinem stümperhaften Verhalten nicht begeistert sein. Aber immerhin haben wir noch das helle Fellbündel. Eventuell kann man das mickrige Männchen als Druckmittel gegen die Basterianer einsetzen."

Osteka ballte die Fäuste. Nicht nur, dass der Admiral abzuwarten gedachte, statt aktiv nach den Verschwundenen zu suchen. Nein, er beleidigte bewusst den sanftmütigen Shiye. Er holte tief Luft. Wenn er den Oberbefehlshaber kränkte oder gar angriff, war niemandem geholfen. Er benötigte eine ausgeklügeltere Herangehensweise. „Wer garantiert uns, dass die Chonsaner seit dem Zusammenbruch ihrer Kultur nicht auch an anderen Wesen ihre Experimente durchführen?", warf er ein. „Genetisch sind wir den Basterianern sehr ähnlich. Die Reptilien könnten Ohitika nutzen, um danach das Weibchen zu schädigen."

Der Ältere seufzte. „Ich werde unseren Anführer kontaktieren. Aber ich bin mir sicher, dass er den Verlust seines jüngsten Sohnes verschmerzen würde." Ein Piepen lenkte seine Aufmerksamkeit zum Verbindungsoffizier, der erst ungläubig aufsah, dann hektisch den großen Bildschirm einschaltete, der für Videoübertragungen genutzt wurde. Das Bild flackerte, dann erkannte man einen breitschultrigen Chonsaner, neben dem Ohitika stand. Der Alpha hielt den Kopf gesenkt, schien mit sich zu kämpfen. Von Inola war keine Spur.

Der KenmererWo Geschichten leben. Entdecke jetzt