Kapitel 18

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“Ich bin mit 21 zum Militär gegangen”, fing Jungkook an zu erzählen.
“Damals war das sozusagen ein Neubeginn für mich. Es war alles recht spontan und war für mich eine willkommene Gelegenheit meinen Alltag zu entfliehen. Und ja, ich bin dort irgendwie hängen geblieben."
Er fixierte einen Punkt, irgendwo in der Ferne, als würde er in Erinnerungen schwelgen.
“Tja und dann wurden sechs Jahre daraus", seufzt er und nimmt noch einen Schluck von seinem Bier.
“Aber im Großen und Ganzen denke ich gerne daran zurück. Nach meiner Wehrpflicht wurde es halt mein Job.” 
Ich hörte ihm interessiert zu. Ich konnte gar nicht anders als ihn dabei die ganze Zeit anzustarren. Gott, er war so attraktiv und einfach zum dahinschmelzen.
Plötzlich richtete Jungkook seinen Blick auf mich und ich fühlte mich unglaublich ertappt, doch er lächelte nur. Damit ich irgendetwas sage und diesen Moment etwas weniger unangenehm für mich werden zu lassen, frage ich: “Wieso hast du dann aufgehört und entschlossen das Militär zu verlassen?”. Jungkook wandte seinen Blick wieder ab und senkte ihn.
“Naja, ich hab dort jemanden kennengelernt. Unter anderem war ein Grund, warum ich zum Militär gegangen bin, eine gescheiterte Beziehung, die ziemlich unschön geendet ist. Der Grund, das Militär zu verlassen, war derselbe.”
Jungkook hat seine Augenbrauen zusammengezogen und zwischen ihnen sind zwei Falten entstanden.
Er wirkt verletzt und nachdenklich.
Ich wollte keine Wunden aufreißen. Ich bin neugierig und würde gerne mehr erfahren, vor allem welches Geschlecht seine Ex Partner hatten, trotzdem sage ich:
“Sorry, ich wollte keine alten Wunden aufreißen oder so. Du musst nicht weiter darüber reden.” 
Jungkook sieht mich überrascht an, dann schleicht sich ein Lächeln auf seine Lippen. 
“Danke”, erwidert er, nimmt einen tiefen Atemzug und lässt die Luft danach geräuschvoll entweichen.
“Das ist eh Vergangenheit” und fügt hinzu, so als könne er meine Gedanken lesen, “es war von vorneherein ne Scheißidee. Beide Beziehungen zu Männern, beide heimlich und eine sogar Strafbar, wenn man uns erwischt hätte.”
“Tja, wo die Liebe hinfällt", meldet sich Jin zu Wort. "Das Leben ist nicht fair und schon gar nicht in einem homophoben Land.”
Ich nicke traurig und gleichzeitig flattert mein Herz. Jungkook steht auf Männer! Ich versuche noch mit Vernunft, der drohenden Welle der Hoffnung zu entkommen, aber es ist zu spät. 
“Naja, aber davon mal abgesehen..”, sagt Jungkook, während er aufsteht und seine leere Bierflasche in den Händen hält, “...waren beide riesen Arschlöcher und haben mich eh nur von vorne bis hinten verarscht”. Damit steht er auf und geht in die Küche, um sich ein neues Bier zu holen.
Als er wiederkommt und sich wieder setzt, sage ich: “Mein Ex ist auch ein Arschloch, war auch keine leichte Zeit. Vielleicht führt das Karma ja ihn, mit deinen zusammen und sie können sich gegenseitig so weh tun, wie sie uns weh getan haben.” 
Nachdem ich geendet habe, sehe ich zu Jungkook und mich trifft völlig unerwartet ein Blick, der so voller Schmerz ist, das er mich zu durchrgingen scheint.
In mir zieht sich alles zusammen, so als würden seine Emotionen, die nur in seinen Augen liegen, einmal durch mich durch gehen. 
“Egal…”, sage ich schnell, …” wir sollten vielleicht aufhören und die Themen auf schönere Dinge lenken."
Ich nehme mir mein Weinglas und leere den Rest in einem großen Schluck, ehe ich es wieder auf den Tisch stelle.
“Wie wärs…”, meldet sich dann Namjoon zu Wort, der uns wohl zugehört hat, “...wenn wir ne Runde Karaoke singen?”
Gesagt, getan.

Die erste Runde singen Namjoon, hoseok und Yoongi. Ich bin hin und weg von ihrer Rap-Einlage. Auch Jimin neben mir gefällt das und verhält sich bei Yoongis Part wie ein Fanboy. Jimin ist schon ziemlich betrunken und zwischen den beiden fliegen nur so die Funken hin und her. Nachdem der Song geendet ist, wendet sich Yoongi an uns und sagt: “So ihr beiden Hübschen, jetzt seid ihr an der Reihe.”
Jimin kichert und sucht uns einen Song heraus und ich weis gerade nicht, ob ich nicht doch noch zu nüchtern dafür bin. Irgendwie ist mir das peinlich, auch wenn ich weis das wir beide gut singen können, schäme ich mich etwas, besonders vor Jungkook. Und natürlich sucht Jimin ein Liebeslied raus. 
Es ist ein Duett und Jimins Part beginnt.
Ich beobachte dabei Yoongi und seine Reaktion ist zum schießen. Damit hat er wohl nicht gerechnet. Jaaa Jimin und seine engelsgleiche Stimme. Ich bin jetzt umso aufgeregter, weil meine Stimme das komplette Gegenteil ist.
Egal, ich richte meinen Blick einfach auf die Untertitel auf dem Bildschirm und beachte nichts weiter.
Mein Part fängt an und ich singe. Ich liebe es zu singen und meine ganzen Gefühle in den Song fließen zu lassen. Wie auch bei Jimin, vernehme ich anerkennende Kommentare von den Jungs. Dann singen Jimin und ich im Einklang. Er übernimmt die Höhen und ich die Tiefen.
Dann endet der Song und neben mir erklingt ein anerkennendes “Woaaaaaahrrg”. Ich richte meinen Blick auf Jungkook, der diese Laute von sich gegeben hat und er guckt mich mit einem Blick an, den ich kaum beschreiben kann.
“Das war wirklich unglaublich”, sagt er leise und reibt sich über seine Arme.
“Und jetzt du”, sage ich und reiche ihm mein Mikro weiter. Auch Jin nimmt ein Mikro entgegen.
Bevor der Song startet, grölt Hoseok noch: “Meine sehr verehrten Herren, unser ehemaliges Idol gibt uns die Ehre, uns ein ganz privates Ständchen zu siingeeeen.”
Jetzt bin ich verwirrt, redet er von Jin oder Jungkook und war einer von ihnen wirklich mal ein Idol oder war das nur ein Joke? Ehe ich mir noch weitere Gedanken machen kann, beginnt Jungkook zu singen und meine Welt bleibt für einen Moment stehen.
Spätestens jetzt bin ich verliebt. Ich meine, irgendwie war ich es auch schon vorher, aber spätestens jetzt wird es mir klar.
Seine Stimme löst emotionen in mir aus, die mich völlig überwältigen. Selbst meine Schmerzen, die mich jeden Tag begleiten, sind für diesen Moment vergessen.
Dann singt Jin und auch er ist gut, aber nach Jungkooks Gesang, würde ich am liebsten nie wieder etwas anderes hören, als seine Stimme.
Nach dem Jungkook und Jin fertig mit dem Lied sind, blicke ich ihn an.
"Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. ”Das! war einfach nur WOOOW."
"Naja" sagt Hoseok, "er war ja auch ein Idol und hat ne entsprechende Ausbildung genossen”. Also doch. Ich sehe Jungkook mit großen Augen an und plötzlich fügt mein Gehirn die einzelnen Teile zusammen. Warte mal, damals vor 8 Jahren rum oder so gab es doch mal ein Skandal, der durch die Medien ging. Könnte es sein?
Ich Blicke zu Jungkook und Frage: “Ah, irgentwas mit sinner."
Anstatt Jungkook, gibt mir Jin eine Antwort: "Genau die", "the sinner",der Name war Programm", zwinkert er in die Runde und Jungkook stöhnt genervt auf.
"Du kannst es googeln, ich habe jetzt keine Lust darüber zu reden."
“Nein”,  sage ich, “ du musst nicht darüber reden. Idol Karriere hin oder her. Du hast eine unglaublich schöne und tolle Stimme."
“Ich will euch ja nicht unterbrechen”, tut es Yoongi aber trotzdem, “Jimin und ich machen uns auf dem Weg, also bis dann” sagt er und Jimin schlägt ihn spielerisch sanft auf die Brust und sagt “warte noch kurz, ich muss doch noch Taaaeee Bescheid sagen und sorgen das er gut nach hause kommt.”
Er wendet sich mir zu und will gerade zum Sprechen ansetzen, da falle ich ihm ins Wort und sage: "Alles gut, geht nur, natürlich komme ich auch ohne dich Heil nach Hause."
“Ich bringe ihn nach Hause", überraschen mich Jungkooks Worte neben mir.
Jimin fängt dreckig an zu grinsen und ich verdrehe die Augen.
“Haut schon ab und habt Spaß.” Das ließen sich die beiden nicht zweimal sagen und verließen kurze Zeit darauf das Haus.
Ich lächle ihnen nach und freue mich für Jimin. Wär hätte gedacht, dass dieser Abend für ihn solch eine Wendung nimmt. Er hat es sich verdient ein bisschen Spaß zu haben, schließlich hat er sich in letzter Zeit sehr viel Zeit für mich genommen und alles andere hinten angestellt.

Wir restlich verbliebenen singen noch ein wenig, aber ich bin extrem erschöpft und setze die letzten Runden aus. Jungkook bemerkt es wohl auch und fragt mich, ob er ein Taxi rufen solle. Ich bin ein bisschen traurig, dann bringt er mich wohl doch nicht nach Hause, wobei so viel wie er getrunken hat, kann er eh kein Auto mehr fahren. Ich nicke trotzdem und Jungkook tippt in seinem Handy rum. “Ist in 10 minuten da, dann lass uns schon langsam anziehen”. Mein Puls geht augenblicklich wieder nach oben. “Du willst mit?”, frage ich und meine Stimme klingt etwas zu hoch und überrascht. “Na klar, ich habe doch gesagt, ich bringe dich nach Hause und Taxi geht am schnellsten.”
Augenblicklich muss ich lächeln und antworte mit einem knappen “Okay”. Wir erheben uns von der Couch und ich brauche einen Moment, da sich der altbekannte dunkle Schleier um meine Augen legt und mir etwas schwindelig wird. Sofort legt Jungkook seine Hand auf meinen Rücken und blickt besorgt zu mir rüber.
“Alles okay?, fragt er. Ich nicke, “geht gleich wieder”, sage ich. Nach wenigen Augenblicken habe ich mich wieder gesammelt und wir machen uns langsam fertig, ehe wir uns von den anderen verabschieden.
Weniger als 10 Minuten später, sitzen wir beide im Taxi. 

Gebrochen | TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt