„Und in welches Wüstenloch gedenkst du uns zu schicken, Schwesterherz?" Shiye stand unschlüssig vor dem Kleiderschrank und starrte missmutig auf seine Shirts und Hosen.
Inola schüttelte schmunzelnd den Kopf. „Erstens, habe ich für uns einen entzückenden Planeten ausgesucht, der verschiedenartige Regionen hat. Wüsten, gemäßigte Zonen, Polkappen. Wir werden dort einen der Dschungel durchkämmen."
„Mit einem riesigen Kamm?", warf er frech grinsend ein.
Sie stöhnte auf. „Wieso hat Mama nur darauf bestanden, dass wir diesen alten Film von der Erde gucken?"
„Ich fand ihn lustig", verteidigte ihr Bruder sich und erinnerte sie daran, wie unterschiedlich sie in ihren Interessen waren. Während es ihr nicht genügend Abenteuer und Nervenkitzel sein konnten, widmete er sich den ruhigeren Aktivitäten. Kochen mit ihrer Mutter zum Beispiel. Shiye liebte es, leckere und nahrhafte Mahlzeiten auf den Tisch zu bringen, während sie hingegen es bevorzugte, das Gekochte aufzuessen. Ein Dreamteam.
„Manchmal frage ich mich, ob ich wirklich mit dir verwandt bin", zog sie ihn auf.
Er zuckte nur mit den Schultern. „Du hast halt den gesamten Alphaanteil bekommen. Ich dagegen nur den lausigsten Omegaanteil, den es zu verteilen gab. Ich bin ein miserabler Kämpfer und kümmere mich lieber um die Welpen."
„Hm, dann wüsste ich in ein paar Jahren die perfekte Beschäftigung für dich. Statt dann meinen Beschützer zu spielen, könntest du auf meine Kinder aufpassen." Sie gab ihm einen liebevollen Klaps in den Nacken. „Außerdem bist du nach Papa der tollste Basterianer, den es je gab." Sie betrachtete naserümpfend seinen Schrank. „Wenn nur dein Modefimmel nicht wäre. Was mich zum zweiten Punkt bringt. Wir gehen nicht auf eine Modenschau, sondern auf einen Ausflug in unwegsames Gelände. Schlammlöcher, undurchdringliches Blätterwerk, Schlangen und eine Vielzahl von Insekten erwarten uns dort. Spaß pur, du wirst schon sehen."
„Ich dachte, dass ich mitkommen soll. Nicht, dass du mich mit diesen Erzählungen abschrecken willst", murrte er und zog wahllos eine Hose heraus. „Nee, die mag ich zu gern. Es wäre zu schade, wenn sie kaputtgeht."
Inola packte ihren Bruder am Kragen. „Komm mal mit, Kleiner. Ich habe die Lösung für dein Problem." Sie zerrte den leise schimpfenden Basterianer hinter sich her, bis sie vor einer der Vorratskammern anhielt. Sie stieß die Tür auf und schubste Shiye in den Raum. „Such dir war aus. Flexibel, nahezu unkaputtbar und äußerst bequem."
Er keuchte auf. „Ich soll mir Sachen von der Garde nehmen? Dabei bin ich doch nicht einmal ein Teammitglied."
„Was sich nach deiner Rückkehr ändern wird." Die große Gestalt hinter den Geschwistern warf einen riesigen Schatten auf die Regale mit Kleidungsstücken. Bidziil legten den jungen Basterianern jeweils eine Klaue auf die Schultern. „Ich begrüße es, dass ihr nur zu zweit auf diesen Ausflug geht. Es wird euch noch mehr zusammenschweißen. Passt mir gut aufeinander auf."
„Kommst du eigentlich mit? Niyol meinte, dass er das Team anführt." Inola drehte sich zu dem Chonsaner um und musterte ihn nachdenklich.
„Damit hat er auch recht. Es ist sein Team. Ich habe lange genug den Anführer gespielt. Aber um deine Frage zu beantworten, ich bleibe bei deinen Eltern auf Gangalon. Ohne die Garde werde ich die ganze Zeit an der Seite deiner Mutter bleiben und sie beschützen. Mein kleines Mädchen hat zwar teuflische Krallen und scheut sich nicht, diese einzusetzen, aber ich möchte sie nicht alleinlassen."
Inola schmunzelte. „Mama ist kein kleines Mädchen mehr. Genauso wenig wie ich."
„Für Vater und Mutter wirst du aber immer deren kleines Mädchen sein. Deswegen wollte dein Vater den Ausflug auch erst nicht erlauben. Er sorgt sich um deine Sicherheit." Bidziil zog einige Kleidungsstücke vom Regal und drückte Shiye den Stoff in die Hand. „Hier, das sollte passen. Nimm dir ebenfalls anständige Stiefel mit. Ich gehe zwar davon aus, dass ihr zwischendurch als Panther auf Erkundungstour gehen werdet, aber zumindest auf dem Raumschiff und im Shuttle solltet ihr euch anständig kleiden. Die Uniform kann euch vor Verletzungen schützen."

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Der Kenmerer
FantasyErwartungen, Erwartungen, Erwartungen. Diese kennt Inola zur Genüge. Ihre Eltern, ihr Lehrer und alle Bewohner ihres Planeten erwarten von ihr, dass sie als erstes Alphaweibchen seit Generationen in die Fußstapfen ihres Vaters tritt. Doch fragt jema...