40. - Geschmack

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"Hast du alles?", fragte ich Sara, die mir gelinde gestresst im Flur ihrer Wohnung gegenüberstand.

"Ich bin mir nicht sicher", antwortete sie, hob prüfend Tasche, Schlüssel und Handy in die Luft und zuckte dann mit den Schultern.

"Naja", sagte sie, "Mark hat die Mädchen bestimmt im Griff, und ich bin ja auch schon groß". Sie lächelte mir vorsichtig zu.

"Hab ich dir eigentlich schon gesagt, wie wunderschön du heute bist?".

Jetzt wanderten ihre Augen spielerisch über meinen Körper, verdunkelten sich augenblicklich und ließen ein angenehmes Kribbeln durch meinen Körper schiessen.

Mir entwich ein leises Raunen, ohne, dass ich es hätte verhindern können. Ich drückte Sara, die nun direkt vor mir stand und zu mir herauf schaute, einen schnellen Kuss auf die Lippen und griff nach ihrer Hand.

"Komm, wir müssen echt los".

"Ich weiß, Lili. Lass mich noch kurz meinen inneren Frieden genießen", lautete ihre ergebene Antwort. Wenige Momente später folgte sie mir allerdings ins Treppenhaus.

"Du brauchst dir wirklich keine Gedanken machen", wiederholte ich im Auto die Ansprache, die ich in den letzten paar Tagen mehrfach gehalten hatte, "Lasse kennst du ja schon und seine Freundin ist wirklich total unkompliziert und symphatisch. Und mein Vater ist auch nicht wirklich in der Lage, gemein zu sein".

Sara verdrehte nur leicht die Augen, "Wie schon gesagt, Lili, habe ich keine Angst, dass ich deine Familie blöd finde, sondern, dass deine Familie mich blöd findet".

Sie zögerte einen Moment, "Sorry, blöd ist das neue Lieblingswort der Mädchen".

Ich kicherte leise vor mich hin, während die blonde Frau neben mir den Motor startete.

"Dich könnte auf keinen Fall irgendjemand blöd finden".

-

Das Kennenlernen zwischen meiner Freundin und meiner Familie lief, wie erwartet, gut. Wir, also Lasse, Anastasia, mein Vater und seine Freundin Susanne trafen uns in einem kleinen Restaurant in der Innenstadt, nur wenige Gehminuten von der Wohnung meines Vaters entfernt. Lasse und Anastasia hatte es über die Weihnachtsfeiertage zu uns verschlagen, Sylvester wollten sie allerdings wie gewohnt in Berlin verbringen.

Meine Familie verliebte sich ungefähr so schnell in Sara, wie ich es vor so vielen Jahren getan hatte. Gut, bei Lasse hatte sie natürlich zuvor schon bleibenden Eindruck hinterlassen. Aber auch an diesem Abend war sie klug und witzig und schön und bevor wir uns versahen, hatte sie meinen Vater aufs übelste abgefüllt.

Susanne wusste garnicht richtig, wie ihr geschah, als wir sie und meinen Vater schließlich in dessen Wohnzimmer absetzten und sie ihrem gemeinsamen Schicksal überließen.

Lasse, der inzwischen auch einigermaßen beschwipst war, gratulierte mir im Auto - in Saras Anwesenheit - zu meinem "außergewöhnlich guten Geschmack", was meine Freundin, die als einzige von uns stocknüchtern war, in schallendes Gelächter ausbrechen ließ.

Anastasia neben ihm schüttelte nur grinsend den Kopf und legte dann ihren Kopf auf seine Schulter. 

"Ich weiß jetzt endlich, warum du so wundervoll bist", flüsterte Sara gegen meine Lippen, während sie im Wohnungsflur rückwärts gegen die geöffnete Küchentür stolperte.

"Was soll das denn heißen", murmelte ich leise, "Meinst du etwa, dass meine wunderbare Persönlichkeit nur aus meiner Familie heraus entsprungen ist? Hinter meinem genialen Geist steckt eine Menge Arbeit".

Sara lachte leise auf. Ihre Stimme war rau, schon wieder. Wie immer eigentlich. Sie lachte und sah mich mit blitzenden Augen an, bevor sie ihre Lippen auf meine legte und ihre Hände um meine Taille schloss.

"Jetzt fehlt eigentlich nur noch, dass wir meinen Vater mit seinen Bonus-Enkeltöchtern verkuppeln", überlegte ich einige Sekunden später, während ich mein Gesicht in Saras duftenden Locken vergrub.

"Wow, jetzt deklarierst du sogar schon meine Kinder als deine eigenen", hustete Sara gespielt, "Als würde es nicht reichen, dass du quasi hier wohnst".

Ich grinste nur, „Das könnte für uns alle Vorteile haben. Er wohnt immerhin auch deutlich näher, als deine Mutter".

Sara drückte einen leichten Kuss gegen meinen Hals.

"Das ist ein Projekt für die Zukunft", sagte sie, "Okay?".

"Okay".

"Ich kann sie ehrlich gesagt kaum erwarten, diese Zukunft". 



Hallo ihr Lieben, ihr ahnt es schon: das wird (vorerst?) das letzte Kapitel über Sara und Lili sein. Ich danke euch für eure Votes und fürs Lesen und freue mich natürlich weiterhin über Kommentare und Anregungen. Außerdem arbeite ich gerade schon an einigen neuen Geschichten, die für euch interessant sein könnten. 

Alles Liebe und bis bald ;)

Nichts für immerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt