Früh am nächsten Morgen wachte Ohitika auf. Sein Rücken schmerzte, weil er in sich zusammengesunken auf dem Pilotensessel eingeschlafen war. Er stand auf und streckte sich. Sein Magen knurrte und seine Zunge klebte am Gaumen. Zweifelnd warf er einen Blick auf den schwarzen Bildschirm. Konnte er es wagen, nach draußen zu gehen, um etwas zu essen und zu trinken?
Was, wenn die Anuben sich in genau dem Moment meldeten? Ob es ihm gefiel oder nicht, er musste seine Bedürfnisse hinten anstellen. Das Leben seines besten Freundes und die Sicherheit der Geschwister gingen vor. Er stützte sich auf der Lehne des Stuhls ab und seufzte. Inola würde ihn nie lieben, selbst wenn er es schaffte, sie zu befreien. Allein konnte er das sowieso nicht schaffen und sie würde seinen Anteil an ihrer Rettung niemals anerkennen. Das hatte er einzig sich und seinem Verhalten zuzuschreiben. An die Möglichkeit, dass er zu spät kam, wollte er gar nicht denken. Dabei achtete er die Wahrscheinlichkeit weitaus höher. Je mehr Zeit verstrich, desto unwahrscheinlicher wurde es, sie lebend und vor allen Dingen unversehrt zu finden. Was waren da ein paar Stunden ohne Nahrung und Wasser? Er setzte sich wieder hin und wartete ab.
Einige Zeit später hörte er Schritte. „Guten Morgen, Ohitika. Hast du schon gefrühstückt?" Teetonka gähnte herzhaft. „Oder hast du hier die ganze Nacht verbracht?"
„Ich habe es gestern Abend nocht geschafft, Adahy zu kontaktieren. Er hat mir versprochen, mit Inolas Vater zu sprechen. Im Moment warte ich auf eine Antwort." Der Alpha starrte missmutig auf den schwarzen Bildschirm, der einfach nicht zum Leben erwachen wollte. Stattdessen meldete sich sein Magen lautstark. „Kannst du mir bitte etwas mitbringen? Wasser wäre auch nett."
Sein Gamma klopfte ihn auf die Schulter. „Überlass das ruhig mir." Er drehte sich grinsend um und lief aus dem Cockpit. Seine Schritte auf dem Metallboden verhallten.
Schon bald saß Ohitika in völliger Stille. Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf und atmete tief durch. Dieses ewige Warten trieb ihn noch in den Wahnsinn. Untätig rumsitzen, ohne einen Anhaltspunkt, wann er endlich mit Hilfe der Basterianer eine Rettungsaktion in Gang setzen konnte.
Die Zeit verging, ohne dass Teetonka zurückkehrte. Ohitika fing an, mit den Fingern auf der Konsole zu trommeln. Gab es in der Gegend zu wenig Wild oder war seinem Freund etwas zugestoßen? Sollte er nach ihm sehen? Doch was, wenn er eine Nachricht von Adahy verpasste? Er sprang vom Pilotensessel auf. Just in dem Moment hörte er den Gamma nach ihm rufen.
„Kannst du bitte mal nach draußen kommen?"
Ohitika runzelte die Stirn. Die Stimme seines Freundes klang seltsam belegt. Hatte er sich verletzt und benötigte Hilfe? Er stürzte zum Ausgang des Raumschiffs. Abrupt bremste er mitten auf der Rampe ab. Der Anblick, der sich ihm bot, brachte ihn ins Taumeln. Gut zwei Dutzend Soldaten der Anuben standen im Halbkreis vor dem Transporter. Teetonka kniete vor ihnen, die Hände hinter dem Rücken gefesselt.
„Da haben wir ja den kleinen Mistkerl, der für Inolas Verschwinden verantwortlich ist." Jemand drückte ihm den Lauf eines Blasters ins Kreuz. „Sei ein braver Welpe und lauf schön langsam runter. Arme weit über deinen Kopf. Komm nicht auf dumme Ideen. Chu-Lah möchte, dass wir dich unversehrt abliefern." Adahy schubste ihn vorwärts. Ohitika unterdrückte ein Knurren. So hatte er es sich nicht vorgestellt.
„Chaske, wir nehmen den Transporter auch mit. Such dir zwei Männer, die ihn fliegen können", wies der Anführer der Anuben einen der Soldaten an. Dieser verschwand mit zwei seiner Teammitglieder im Raumschiff. „Und bringt den hier schon mal an Bord." Er nickte zu Ohitika. „Mit dem anderen möchte ich mich noch ein wenig unterhalten. Was mit ihm geschieht, entscheide ich, nachdem ich erfahren habe, was sein Anteil an Inolas Verschwinden ist."
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Der Kenmerer
FantasyErwartungen, Erwartungen, Erwartungen. Diese kennt Inola zur Genüge. Ihre Eltern, ihr Lehrer und alle Bewohner ihres Planeten erwarten von ihr, dass sie als erstes Alphaweibchen seit Generationen in die Fußstapfen ihres Vaters tritt. Doch fragt jema...