Die SHIELD-Agentin

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~Loki:

Loki hatte sich seit seiner Ankunft auf Midgard wie ein jämmerliches, schwaches Ding gefühlt, doch nun durchströmte ihn endlich etwas seiner alten Kraft, als er die junge Frau umklammert hielt und ihr eine Schere in die Seite drückte. Sie war naiv gewesen, ihn alleine zu lassen, denn Loki war schon kurz darauf aufgewacht. Es hatte ihn zuerst überrascht, ohne Hemd und mit unzähligen, weißen Verbänden dazuliegen, doch dann hatte er die helle Stimme einer Frau wahrgenommen.

Das Mädchen war ziemlich unvorsichtig gewesen und Loki hatte in sich hineingegrinst. Sein Glück hatte er anscheinend nicht verloren. Und auch nicht seine Freude am Spielen, denn ein Blick in ihre geschockten, blauen Augen, als er sie hinter sich her zog, hatte gereicht, um zu wissen, wie heldenhaft sie sich die ganze Aktion eigentlich vorgestellt hatte. Und als Loki dann auch noch die Bestätigung in ihrem Tonfall hörte, konnte er nicht anders, als zu lachen.

Die Retterin, die ihm dann doch in die Falle geraten war. Loki spürte noch immer die bleiernde Schwere seiner Glieder und das Pochen in seinem gesamten Körper, doch jetzt, da seine Wunden versorgt waren, hatte er wenigstens die nötige Kraft, um die zarte Person vor sich auf den Boden zu drücken und dann ihre Waffe zu entfernen.

Da fiel ihm plötzlich das Logo auf ihrer schnell übergeworfenen Jacke auf. Ein Adler auf hellem Grund, drum herum in schwarzen Buchstaben das, wofür der lächerliche Name SHIELD stand. Shield... Loki musste fast wieder lachen. Nein, ein Schild waren sie nie gewesen, eher ein leichtes Hindernis für ihn, was sich schnell beseitigen ließ.

Jetzt aber rief das Logo in ihm ungeahnte Wut hervor und er wusste selbst nicht, wieso. Die junge Frau regte sich unter seinem Griff, ihre wachsamen und doch so naiven Augen wanderten durch den Raum. Ihre Waffe hatte Loki ans andere Ende der Zelle befördert. Er brauchte sie nicht. Die Klinge in seiner Hand würde reichen.

Draußen vor dem langen Gang waren die Black Widow und ihre Gefolgschaft noch immer dabei, die Tür wieder aufzukriegen. Loki vermutete, dass hinter dem Chaos ebenfalls die junge Shield Frau steckte, die nun plötzlich schlaff wurde in seinen Armen. Er kannte die Taktik.

Sie zielte darauf ab, dass der Gegner unvorbereitet auf den plötzlichen Verlust des Widerstandes reagierte und das Opfer so Zeit hatte, sich zu befreien. Loki ließ sie gewähren. Es war stolz und arrogant von ihm, in seinem Zustand soetwas zu wagen, doch sein Hochmut war zurückgekehrt.

Die Frau riss sich mit einem Ruck aus seiner Umklammerung, trat ihm mit einer erstaunlichen Wucht die Schere aus der Hand und stolperte dann los zu ihrer Waffe. Sie kam nicht weit.

Loki hatte ihren Tritt vorausgesehen und hatte sich im gleichen Moment umgedreht, er brauchte also nur die Hand ausstrecken und ihr Bein ergreifen, schon lag sie wieder am Boden.

Sie fluchte laut und drehte sich, trat zu und verfehlte ihn nur um ein Haar, dann schnellte Loki vor, auch wenn sein Körper protestierte. Er umfasste ihre Hand und bemerkte erst da die Bandage. Sie schrie auf und er hielt ihr schnell die Hand vor den Mund. Blut sickerte aus ihrer Hand und seinen Arm hinunter.

Natasha Romanoff rief: "Emilia! Was ist passiert?!"

Emilia also. Loki hatte sich ihren Namen beim ersten Mal nicht gemerkt, doch nun ließ er sich ihn auf der Zunge zergehen. Emilia.

Die Frau namens Emilia versuchte ihm in die Hand zu beißen, doch er gab sie freiwilig los, zischte ihr jedoch dabei ins Ohr: "Denk dir was Hübsches aus."

Er streckte die Hand aus, merkte aber zu spät, dass er über keine Magie mehr verfügte, die die Schere in seine Hand gleiten lassen würde und verfluchte sich. Er hatte im Moment kein Druckmittel, außer seine eigenen Hände. Also grub er eine Hand in ihr Haar und machte deutlich, dass er sie auch so würde umbringen können.

