Es ist bereits Mittags und ich kann nichts mit mir anfangen. Jimin kommt ab 17 Uhr vorbei. Er ist vorher noch bei seiner Familie. Auch Jieun ist leider wieder verplant und somit muss ich es schaffen, irgendwie alleine mit meiner Nervosität umzugehen. Ich habe heute Morgen mit Jieun gechattet, sie auf dem laufenden gehalten und sie hat kurz mit dem Gedanken gespielt, ihre Verabredung abzusagen und mitzukommen.
Ich konnte es ihr ausreden. Ich freue mich ja, dass meine Freunde ein so reges Interesse an mir haben, aber umso schlimmer wird es werden, wenn sich mein Glaube, dass Jungkook an mir interessiert ist, als Irrtum herausstellt. Zumal beide wissen, dass
ich was für ihn empfinde. Es ist zum Haare raufen, als hätte ich nicht schon genug Probleme.
Ich stöhne gequält auf und schlage mir mit der flachen Hand gegen meinen Kopf. Schluss jetzt, denke ich, ich kann ja schonmal anfangen, mich fertig zu machen.Nach einer gefühlten Ewigkeit betrachte ich mich im Spiegel. Es war gar nicht so einfach etwas zu finden, was meine Figur zwar betont, ohne aber zu sehr preiszugeben, wie abgemagert ich aussehe. Das groteske daran ist, dass ich überall Makel an mir sehe, Fettpolster, die anscheinend nicht da sind, zumindest wenn ich den Anderen glauben schenken kann. Ich weis auf der einen Seite, dass ich Blicke auf mich ziehe. Menschen mich ansehen, weil mein dünner Körper auffällt, zumindest dann, wenn ich sehr figurbetonte Kleidung trage. Auf der anderen Seite habe ich gelernt, das die Blicke mit weiter Kleidung weniger werden, doch gleichzeitig fühle ich mich dadurch auch unwohl. Dann bekomme ich das Gefühl die Menschen verurteilen mich, für das Fette Monster, das ich unter dieser Kleidung bin. Es ist traurig, was die Psyche mit einem machen kann. Was man sich selbst antun kann. Ich würde niemanden über seine Figur verurteilen und ich bin so froh wenn ich sehe, das die Menschen, die ich liebe gesund sind und vernünftig essen. Aber mich selbst verurteile ich.
Ich seufze und zupfe wieder an meiner Kleidung rum. Ich trage ein lockeres Hemd, welches ich in meine Hose gesteckt habe. Die Hose ist aus einem Stoff, der locker meine Beine umschließt und nach unten hin etwas weiter wird. Dazu noch einen Gürtel und ein Halstuch.
Ja, ich gefalle mir und ich kann später immer noch Jimin fragen, ob ich auch wirklich so rumlaufen kann. Ich mache mir noch Ohrringe rein. Ehe ich mich noch meinen Haaren zuwende. Meine blond gefärbten Haare hängen mir die meiste Zeit ins Gesicht, und ich habe Lust, sie mir heute nach hinten zu gelen. Gesagt, getan. Zu guter Letzt, trage ich noch etwas Make up auf, nicht zu viel, nur ein bisschen die Augenbrauen formen, die Lippen betonen und die Augen hervorheben und ich bin fertig.
Ich bin zufrieden mit mir. Ich habe mich schon lange nicht mehr gestylt, irgendwie hat mir das gefehlt. Aber normalerweise bedeutet für mich auszugehen oder mich einfach nur zu verabreden unglaublich viel Kraft und alleine der Gedanke versetzt mich schon unter Stress.
Um ehrlich zu sein, fühle ich mich auch nicht gerade besser als sonst und dennoch.
Die Freude, Jungkook wiederzusehen, überwiegt all die negativen Konsequenzen, die das für mich mitbringt.“Wooow”, kommentiert Jimin, als ich ihm später die Tür öffne.
“Tae, du siehst hinreißend aus! Ich meine das tust du eigentlich immer, aber wenn er spätestens jetzt nicht anbeißt, dann weis ich auch nicht.”
Mit “er”, meint er wohl Jungkook und sein Kompliment ist mir etwas unangenehm.
“Du siehst auch gut aus”, sage ich zu Jimin und mache Platz, damit er in meine Wohnung eintreten kann.
Jimin zieht seine Jacke und Schuhe aus und wir gehen ins Wohnzimmer und setzen uns auf die Couch.
“Wie fühlst du dich, Tae?", fragt Jimin mich, “Ich meine, abgesehen von deiner Nervosität. Hast du schon etwas gegessen? Wie gehts dir Körperlich?"
Jimin scheint ehrlich besorgt zu sein und auch ich bin es ehrlich gesagt. Es gebe für mich heute nichts schlimmeres als dort vor aller Augen umzuklappen, oder so. Deswegen habe ich heute darauf geachtet, mehr zu trinken als sonst und eben habe ich noch etwas gegessen.
Ich teile dies auch sogleich Jimin mit und er scheint damit zu frieden.Kurz vor 18 Uhr werden meine Zweifel wieder größer und ich bin immer wieder kurz davor, etwas an meinem Outfit zu ändern. Vielleicht habe ich zu dick aufgetragen und bin overdressed? Sind die Ohrringe zu viel? Oder ist mein Halstuch zu albern?
Jimin hat alle Mühe damit, mich jedesmal aufs Neue davon abzuhalten, panisch ins Bad zu rennen und meine getroffenen Entscheidungen zu überdenken.
Ich verhalte mich so albern, wie machen andere Menschen das? Wieso kann ich nicht einfach mal zu mir stehen? Mir gefällt mein Style und Outfit, warum kann ich das nicht einfach akzeptieren und mich von den Meinungen anderer Personen abgrenzen. Mir sollte es egal sein was andere von mir denken und doch ist es das ganz und gar nicht.
Mein Herz macht plötzlich einen Aussetzer, als die Türklingel ertönt.
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Gebrochen | Taekook
FanficTaehyung stand mit beiden Beinen im Leben, eine Wohnung, einen Job. Doch wie soll man alles schaffen und aufrechterhalten, wenn man nicht in die Gesellschaft hineinpasst? Wenn man den Anforderungen nicht gerecht werden kann? Das einzige, worin er no...