Kapitel 21

113 14 0
                                        


Es hatte tatsächlich funktioniert. Grinsend saß Inola auf dem Sofa und betrachtete die gepackten Taschen. Heute noch würden sie zu einem Ausflug aufbrechen. Was so ein wenig Kuscheln und Schnurren doch bewirkte. Ohitika ließ sich sogar mittlerweile beim gemeinsamen Essen von ihr mit Leckerbissen füttern. Der Alpha fraß ihr wortwörtlich aus der Hand. Doch gleichzeitig bestand er seitdem darauf, noch mehr Zeit mit ihr zu verbringen. Sie seufzte leicht.

Gegenseitige Manipulation. Keine echten Gefühle. Nur das Streben, den jeweils anderen den eigenen Wünschen entsprechend handeln zu lassen. Sie verlangte nach Freiheit für sich und ihren Bruder. Er nutzte sie als Mittel zum Zweck, um ihren Vater unter Druck zu setzen, damit Kenmara einen Rang aufstieg. Vermutlich erhoffte Ohitika sich, dass sie ihren Vater dann beschwichtigte und er keine Schritte gegen die Kenmerer unternahm, weil sie sich in ihren Geiselnehmer verliebt hatte.

Sie knurrte unwillig. Niemals würde sie sich in den Leoparden verlieben, selbst wenn ihre innere Raubkatze nach ihm verlangte. Ein überaus störender Nebeneffekt der ständigen Zweisamkeit. Dem Biest gefiel es, Zeit mit dem Alpha zu verbringen. Sich auch mal anlehnen zu dürfen, statt immer nur das starke Alphaweibchen zu sein.

Betrübt schüttelte sie den Kopf. Der Alpha tat ihr nicht gut. Sie war nur ein Spielball, den er geschickt einsetzte. Seiner Meinung nach. Und sie benutzte ihn ebenso.

Sie ließ den Blick durch das Zimmer gleiten. Mit ein wenig Glück sah sie es heute zum letzten Mal. Die Gemächer auf Kenmara. Den Leoparden musste sie dagegen noch einige Tage aushalten. Im Raumschiff, während des Flugs. Eingepfercht auf engstem Raum mit einem Mann, den sie niemals wiedersehen wollte, wenn dies alles ausgestanden war. Inola bedauerte es nur, dass sie seine Mutter nicht retten konnte. Diese musste auf Kenmara bleiben. Ohitika behauptete zwar, dass er versucht hatte, seinen Vater zu überreden. Aber konnte sie ihm vertrauen? Nein, sein ganzes Verhalten war nur darauf ausgerichtet, sie zu manipulieren.

Die Zimmertür glitt auf. Der Kenmerer trat lächelnd ein. „Wir können los. Alles ist vorbereitet." Er schnappte sich die Taschen. Auf dem Weg zur Tür warf er ihr einen Blick über die Schulter zu. „Kommst du? Oder möchtest du lieber hierbleiben?"

Auf gar keinen Fall! Mit energischen Schritten folgte sie ihm auf dem Weg in die Freiheit. Denn was sollte schon großartig auf dem Flug und beim Besuch auf dem Schmugglermarkt schiefgehen?

Zwei Tage später war ihr klar, mit welchen Hindernissen sie zumindest während der Reise zu kämpfen hatte. Mit einem anhänglichen Alphamännchen, das lästiger loszuwerden war, als die klebrigste Klette, die man sich nur mit größter Anstrengung aus dem Fell zupfte. Was hatte sie nur in ihrem Leben verbrochen, dass sie mit so einem Kerl gestraft wurde? Gut, sie hätte vielleicht öfter auf ihre Eltern hören sollen. Vor allem, wenn es um diesen verflixten Ausflug ging, der ihr alles eingebrockt hatte.

Immerhin erlaubte Ohitika ihr, sich frei auf dem Raumschiff zu bewegen. Sehr zum Leidwesen des Admirals, der sie und ihren Bruder argwöhnisch beobachtete. Unabhängig davon, wie oft der Alpha ihm versicherte, dass von den Geschwistern keine Gefahr ausging.

Inola grinste breit, als sie aus dem Quartier, das sie sich zwangsläufig mit Ohitika teilte, hinaus auf den Gang trat. Ein Besatzungsmitglied wich ihr leise knurrend aus. Der stechende Blick aus seinen gelben Augen war voller Hass. Achselzuckend lief sie an ihm vorbei. Es war nicht ihre Schuld, dass die Kenmerer nicht mit einem selbstbewussten Weibchen wie ihr zurechtkamen. Sie hatte Ohitika schon vorgeschlagen, alle Kenmererinnen auf einen anderen Planeten zu verfrachten und sich rein über Retortenbabys fortzupflanzen. Die daraus entstehenden Mädchen konnten sie den Weibchen überlassen und auf Kenmara nur die Jungen großziehen. Komischerweise war sie mit dem Vorschlag nicht auf Begeisterung gestoßen. Weil die Männchen dann ihre Sklavinnen verloren, die sich beim kleinsten Fingerzeig vor ihnen in den Dreck warfen.

Der KenmererWo Geschichten leben. Entdecke jetzt