Kapitel 15

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Was war dieser Teetonka doch für eine Quasselstrippe! Und warum hatte sie am Vorabend nur den Versuch unternommen, Ohitika zu trösten, als sie bemerkte, wie aufgelöst er auf ihre Vertrautheit mit Shiye reagierte? Sie hätte den Mistkerl leiden lassen sollen. Dann wäre er auch nicht auf die grandiose Idee gekommen, ihr heute seinen Gamma zur Seite zu stellen. Der obendrein ununterbrochen davon redete, was für ein treuer Freund der Alpha doch war. Sollte das hier ein Verkupplungsversuch werden? Sie unterdrückte ein Seufzen.

„Was hältst du davon, wenn wir uns in den Garten begeben und unser Gespräch dort fortsetzen?" Er wies auf eine offenstehende Glastür am Ende des Ganges. Seit gefühlten Stunden führte er sie umher und kaute ihr dabei die Ohren ab. Konnte man überhaupt von einer Unterhaltung sprechen, wenn einer unentwegt redete und der andere zum Zuhören verdammt war? „Ich bin mir sicher, dass es dir dort gefallen wird." Ohne eine Antwort abzuwarten, führte er sie nach draußen.

Zumindest in der Hinsicht hatte er recht. Inola atmete tief ein und schaute sich neugierig um. Orchideen wuchsen in den unterschiedlichsten Pflanzbehältern vor dem Gebäude. Sorten, die Erde zum Wachsen benötigten. Von Gangalon kannte sie obendrein Orchideenarten, die auf anderen Pflanzen – oftmals Bäumen – gediehen, und jene, die Felsen bevorzugten. Diese existierten aller Wahrscheinlichkeit nach auch auf Kenmara. Das Klima war sehr ähnlich. Sie atmete tief die feuchtwarme Luft ein, die der Wind zu ihnen trug. Ihre Raubkatze bettelte darum, herausgelassen zu werden. Es juckte Inola in den Fingern, den Gamma bewusstlos zu schlagen, um sich in Ruhe wandeln zu können. Bei dem Gedanken schlich sich ein Lächeln auf ihre Lippen.

„Dachte ich es mir doch." Teetonka grinste zufrieden. „Besser als die endlosen Flure und protzigen Zimmer im Palast oder?" Er stieß sie verschwörerisch in die Seite. „Was hältst du davon, wenn wir in den hinteren Bereich gehen? Weil die Wachen keine Lust haben, so weit zu laufen, dürfen die Weibchen dort nicht hin, um alles in Ordnung zu halten. Also ist der Garten sich selbst überlassen. Für das richtige Dschungelgefühl." Er zwinkerte verschmitzt.

Sie öffnete den Mund zu einer Erwiderung, doch der Kenmerer kam ihr abermals zuvor. „Na dann komm. Es ist wirklich schön dort. Wild und ungezähmt, so wie du." Er lief voran, auf einem geschwungenen Pfad, der sie an Blumenbeeten, Zierbrunnen und Sträuchern vorbeiführte. Weg von dem verhassten Palast, in dem selbst die Bediensteten hochnäsig auf die hinabschauten, die anders waren. Dabei wahrten sie gleichzeitig den Anschein gegenüber ihres Alphas, dass sie sich der Etikette entsprechend benahmen. Obwohl dieser vermutlich nichts dagegen hatte, wie arrogant sie sich ihr gegenüber verhielten. Bei Bastet, wie hasste sie diesen Planeten und seine Bewohner! Nein, nur die Bevölkerung. Der Rest war schön.

Inola ließ den Blick zu den hohen Bäumen wandern, die in einiger Entfernung gen Himmel ragten und das Ende des Gartens markierten. Was für ein Gebiet lag hinter dem Wald? Aus Gesprächen, die Kenmerer auf den Fluren des Palastes führten, als Teetonka ihr die Räumlichkeiten zeigte, hatte sie etwas herausgehört, dass ihre Hoffnung auf eine erfolgreiche Flucht nährte. Es war einzelnen Händlern anderer Völker erlaubt, mit ihren Raumschiffen auf Kenmara zu landen und ihre Waren auf einem der abgelegenen Märkte feilzubieten. Wenn sie es schaffte, diesen Marktstand auszukundschaften, fand sie möglicherweise einen willigen Helfer, der sie und Shiye zurück nach Gangalon brachte. Oder zumindest ihren Vater davon in Kenntnis setzte, wo sie sich aufhielten.

„Denk nicht mal daran." Teetonka schüttelte amüsiert grinsend den Kopf.

Inola zuckte zusammen. Wusste er etwa, was sie plante? Nein, das war schier unmöglich. Sie wandte sich ihm zu und sah ihn aus weit aufgerissenen Augen an. „Was meinst du?"

„Hinter dem Wald liegt eine Schlucht. Die Felswände sind zu steil für uns. Sowohl in humanoider Form als auch als Raubtier. Du bleibst schön hier bei uns. Ohitika braucht dich."

Der KenmererWo Geschichten leben. Entdecke jetzt