Kapitel 12

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Die Woche zieht sich schleppend, aber auch sie geht vorbei und ich habe es wieder irgendwie bis Freitag geschafft. Im Verlauf der Woche ging es mir wieder zunehmend schlechter.  Jimin und Jieun sind ein paar Mal abends vorbeigekommen und wir haben zusammen gegessen. Die Wahrheit aber ist, ich habe den ganzen Tag nichts gegessen, um mir alles für den Abend aufzusparen und selbst dann habe ich mich kaum dazu durchringen können. Damit sich Jieun und Jimin aber keine weiteren Sorgen machen, habe ich ihnen diesen kleinen Teil verschwiegen und sie gehen davon aus, dass ich auch in der Kita esse.
Mich plagt mein schlechtes Gewissen, weil sie für mich da sind und ich sie einfach belüge und zur Verschlechterung meines Zustandes beitrage. Dabei wollte ich doch an mir arbeiten.

Es ist bereits später Nachmittag und es sind nur noch wenige Kinder anwesend. Eine von ihnen ist Ahri, die mit zwei weiteren Kindern am Tisch sitzt und malt.
Meine Hände zittern und mir ist schwindelig. Mich packt ein Dejavu und ich hoffe inständig, dass ich es durchhalte und es keine Wiederholung vom letzten Freitag gibt.
Ich werde aus meinen Sorgen geschreckt, als ich eine Hand auf meiner Schulter spüre. Eine Kollegin sieht mich besorgt an und sagt: “Taehyung, du kannst ruhig nach hause gehen, es ist eh nicht mehr viel los, du siehst echt nicht gut aus”.
Ich schaue sie an, “Ist das wirklich okay für euch?”. Sie nickt und auch meine zweite Kollegin hält aus der Ferne ihren Daumen nach oben.
Ich bin ihnen wirklich dankbar. Müde packe ich meine Sachen zusammen und verlasse die Kita.

Vor der Kita führt eine Treppe hinunter, die ich jetzt versuche, mit wackeligen Schritten nach unten zu gehen. Ich halte mich am Geländer fest. Meine Beine fühlen sich wie Wackelpudding an und drohen jeden Moment weg zu knicken.
Das darf doch nicht wahr sein, ich muss mich zusammenreißen, schließlich können mich hier auch Eltern sehen.
Und kurz nachdem ich meine Gedanken zu ende gedacht habe, höre ich eine Autotür, die zugeknallt wird. Noch bevor ich irgendwie auf Namjoons Gruß reagieren kann, geben meine Beine nach und ich verliere das Gleichgewicht. Nicht zu fassen, ich habe mich so sehr erschrocken, dass meine Beine einfach nachgeben und nun dabei bin, die Treppe runter zu fallen. Ich versuche mich noch verzweifelt am Geländer festzuhalten und höre Namjoon überrascht keuchen.
Noch während ich mit meinem Körper auf den Treppen aufkomme, spüre ich sogleich einen anderen Körper, der meinen Sturz abfängt und höre noch eine weitere Autotür, die zugeschlagen wird. Bitte nicht. Wie unangenehm. Zu allem Überfluss fühle ich mich so, als könnte ich jeden Moment in Ohnmacht fallen. Ich muss mich beruhigen, ich darf nicht die Kontrolle verlieren! “Oh mein Gott, Taehyung! Ist alles in Ordnung??” Höre ich Namjoons aufgeregte Stimme. Ich will etwas erwidern, doch keine Laute verlassen meinen Mund, stattdessen nicke ich nur und versuche irgendwie aufzustehen. Jetzt erst bemerke ich den Zweiten Mann, der neben Namjoon steht und jetzt das Wort erhebt: “komm, wir packen ihn kurz ins Auto, dann kann er dort in Ruhe wieder zu sich kommen.” Jungkook!, schießt es mir durch Kopf und mein Herzschlag beschleunigt sich. Das hat zur Folge, dass ich noch weniger von meiner Außenwelt mitbekomme und alles in einen dunklen Schleier gehüllt ist. Ich werde von beiden zum Auto getragen und auf den Sitz gesetzt. Jungkook setzt sich neben mich. Er riecht einfach so gut. Ich versuche mich auf meine Atmung zu konzentrieren und meinen Herzschlag zu beruhigen. Vermutlich denken beide, ich bekomme nicht mehr viel mit, doch ich höre sehr wohl wie Namjoon zu Jungkook sagt: “Tja, soviel zu deinem Plan, dich im Auto zu verstecken, wenn das mal kein Schicksal ist.” Darauf ertönt ein dumpfer Schlag und ein “Aua” seitens Namjoon. “Bring was zu trinken mit!”, höre ich Jungkook, wohl Namjoon hinterher rufen und schon ist die Autotür wieder zu gefallen und es kehrt eine angenehme Stille ein.

“Kannst du mich Hören?..Tae…?” Ich halte meine Augen geschlossen, aus Angst, dass ich einfach weine, wenn ich sie öffne. Heißt das, Jungkook ist nicht mit in die Kita rein gegangen, nur um mich so zu meiden? War ihm das ganze etwa so unangenehm oder hat er bemerkt, dass ich ihn attraktiv finde? Aber Namjoons Äußerung bezüglich “Schicksal”... Nein, keine Hoffnungen, keine Fantasien. Wir kennen uns nicht mal, der Prinz, der in dein Leben tritt und dich rettet und all deine Probleme verschwinden lässt, gibt es nicht.
“Hey”, höre ich Jungkook wieder, “bekomme ich eine Antwort?" Hinter deinem hübschen Köpfchen scheint grad ne Menge los zu sein.” Ich reiße meine Augen auf und schaue ihn entgeistert an. “Wusste ich's doch?", sagte Jungkook sanft und ein leichtes Lächeln lag auf seinen Lippen. Gleich darauf legte er aber einen Arm um meine Schultern. “Mach langsam, ja? Wenn es dir besser tut, mach die Augen wieder zu, ich wollte nur sichergehen, ob du auch wirklich in Ordnung bist.”
“Es geht schon, Danke”, krächze ich nur und noch bevor ich mich weiter in Grund und Boden schämen kann, wird die Tür wieder geöffnet und Namjoon setzt Ahri in ihren Kindersitz. Sie bemerkt mich und ruft begeistert: “TAAAEEE, kommst du mit zu uns nachhause?” Namjoon antwortet ihr stattdessen:  “Nein Schatz, ich glaube nicht das Taehyung mit zu uns nachhause will, ich glaube wir bringen ihn nur zu sich nachhause.” er reicht mir eine Wasserflasche die ich dankend annehme. “ Das ist aber schade”, sagt Ahri. “kannst du morgen vorbei kommen? Dann kommen Papas Freunde und Jungkook ist auch da. Die wollen dann immer nie mit mir spielen, aber dann kannst du doch vorbei kommen und wir spielen zusammen.
Ich muss lachen und auch Namjoon stimmt mit ein. Diesmal ist es Jungkook der Ahri anblickt und ihr zur Antwort gibt: “Klar Ahri, du weißt aber schon das Taehyung hier arbeitet und sich ganz bestimmt auf ein Kinder freies Wochenende freut."
Ahri streckt Jungkook die Zunge raus und dieser tut es ihr gleich. Namjoon schüttelt nur den Kopf und setzt sich nach vorne, um den Wagen zu starten.

Gebrochen | TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt