Kapitel 20

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„Wie konnte das passieren?" Aufgebracht rannte Chu-Lah aus dem Wohnzimmer. Sein Knurren hallte durch die Villa, als er zum Gleiter stürmte. Nizhoni war ihm dicht auf den Fersen. Ihr entrüstetes Fauchen war das eines Pantherweibchens, dem man die Welpen gestohlen hatte. Und genau das war der Fall. Die verdammten Kenmerer hatten Inola und Shiye in ihre Gewalt gebracht.

„Auf den Rücksitz. Beide!", donnerte die Stimme von Bidziil, als der Basterianer sich hinters Steuer setzen wollte. Grollend fuhr dieser zu dem Ziehvater seiner Gefährtin herum. „Knurr mich gefälligst nicht an", zischte der Chonsaner. „Ihr seid gerade beide nicht in der Lage, den Gleiter zu fliegen."

Chu-Lah gehorchte widerwillig. Mürrisch starrte er nach vorne, ergriff die Hand seiner Luna. Nizhoni zitterte am ganzen Körper. Vor Wut, wie ihm ein Blick auf ihre angespannte Miene bestätigte. Auf der Fahrt zum Regierungsgebäude sprachen sie kein Wort. Jeder war zu sehr mit seinen eigenen Gedanken, mit seinen Ängsten beschäftigt. Der Basterianer fluchte innerlich. Seine Kinder schwebten in großer Gefahr. Er hätte niemals den Ausflug genehmigen sollen. Oder zumindest der Garde befehlen sollen, Inola und Shiye heimlich zu beschatten. Damit hätte er zwar bei Entdeckung den Unwillen seiner Tochter auf sich gezogen, aber immer noch besser, als sie in den Krallen eines fremden Volkes zu wissen, das nach Macht strebte. Die verflixten Leoparden wollten seine Kinder als Druckmittel gegen ihn verwenden.

Kaum, dass Bidziil den Gleiter geparkt hatte, sprangen Chu-Lah und seine Gefährtin raus und stürmten in das Regierungsgebäude. Sie eilten zum Aufzug, damit dieser sie in den fünften Stock brachte. Dorthin, wo sein Vater heute mit seinen alten Beratern über die Kenmerer und ihr Ansinnen diskutierten.

Oben angekommen schoss Nizhoni wie ein Blitz an ihm vorbei und stieß die Flügeltüren zum Besprechungsraum auf. Ihr Fauchen ließ alle im Raum Anwesenden verstummen. Sämtliche Blicke richteten sich auf die wutschnaubende Luna.

Wa-Ya-Ga-Da schaute von den Unterlagen, die vor ihm auf dem Tisch lagen, auf und musterte die frisch Dazugestoßenen ernst. „Nizhoni, was ist vorgefallen?"

„Die Kenmerer haben mit einem Störsender das Shuttle von Inola und Shiye auf dem unbewohnten Planeten zum Absturz gebracht und beide entführt." Ihre Worte gingen in einem mehrstimmigen Knurren unter, das wie eine Welle durch den Raum schwappte.

„Das werden diese Leoparden bereuen", rief einer der älteren Basterianer. „Sie haben sich schon viel zu lange aufmüpfig gezeigt."

„Aber was sollen wir tun?", fragte ein anderer. „Wir dürfen unsere zukünftige Anführerin nicht mit überstürztem Handeln in Gefahr bringen."

„Wir werden meine Kinder befreien und Kenmara mit dem Erdboden gleichmachen. Sie werden sich wünschen, dass sie sich niemals mit uns angelegt hätten", spie Chu-Lah hasserfüllt aus. Für ihn war von der ersten Sekunde an klar, dass er diese Tat nicht ungesühnt lassen würde. Vielstimmiges Gemurmel schwoll an. Alle redeten durcheinander. Einige für einen Krieg, andere dagegen.

Der ehemalige Alpha hob die Hände, ließ die Gespräche verstummen. „Wir sollten erst einmal die Fakten auf den Tisch bekommen." Er wandte sich der Luna zu. „Nizhoni, wer hat euch informiert? Niyol?"

„Ja, hat er. Niyol wollte uns auch alle Daten schicken. Zum Absturz und zur Entführung." Sie ließ sich von Bidziil ein Datapad reichen. Mit zitternden Händen schloss sie es an den großen Bildschirm an, auf dem sie früher den Kampf gegen die Chonsaner geplant hatten. „Mit einem Sender haben die Kenmerer die Bordelektronik so gestört, dass es zu einer Bruchlandung kam. Das Shuttle rammte einige Felsen. Durch den Aufprall wurde Shiye verletzt." Nizhoni hielt kurz inne, kämpfte sichtbar um ihre Beherrschung.

Der KenmererWo Geschichten leben. Entdecke jetzt