Kapitel 4

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Nach der Schule fahre ich direkt zum Tierheim. Zweimal die Woche gehe ich für ein bisschen Geld mit den Hunden spazieren.

Ich stelle mein Fahrrad ab und betrete das Tierheim.

„Hey, Ari!", ruft Reyna, die gerade Berta, die große Windhündin kämmt.

„Hey!" Ich bücke mich und streichle Bertas Kopf. Die anderen Hunde bellen erfreut, als sie mich sehen.

So sehr ich das Geld brauche, es ist mir trotzdem wichtig, dass ich Spaß an meinen Jobs habe. Und ich liebe Hunde.

Mit Reynas Hilfe mache ich alle Hunde an die Leine. Es sind sechs. Dann mache ich mich auf den Weg.

Ich gehe heute die große Runde. Am Bach entlang und an der Schule vorbei. Dabei habe ich immer Zeit zum Nachdenken.

Ich male mir mal wieder das perfekte Leben aus. Ich wohne in einer Großstadt weit weg von hier. Um mich über Wasser zu halten, gebe ich wie jetzt Tanzunterricht. Wenn ich nach Hause komme, begrüßt mich mein eigener Hund in meiner eigenen Wohnung. Ich bin frei. Niemand fragt mich, wo ich den ganzen Tag war. Charlie und Brianna kommen mich besuchen. Sie wohnen in der Nähe. Wir kochen zusammen Abendessen und sitzen auf meinem Balkon.

Ich seufze. Irgendwann.

Erst als ich eine bekannte Stimme höre, schrecke ich aus meinen Gedanken. Schnell verstecke ich mich hinter einem Busch. Ich bedeute den Hunden, sich zu setzen und still zu sein.

„Nein. Ich hasse sie. Und ich werde sie dazu bringen, sich von uns fern zu halten... Ich habe einfach ein schlechtes Gefühl bei ihr.", lausche ich Wills Stimme. Er läuft an meinem Busch vorbei und hat sein Handy am Ohr.

Ich bin wie erstarrt. Redet er über mich? Er muss über mich reden oder?

„Wenn sie bis morgen nicht kündigt, wird sie die Konsequenzen zu spüren bekommen."

Oh, shit. Er redet wirklich über mich.

„Was ich machen werde. Ich..."

Dann ist er außer Hörweite. Ich atme tief durch. Ich darf mich von diesem Idioten nicht einschüchtern lassen. Was will er schon machen?

Als ich bei Bris Haus ankomme, habe ich immer noch ein ungutes Gefühl. Ich klingle und Blue bellt.

Bri öffnet mir die Tür und grinst, als sie mich mit den ganzen Hunden sieht. „Da seid ihr ja."

Ihr Husky Blue läuft an ihr vorbei und begrüßt alle Hunde. Bri leint ihn an und wir laufen weiter. Bri begleitet mich, seit ich den Job habe, immer mit Blue. Sie läuft mit mir das Stück bis zum Tierheim und dann geht sie wieder heim.

„Ich habe gerade Will getroffen.", sage ich. „Naja, also ich hab ihn gesehen, er mich nicht."

„Und?"

„Er hat telefoniert. Er hat gesagt, dass er mich hasst und ein schlechtes Gefühl bei mir hat. Und wenn ich bis morgen nicht gekündigt habe, gibt es Konsequenzen.", erzähle ich.

Dann muss ich mal wieder ein Häufchen aufsammeln. Der einzige Nachteil an diesem Job. Zum Glück gibt es an jeder Ecke Hunde-Mülleimer.

Bri lacht. „So ein großkotziges Gehabe. Was will er denn machen? Das sind alles nur leere Drohungen."

„Freust du dich auf Freitag?", wechsle ich das Thema.

Bri wird rot. „Ja. Aber, oh Gott, Ari, was wenn er nicht mit mir redet? Oder noch schlimmer, was wenn er mit mir redet und ich wieder nur Schwachsinn von mir gebe?"

Ich drücke ihren Arm aufmunternd. „Du wirst ihn um deinen Finger wickeln. Da bin ich mir sicher."

„Gerrett sieht so gut aus.", schwärmt sie.

Gerrett oder Rett, wie ihn viele nennen, hat dunkelbraune Haare und braune Augen. Er ist muskulös, aber nur ungefähr so groß wie Bri.

„Nicht mein Typ.", erwidere ich.

„Das will ich mal sehen, wer dein Typ ist. Bisher war es nämlich noch niemand."

Ich zucke nur grinsend mit den Schultern. Ehrlich, ich bezweifle, dass ich überhaupt mal irgendjemanden so mögen werde, mich verlieben werde. Wahrscheinlich habe ich das einfach nicht in mir. Nicht mehr.

Am Abend arbeite ich wieder im Diner. Einen Scheiß werde ich tun und kündigen.

Wieder sitzt der Mann mit der Zeitung hinten in einer Booth mit einer Tasse Kaffee vor sich. Und ein paar Tische weiter sitzt ein verliebtes Pärchen.

Ich bringe dem Liebespaar ihre Getränke, dann ihr Essen. Danach gehe ich mit der Kaffeekanne zu dem Mann mit der Zeitung.

„Nochmal...ähm...?"

Er schaut von seiner Zeitung auf. „Karl."

„Nochmal Kaffee, Karl?", lächle ich.

„Schwarz wie meine Seele."

Nachdem ich seinen Kaffee aufgefüllt habe, putze ich die Tische.

„Hey, Ari."

Ich drehe mich um und Connor steht mit seinen Eltern vor mir.

„Oh, hi.", sage ich.

Cons Eltern begrüßen mich und setzen sich an einen Tisch.

Connor bleibt unschlüssig vor mir stehen. Fragend schaue ich ihn an.

„Hast du nochmal was von Will gehört?", fragt er schließlich.

Also erzähle ich ihm, was ich heute mittag überhört habe.

Con sieht sehr wütend aus. „Soll ich nochmal mit ihm reden?"

Vehement schüttle ich den Kopf. „Nein, Con. Du hast gesehen, was heute morgen passiert ist. Ich weiß nicht, warum er mich hasst, aber bisher sind es nichts als leere Drohungen. Ignorieren wir ihn einfach."

Ich nehme die Bestellung von Connor und seinen Eltern auf und gebe sie an Miguel weiter.

Dann öffnet sich die Tür des Diners erneut. Ich erstarre als ich Nader sehe, dann Henry. Nein, bitte nicht. Dann betritt Will das Diner. Scheiße.

Will wirft mir einen bösen Blick zu, bevor sie sich in die gleiche Booth wie letztes mal setzen.

Ich bringe Connors Familie ihre Getränke.

Con wirft einen bedeutungsvollen Blick zu Will. „Alles okay?", fragt er.

Ich lächle tapfer. „Ja."

Dann gehe ich zu dem Tisch der Jungs. „Was kann ich euch heute bringen?"

„Bist du schwer von Begriff, Tiana?"

Böse funkle ich Will an. „Nein, bin ich nicht, William. Ich werde nicht kündigen."

Wir liefern uns ein Blickduell. Nach einer Weile wende ich den Blick ab.

„Das gleiche wie letztes mal.", sagt er dann gelangweilt. Sein Blick wandert zu Connors Tisch. „Was macht Loverboy hier? Passt er immer auf dich auf?"

Ich schnaube. „Ich brauche niemanden, der auf mich aufpasst."

Will zieht spottend eine Augenbraue hoch.

Ich wende mich ab. Der Rest des Abends verläuft relativ friedlich und um halb elf schließen Tara und ich das Diner.

Auf dem Nachhauseweg habe ich wieder das Gefühl, verfolgt zu werden. Ich könnte schwören, als ich mich umdrehe, einen Schatten hinter einen Baum huschen zu sehen. Ich renne nach Hause.

Broken BondsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt