12. - Ablenkung

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Nur wenige Tage später hatte der Uni Alltag mich erneut überwältigt.

Meine Mitbewohnerin Nina war zurückgekommen und hatte mir von einem Streit mit ihren Eltern berichtet, bevor sie sich für drei Tage in ihrem Zimmer verkrochen hatte um sich den restlichen Stoff einzuverleiben.

Jeden Tag besuchte ich meine Vorlesungen und Seminare, verbrachte viel Zeit in der Bibliothek und meine Abende meist mit einem Buch im Bett.

Am Wochenende schaffte ich, die ich ausnahmsweise sehr motiviert war, es, Nina aus ihrem Bett und in einen Club zu befördern.

Dort lachte sie sich innerhalb von kürzester Zeit einen Typen an - wofür ich ihren allgemeinen Zustand als Schuldigen erklärte - und ich fand mich alleine auf der Tanzfläche wieder.

Eine Weile bewegte ich mich weiter zur Musik, versuchte, ein wenig Spaß zu haben, doch schnell wurde es mir zu doof und ich holte meine Jacke aus der Garderobe und stellte mich mit einer Zigarette vor die Tür.

Auf meinem Handy sah ich eine Nachricht von Katharina, in der sie mir erneut vom Gesundheitszustand ihrer Mutter berichtete.
Die Nachricht war erst wenige Minuten alt. Ich überlegte einen kurzen Moment, dann drückte ich auf den grünen Hörer und wartete auf das Tuten des Handys.

„Lili", ich hörte Katharina am anderen Ende, sie klang tatsächlich schon ein wenig verschlafen, „Was ist los?".

Ich seufzte und ging ein paar Schritte, um mich an einem kleinen Vorsprung anzulehnen, „Ich habe gerade Zeit und dachte, ich rufe dich einfach kurz an. Wie ist die Lage bei euch zuhause?".

„Ganz okay schätze ich. Meine Mama ist jetzt nochmal für zwei Wochen hier zuhause, bevor die nächste Runde Chemo losgeht", sagte Katharina. Im Hintergrund hörte ich ein Rascheln, „Du hättest mich nicht anrufen müssen, ich komme schon klar".

„Ich weiß", antwortete ich nur. Innerlich fragte ich mich, ob es übergriffig von mir war, Katharina einfach so anzurufen, und das auch noch mitten in der Nacht.

Schließlich hatten wir seit Jahren nicht mehr richtig miteinander gesprochen. Auf der anderen Seite war sie diejenige gewesen, die mich zuletzt kontaktiert hatte und auch heute hatte sie meine Hilfe gesucht.

„Wo bist du eigentlich?", fragte Katharina nun, „Moment, ich mache mir mal schnell einen Tee".

Ich wartete einige Augenblicke, bevor ich antwortete, „Ich wollte eigentlich mit meiner Mitbewohnerin tanzen gehen... aber die hat sich innerhalb von ca. 15 Minuten einen Typen geangelt".

Ich lachte kurz, irgendwie war es ja auch mein Plan gewesen, Nina von ihrer schlechten Laune abzulenken, „Und jetzt stehe ich alleine vor dem Club und friere mir den Arsch ab".

Auch Katharina stieß einen amüsierten Laut aus, „Oh man. Und warum suchst du dir nicht auch einfach irgendjemanden?".

Ich zögerte für einen Moment, denn ich war mir unsicher, ob ich Katharina von der Sache mit Sara berichten wollte. Es verunsicherte mich, dass unsere Gespräche sich genau so anfühlten wie früher.

Trotzdem war Katharina damals diejenige gewesen, die nicht mehr an unserer Freundschaft interessiert gewesen war, und ich wollte ihr jetzt nicht zu schnell mein Herz anvertrauen. Aber es brannte mir auf der Seele.

„Oha", sagte Katharina nun, „So lange wie du schon schweigst... gibt es da etwa schon jemanden?".

In ihrer Stimme hörte ich eine Menge Neugier.

Nina kam mit einem jungen Mann - ich hätte ihn von weitem auf etwa 12 geschätzt, ging aber davon aus, dass er zumindest volljährig war -, den sie mir als Matt vorstellte, im Schlepptau aus dem Innenraum der Location.
Ihre Wangen waren rot und ihre Haare ganz durcheinander und sie teilte mir mit, dass sie mit zu ihm nach Hause gehen würde.

Nichts für immerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt