Natürlich blieb die Begegnung mit Sara von Lasse und mir nicht undiskutiert. So wachten wir am nächsten Vormittag beide ziemlich gerädert auf und veranstalteten ein ausgiebiges Katerfrühstück, bei dem wir die Situation, in der Sara uns in der vergangenen Nacht zurückgelassen hatten, analysierten.
„Und du willst mir wirklich sagen, dass du mit dieser Frau schläfst?!", lautete die Eingangsfrage meines Bruders, während er sich gerade ein Brötchen schmierte, „Ich hatte schon wieder vergessen, wie heiß sie ist".
Ich zuckte grinsend mit den Schultern, „Schon, ja. Zumindest erinnere ich mich daran, das in letzter Zeit getan zu haben".
„Alter, Lili", wieder schüttelte Lasse mit dem Kopf, was seine Locken dazu brachte, wild zu hüpfen, „Dein 18 Jähriges Ich wäre ja so stolz auf dich. Ich weiß noch, wie du auf meinem Abiball drauf warst. Das war so krass".
"Was soll den das heißen", fragte ich nun etwas entgeistert und stellte mich zum Rauchen auf den Balkon, "Da haben wir uns ja nur unterhalten".
"Haha", Lasse hustete, "Das denkst auch nur du. Mich haben danach mindestens drei verschiedene Leute angesprochen und gefragt, was da denn los sei. Und Papa hat auch gefragt!".
"Oh. Aber, naja", murmelte ich nun doch etwas verwirrt, schließlich hatte sich an diesem Abend wirklich wenig zwischen Sara und mir abgespielt, das über rein platonische Gespräche hinaus ging.
Lasse schien das jedoch anders zu sehen, "Aber jetzt so im Nachhinein ergibt das schon alles Sinn".Er erstarrte, „Moment. Hattest du da auch was mit ihr?".
„Mein 25 Jähriges Ich ist ziemlich durch den Wind", fügte ich im Bezug auf sein anfängliches Statement noch hinzu und schenkte mir eine weitere Tasse Kaffee ein, „Und nein, da waren wir beide in Beziehungen".
„Und jetzt ist sie geschieden?".
„Jup, seit letztem Sommer".„Meine große Schwester vögelt verheiratete Frauen", kicherte Lasse nun, „Oh mein Gott".
Wieder sah er mich vollkommen entgeistert an, „Hat sie nicht auch Kinder?".Ich nickte, „Zwillingsmädchen".
-
Noch am gleichen Abend machte ich mich fertig und wartete anschließend ein wenig aufgeregt vor der Haustür. Sara wollte mich dort abholen. Zum Glück war mein Vater gerade nicht zuhause, sodass nur Lasse mich vom Balkon aus verschwörerisch angrinsen konnte, bevor ich mit pochendem Herzen in das dunkle Auto stieg.
Sara empfing mich mit einem strahlenden Lächeln, wild abstehenden Haaren und einem fröhlichen „Hallo", als ich mich auf den Ledersitz neben ihr sinken ließ.
„Hi", antwortete ich schmunzelnd und versuchte verzweifelt, mich nicht in ihren hellen Augen zu verfangen. Sie trug eine schlichte Jeans und einen dunklen Pullover, der mit Sicherheit sehr weich und sehr teuer gewesen war. Ich zögerte, überlegte, sie einfach hier und jetzt zu küssen, doch dann drehte sie schon den Zündschlüssel um.
Sara lächelte mich noch immer an, bevor sie den Blick abwandte und auf die Straße richtete.
„Schön, dich zu sehen", sagte sie schließlich ruhig.
Ich nickte nur langsam, ihre Anwesenheit brachte mich mal wieder aus dem Konzept.
Die zwei Wochen, in denen wir uns nun nicht gesehen hatten, warfen mich zurück auf den Stand meines Teenie-Ichs.
Ich konnte nicht sprechen, mir war warum und mein Herz raste.
Ich schluckte, „Warst du gestern noch lange unterwegs?".Sie fuhr los und stieß ein leises Lachen aus, mein Blick haftete unwillkürlich an ihrem Seitenprofil, bevor er über ihren Nacken hinunterwanderte und schließlich auf Höhe ihrer rechten Hand, die auf dem Schaltknüppel lag, verweilte.
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Nichts für immer
RomantikNach dem Tod ihrer Mutter und dem plötzlichen Ende einer langjährigen Beziehung flüchtet Lili aus ihrem Alltag und ihrer Heimat. Sie findet sich in London wieder, wo sie versucht, all das Erlebte zu verarbeiten - oder zu vergessen. Was anfangs gut...