18. - Nüchtern

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Beim Betreten der Wohnung umhüllte mich erneut Saras Duft.

Am liebsten hätte ich die Augen geschlossen und einfach nur geatmet. Ihr Geruch war mir so vertraut, auf eine seltsame, nostalgische Art. Doch immer mehr mischten sich auch Erinnerungsfetzen aus der jüngsten Vergangenheit in mein Bewusstsein.

Es war seltsam für mich, meine ehemalige Lehrerin plötzlich so dreidimensional wahrzunehmen. Sie war nicht länger eine Figur meiner Fantasie, sie war real.
Sie atmete und sie sprach und sie stand vor mir und... fuchtelte mit den Händen, da ich
scheinbar nicht auf sie reagiert hatte.

„Ist alles okay?", fragte sie leicht besorgt und nickte mit dem Kopf zu einem Barhocker, der neben der Küchenzeile stand, „Möchtest du etwas trinken?".

Ich schüttelte leicht mit dem Kopf und lehnte mich am Stuhl an, während sie weiterhin in
der Küche herumwuselte.

„Ich bin leider noch nicht ganz fertig geworden", entschuldigte sie sich, „Aber ich hoffe es schmeckt dir".

Ich lächelte sie an und sah dabei zu, wie sie sich daran begab, die Nudelsoße abzuschmecken.
Sie sah dabei geradezu fachmännisch aus, irgendwie niedlich.

Trotzdem kam ich nicht umhin, die Schlüsselbeine unter ihrem Blazer anzustarren.

„Kann ich dir noch etwas helfen?", fragte ich schließlich und stand auf.
Auf Saras Anweisung hin begann ich, den Tisch im Essbereich zu decken. Dabei hatte ich
endlich die Chance, ihr Wohnung etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.

Das Zentrum des Wohnzimmers war zweifelsohne der hölzerne Esstisch, um den sich eine Bank sowie drei Stühle sammelten, die sicherlich nicht billig gewesen waren.
Generell wirkte der Raum sehr aufgeräumt, aber nicht lieblos. Mir fielen außerdem eine
dunkelgrüne Couch und ein heller Sessel auf.

Ich schluckte, es war offensichtlich, dass eine Menge Mühe und auch Geld in die
Einrichtung dieser Wohnung geflossen waren.

Hatte Sara die Möbel von ihrem verstorbenen Vater übernommen? Oder mit aus der gemeinsamen Wohnung mit ihrem Ex?

Was war wohl auf dieser Couch schon passiert? Wollte ich das überhaupt wissen?

Saras Worte aus dem Kochbereich des Raumes unterbrachen meine Gedanken, "Das Essen wäre jetzt soweit. Ich habe es sogar geschafft, mich bisher nicht einzusauen".

Ich lächelte und ging ihr entgegen um ihr meinen Teller abzunehmen.

Nur wenige Momente später ließen wir uns am Esstisch gegenüber nieder.

Saras Essen war gut. Obwohl sie nur Nudeln zubereitet hatte, hätte ich gerne noch viel mehr
davon gegessen. Sicherlich lag das auch ein bisschen daran, dass sie diejenige war, die
gekocht hatte.

„Daran könnte ich mich gewöhnen", scherzte ich, nachdem ich mir vorsichtig den Mund abgewischt hatte, „Vielen Dank, das war sehr lecker".

Sara lächelte.
„Na, wenn meine Mädchen das mal hören würden", entgegnete sie, „Die meckern immer
nur".

„Sind die beiden jetzt bei ihrem Vater?", fragte ich vorsichtig nach und half Sara beim
Abräumen des Tisches.

„Nein, bei meiner Mutter", antwortete sie mit einem missbilligenden Blick, „Eigentlich
wären sie heute bei Mark gewesen, aber der musste spontan arbeiten".

In mir machte sich das schlechte Gewissen bemerkbar, schließlich wollte ich nicht, dass Sara meinetwegen Umstände hatte. Während des Gesprächs trugen wir das Geschirr zurück in die Küche.

Ich setzte gerade zu einer leisen Entschuldigung an, als Sara mich unterbracht.
„Sag nichts, Lili"', ermahnte sie mich, „Ich wollte dich gerne sehen, und habe meine Töchter deshalb einfach woanders untergebracht. Kein Grund, sich zu entschuldigen".

Nichts für immerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt