Kapitel 26

64 8 5
                                    


Die Reise nach Hause zog sich in die Länge, dabei nutzten sie den kürzesten Weg, wie er den Gesprächen seiner Gefängniswärter entnahm. Ohne Unterlass wanderte er in seiner Zelle auf und ab. Wie erklärte er seinem Vater, weshalb er versagt hatte? Und noch wichtiger, wie bewegte er ihn dazu, dass er einen Rettungstrupp aufstellte? Dem Alpha war Osteka egal. Würde er sich zumindest auf einen Befreiungsversuch einlassen, um Inola erneut als Geisel in die Pfoten zu bekommen?

„Setz dich hin oder du bekommst den nächsten Stromstoß." Der Admiral trat ein und musterte Ohitika abfällig. Dieser gehorchte widerwillig, ein Knurren unterdrückend. Sich zu widersetzen, würde ihm jetzt nicht weiterhelfen. Er brauchte eine Taktik, wie er seinen Vater überzeugen konnte. Keinen weiteren Grund für seine Familie, ihn zu verachten. Seine Brüder würden es ihm ewig vorhalten, dass die Chonsaner ihn überrumpelt hatten. Dabei wäre es ihnen nicht anders ergangen. Die alte Echse, die ihn hereingelegt hatte, war gerissen. Ohitika fragte sich noch immer, wie das Reptil es geschafft hatte, dass Inola so friedlich bei ihm auf dem Schoß saß. Je länger er darüber nachdachte, desto unwahrscheinlicher erschien es ihm, dass man sie mit Drogen gefügig gemacht hatte. Dafür hatte sie zu wach, zu aufmerksam reagiert. Er runzelte die Stirn.

„Immerhin erkennst du deinen Platz jetzt an." Der Admiral baute sich vor ihm auf, die Fäuste in die Seiten gestemmt. „Wir erreichen morgen Kenmara. Vor der Landung wirst du dich fesseln und dich dann ohne Widerworte zum Palast bringen lassen. Ein Fehlverhalten deinerseits wird mit einem neuerlichen Stromstoß geahndet. Ich nehme an, dass du darauf verzichten kannst."

Ohitika nickte ergeben. Die Haut unter dem Metallring, den man ihm umgelegt hatte, war angesengt und entzündet. Er verdächtigte die Wärter, dass sie die Regeln zu genau nahmen oder sich selbst welche ausgedacht hatten. Zuzutrauen war es ihnen. Er unterdrückte ein Seufzen. Immerhin hatten die Qualen einen Nebeneffekt. Nach ein paar Tagen mit Elektroschocks hatte er seine impulsive Ader unter Kontrolle bekommen. Durch Schaden wurde man tatsächlich klug. Nur zu dumm, dass er sich das nicht eher realisiert hatte.

„Erstaunlich, wie gehorsam du sein kannst." Der Admiral rieb sich über das Kinn. „Aber es wird dir nichts bringen. Dein Vater ist schwer enttäuscht, dass sein Jüngster solch eine Null ist. Benimm dich morgen und ich erspare dir den Metallring, wenn ich dich in den Palast bringen lasse."

Wenigstens etwas. „Ich werde Ihnen und Ihren Männern keine Schwierigkeiten bereiten." Selbst wenn es ihm in den Fingern juckte, dem Oberbefehlshaber das hämische Grinsen aus der hässlichen Visage zu kratzen. Hatte Inola sich ebenfalls so hilflos gefühlt? Und er Idiot hatte ihr damit gedroht, ihrem Bruder etwas anzutun, wenn sie ihm nicht gehorchte. Er war kein Stück besser als die Männer, die er jetzt verachtete.

„Hat er sich ruhig verhalten?" Der Admiral wandte sich an die Wachen.

„Abgesehen von seinem unaufhörlichen Umherwandern hat er uns keinen Anlass gegeben, ihn zu bestrafen", antwortete einer der Kenmerer wahrheitsgemäß.

„Dann nimm ihm den Ring ab."

„Aber, was ist, wenn er aufbegehrt?" Der Wachmann schaute seinen Gefangenen misstrauisch an. „Er ist immerhin ein Alpha."

„Der sich wie ein Welpe verhält, obwohl er den Welpenjahren längst entwachsen ist." Der Oberbefehlshaber sah ruhig zu, wie man Ohitika den Metallring abnahm.

Dieser ließ es über sich ergehen, ohne auch nur mit einem Muskel zu zucken. Endlich konnte seine geschundene Haut heilen und wurde er nicht auch noch dafür aufgezogen. Er blieb brav auf seinem Platz sitzen, bis die Männer verschwunden waren. Kaum waren sie weg, sprang er auf und wanderte wieder in seiner Zelle umher. Die Worte des Admirals brachten ihm schmerzhaft in Erinnerung, dass sein Vater ihn nicht bei der Suche nach Osteka, Inola und Shiye unterstützen würde. Vielleicht wäre es besser gewesen, wäre er freiwillig ein Gefangener der Chonsaner geblieben. Bei seiner Gefährtin, die ihn verabscheute, und bei seinem besten Freund, der sich für ihn geopfert hatte. Wenigstens wartete Teetonka auf Kenmara auf ihn. Der Gamma würde ihn niemals im Stich lassen. Notfalls würden sie zu zweit versuchen, die Echsen aufzuspüren. Um den Beta und die Basterianer zu befreien.

Der KenmererWo Geschichten leben. Entdecke jetzt