Ihr wilder Blick traf seinen eiskalten und Emilia gab widerwillig zurück: "Alles unter Kontrolle."

Loki zog ihren Kopf noch weiter zurück und gab ihr zu verstehen, dass das nicht reichte.

Ihr keuchender Atem schlug ihm ins Gesicht, als er ganz nah an ihrem Ohr flüsterte: "Sag noch etwas, meine Liebe, oder nicht nur du wirst heute sterben. Deine Avengers werden nicht da sein. Du bist allein."

Emilia antwortete, auch wenn ihre Stimme leicht zitterte, vor Zorn oder vor Angst konnte Loki nicht sagen.

"Der Gefangene macht nur Ärger, aber Agent Christensen hat die Situation im Griff."

"Gefangener", schnurrte Loki ihr ins Ohr und lachte spöttisch. "Gefällt mir, angesichts der Ironie der Situation. Sag mir..."

Er kam noch näher, kostete ihren Namen voll aus. "...Emilia Christensen, wie kann eine Frau von Shield nur so überaus dumm sein?"

"Wie kann ein Gott wie Sie nur so überaus arrogant sein", gab sie gefährlich leise zurück und Loki knallte ihren Kopf gegen die Glasscheibe.

"Du solltest diesem Gott etwas mehr Respekt erweisen", spie er ihr entgegen und versuchte seine Wut zu unterdrücken.

Sie war nichts! Nur ein Mensch, eine schwache Frau, die so naiv gewesen war, sich mit ihm anzulegen.

Doch was war er jetzt? Er war genauso schwach und erbärmlich. Er war nichts mehr wert, nichts. Die eiskalte Wut schlug über ihm zusammen, ließ sich nicht mehr unterdrücken.

Loki musste der Wut ein Ventil geben, musste irgendetwas tun. Also zog er sie wieder näher zu sich heran und drückte ihre verletzte Hand, drückte die andere vor ihren Mund und ließ sie sich winden. Sie schrie, doch es kam kein Ton, ihr warmes Blut rann über seine Hand. Es tat gut, so....

Schlagartig ließ er sie los, wich zurück. Was hatte er...er hatte ihr wehtun wollen. Er hatte ihr wehtgetan.

Er hatte sie leiden lassen wollen, doch in seinem Geist machte sich urplötzlich ein Bild seiner Mutter breit, verdrängte alles andere. Wie sie ihn angesehen hatte, wie sie mit ihm umgegangen war, so viel freundlicher, als alle anderen. Wie sie ihn...

Er sah wieder zu der Frau, die mit schmerzverzerrtem Gesicht am Boden lag, sah in ihr plötzlich seine Mutter. Nein, das konnte er nicht!

Reiß dich zusammen!

Frigga schaffte es selbst jetzt noch, ihn zur Vernunft zu bringen.

Die Wut ebbte ab, verschwand dann vollkommen und zurück blieb ein leeres Gefühl, zurück blieb seine gespaltene Seele, der ein essenzieller Teil entzogen worden war. Er blickte sich um, blickte sie an, wie ihre Hand den Boden rot färbte, wie Angst in ihren Blick kroch und wie sie sich an die Glaswand presste, so weit weg von ihm, wie nur möglich.

Monster

Das hatte ER aus ihm gemacht. Oder war er schon immer eines gewesen?

Er ging einen Schritt auf sie zu, wusste nicht, was er tun sollte und plötzlich kehrten diese allumfassenden Schmerzen zurück. Und da bemerkte Loki, dass sie nicht von seinen äußerlichen Verletzungen kamen, zumindest nicht hauptsächlich. Sie kamen von seiner Seele und seinem Herzen, in dem nun ein Loch prangte, welches er vorher immer mit seiner Magie gefüllt hatte.

Loki wollte gerade ansetzen, etwas zu sagen, als eine Tür geöffnet wurde. Er hatte gerade noch Zeit, in Richtung Gang zu blicken, dann schoss ein Taser auf ihn zu und die Dunkelheit umfing ihn erneut mit Klauen der Vergangenheit. Loki wusste, wer dort lauern würde, wer ihn verschlingen würde.

Das letzte, was er sah war Emilia Christensen, die ihn ansah. Aber ohne Furcht, wie er feststellte. Und das verwirrte ihn so sehr, dass ER noch eine Weile länger auf ihn wartete. Doch es war sicher, dass ER ihn dieses Mal wieder besuchen kommen würde, wie schon so viele Male davor.

Doch nun war Lokis As im Ärmel verschwunden.

𝐒𝐡𝐨𝐰 𝐦𝐞 𝐲𝐨𝐮𝐫 𝐝𝐞𝐦𝐨𝐧𝐬 | 𝐋𝐨𝐤𝐢 𝐅𝐅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt