Magie, Seide und Raubkatzen

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~Emilia

Sie bekam ein Zimmer direkt am Abhang der langen Steilküste, die den Strand vom Rest der Umgebung trennte. Es gab nur eine einzige Tür und wenn sie von dem gläsernen Balkon springen wollte, so würde sie sich jeden Knochen einzelnd auf dem Weg nach unten brechen.

Also blieb Emilia nichts anderes übrig, als den Anweisungen dieses Mannes zu folgen.

"Ich erwarte dich pünktlich um Acht unten im Speisesaal, Süße." Emilia hatte weder Hunger noch Lust mit diesem Bastard an einem Tisch zu sitzen und zu essen, doch das Schlimmste war das Kleid, welches sie anziehen sollte.

Feine, orangefarbene Seide, die ihre empfindlichen Stellen nur teilweise bedeckte. Dieser Stofffetzen würde gut in einen Stripclub passen, aber garantiert nicht an ihren Körper.

Doch welche Wahl blieb ihr? Mit Schrecken dachte Emilia an das letzte Mal, als sie sich diesem Kerl widersetzt hatte.

Nun saß Emilia Christensen auf dem weichen Bett inmitten von leichten Vorhängen, hellem Holzboden und einer Raubkatze irgendwo in dieser Hütte.

Wobei Hütte die Untertreibung des Jahres gewesen war. Das Haus war ein ganzes Anwesen und doch wohnte dieser Mann hier anscheinend alleine, denn Emilia hatte keine Angestellten gesehen auf dem Weg durch die langen Flure.

Die Strandvilla erinnerte sie an das kleine Haus ihrer Tante an der Küste Californiens, wo Emilia als kleines Kind oft den Sommer verbracht hatte. Zusammen mit Bill hatte sie Muscheln gesammelt, Sandburgen gebaut und hatte keinen Gedanken an Sonnencreme verschwendet, bis ihr Rücken und das Gesicht feuerrot waren.

Emilia schlug die Hände vors Gesicht. Sie wollte nicht daran denken. Diese schönen Erinnerungen sollten nicht in Verbindung mit diesem Albtraum stehen.

Um halb Acht schaffte die junge Agentin es endlich, aufzustehen und in das angrenzende Bad zu gehen. Dort gab es keine Fenster, nur eine kleine Bambusdusche, ein Waschbecken und drei winzige Spiegel, die nicht funktionell sondern eher dekorativ wirkten.

Trotzdem erhaschte sie einen kleinen Blick auf ihr Aussehen.

Emilia schluckte bei dem Anblick ihrer zerzausten Haare, die völlig verklettet waren und den trüben Augen, die ihr entgegenstarrten. Sie hatte noch nie so schlimm ausgesehen, selbst im Einsatz mit Kratzern, Blut und Dreck im Gesicht. Dort war sie lebendig gewesen. Hier sah sie ein Geist an.

Die junge Agentin tastete mit zitternden Fingern nach einer Haarbürste oder einem Kamm, bevor ihre Beine nachgaben und sie schluchzend zu Boden sank.

Die Welt schien sie zu erdrücken, die Geschehenisse liefen wie ein Stummfilm vor ihren geistigen Auge ab.

In den letzten Tagen war sie den Avengers beigetreten, von ihnen eingesperrt worden, hatte einem Gott geholfen und trug nun irgendein mächtiges, dunkles Ding in sich. Und jetzt war sie hier, erneut eingesperrt und gekidnappt von einem Wahnsinnigen, der nebenbei auch noch Fähigkeiten besaß, gegen die Emilia keine Chance hatte.

Die Shield Agentin weinte so lange, bis ihre Augen rot und geschwollen waren und keine Träne mehr übrig war. Dann flog die Tür zu ihrem Zimmer auf und jemand stürmte hinein.

Erschrocken sah Emilia hoch. 7:55Uhr.

Schnell rappelte sie sich auf und wappnete sich gegen die volle Kraft dieses Irren, der nun erneut mit ihr spielen würde. Doch stattdessen tauchte ein roter Haarschopf an der Badezimmertür auf. Emilia blickte in gehetzte, tadelnde braune Augen.

Die Frau war klein, ihre schwieligen Finger stemmte sie in die Hüfte.

"Was tun Sie denn noch hier drinn?", fragte sie und schnalzte missbilligend mit der Zunge. Dann fiel ihr Blick auf Emilias geschwollenes Gesicht und ihre kaffebraunen Augen wurden weicher.

𝐒𝐡𝐨𝐰 𝐦𝐞 𝐲𝐨𝐮𝐫 𝐝𝐞𝐦𝐨𝐧𝐬 | 𝐋𝐨𝐤𝐢 𝐅𝐅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt