Kapitel 38

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Der Raum war still, bis auf das Echo meiner unregelmäßigen Atemzüge. Die Präsenz von Kokushibo erdrückte mich, als würde sie die Luft aus meinen Lungen pressen. Vor mir stand der Dämon, mein Vorfahre, mein einstiger „Vater", der mich geformt und gebrochen hatte. Seine Augen – drei auf jeder Seite seines Gesichts – glühten in einer Mischung aus unheimlicher Ruhe und kalter Überlegenheit.

Meine Hände zitterten, als ich den Griff meines Katanas fester umklammerte. Ich wollte es ziehen, wollte ihn angreifen, wollte beweisen, dass ich mich von seiner Kontrolle gelöst hatte. Doch mein Körper... weigerte sich. Jeder Muskel in mir schrie danach, sich zu bewegen, doch ich blieb wie eingefroren.

Kokushibo betrachtete mich mit einem Ausdruck, den ich nur zu gut kannte: eine Mischung aus Verachtung und falschem Mitgefühl. „Warum zögerst du, Muichiro?", fragte er mit seiner tiefen, einschüchternden Stimme. „Hast du nicht geschworen, alle Dämonen zu vernichten? Oder bist du noch immer das Kind, das nach Anerkennung sucht?"

Seine Worte trafen mich wie ein Schlag in die Magengrube. Ich zitterte noch stärker. Mein Atem ging schneller, und meine Gedanken rasten. Warum konnte ich ihn nicht angreifen? Warum fühlte ich diese seltsame Verbindung zu ihm, diese Schuld, diesen Drang, ihm zu gefallen?

„Du...", flüsterte ich, die Worte kaum hörbar. „Du hast mich... geformt. Du hast mich zerstört."

„Zerstört? Nein, Muichiro", sagte Kokushibo mit einer Ruhe, die mich umso mehr verunsicherte. „Ich habe dich gerettet. Dich aus einer Welt der Schwäche und Bedeutungslosigkeit geholt. Ohne mich wärst du nichts. Ohne mich wärst du gestorben, als du noch ein Baby warst."

Seine Worte gruben sich tief in meine Gedanken, rissen alte Wunden auf, die ich seit Jahren zu verbergen versucht hatte. Ich sah ihn an, mein Blick flackernd zwischen Hass und... Zweifel. Ich erinnerte mich an die Zeit, als ich ein Kind war, als ich von ihm abhängig war. Er hatte mich gequält, ja, aber er hatte mir auch Überleben beigebracht.

„Das ist nicht wahr", murmelte ich, aber meine Stimme war schwach. War es nicht wahr?

Plötzlich packte Kokushibo mich am Hals und hob mich mit einer Leichtigkeit hoch, die seine Stärke zur Schau stellte. Ich strampelte, versuchte, mich aus seinem Griff zu befreien, doch seine Finger gruben sich tief in meine Haut, raubten mir die Luft.

„Sieh dich an", sagte er leise, fast mit einem Hauch von Spott. „Ein jämmerlicher Schatten dessen, was du sein könntest. Du hast die Kraft, Muichiro, aber du weigerst dich, sie zu nutzen. Du willst Menschen schützen? Wie lächerlich. Menschen sind schwach. Du gehörst nicht zu ihnen."

Meine Beine traten gegen die Luft, meine Finger kratzten an seinen Händen, doch es war zwecklos. Der Druck um meinen Hals wurde stärker, bis ich keinen Widerstand mehr leisten konnte. Ich fühlte mich wie das hilflose Kind von damals, ein Baby, das zum ersten Mal alleine gelassen wurde. Meine Vision verschwamm, und plötzlich begann ich zu weinen – wie ein Baby. Die Tränen liefen heiß über mein Gesicht, und ich hasste mich dafür, doch ich konnte sie nicht stoppen.

„Lass mich los...", brachte ich mit erstickter Stimme hervor, doch Kokushibo ignorierte mich. Stattdessen zog er mich näher an sich heran. Dann, ohne Vorwarnung, biss er in meinen Hals. Der Schmerz war brennend, doch es war kein tödlicher Biss. Er trank nicht mein Blut, er riss nicht an meinem Fleisch. Es war fast... sanft. Und doch war es die größte Demütigung, die ich jemals erlebt hatte.

„Hörst du das?", flüsterte er in mein Ohr, während ich in seinem Griff hing. „Das ist die Wahrheit, die durch dein Blut ruft. Dein Schicksal ist nicht das eines Menschen. Du bist etwas Höheres, Muichiro. Du gehörst zu mir."

„Nein...", keuchte ich, doch mein Widerstand wurde schwächer. Meine Gedanken waren ein Chaos, ein Sturm aus Erinnerungen und Gefühlen. Er hatte mich entführt, als ich ein Baby war. Er hatte mich von Yuichiro getrennt, von meiner Familie. Und doch hatte ein Teil von mir immer nach ihm geschaut, als wäre er... ein Vater.

„Hör auf, dagegen anzukämpfen", flüsterte er. „Du bist mein Blut. Mein Fleisch. Du kannst nicht entkommen."

Plötzlich ertönte ein lautes Geräusch, das mich aus meiner Trance riss. Eine Explosion hallte durch den Raum, und Kokushibo ließ mich los, als etwas – oder jemand – auf uns zustürmte. Ich fiel zu Boden, keuchend und zitternd, während meine Hand automatisch nach meinem Katana griff. Doch als ich aufsah, sah ich, dass jemand zwischen mir und Kokushibo stand. Es war Gyomei.

„Muichiro!", rief er, seine tiefe Stimme wie ein Fels inmitten des Chaos. „Rühr dich! Wir müssen kämpfen!"

Gyomei schwang seine gewaltige Waffe, und Kokushibo wich mit einer Geschmeidigkeit aus, die beinahe übermenschlich wirkte. Der Raum füllte sich mit dem Klang von Klingen, die aufeinandertrafen, von Schreien und dem Knirschen von Stein. Doch ich... ich konnte mich nicht bewegen.

„Muichiro! Wach auf!", rief Sanemi, der plötzlich ebenfalls im Raum erschien, seine Wut und Entschlossenheit wie ein brennendes Feuer. „Wenn du jetzt aufgibst, bist du tot!"

Die Worte rissen mich aus meiner Lähmung. Tot? Nein, ich konnte nicht sterben. Nicht hier. Nicht jetzt. Ich griff nach meinem Katana, spürte, wie sich die Entschlossenheit in mir wieder regte – doch es war nicht genug. Meine Hand zitterte immer noch, mein Herz war noch immer zerrissen.

Kokushibo warf Gyomei gegen die Wand, als wäre er ein Spielzeug, und richtete seinen Blick wieder auf mich. „Du kannst nicht kämpfen, Muichiro", sagte er mit einem Hauch von Triumph. „Du gehörst zu mir. Warum versuchst du, dich zu wehren?"

„Ich...", flüsterte ich, meine Stimme gebrochen. Warum konnte ich nicht kämpfen? Warum war ich so schwach?

„Muichiro!", schrie Sanemi erneut, als er auf Kokushibo zustürmte. Doch bevor er ihn erreichen konnte, öffnete sich der Boden erneut unter uns, und ich fiel – diesmal tiefer, dunkler, kälter als je zuvor.

Ich schlug hart auf und blieb keuchend liegen. Der Raum um mich herum war still, die Dunkelheit erdrückend. Warum konnte ich nicht gegen ihn kämpfen? Warum fühlte ich diesen Drang, ihm zu folgen, ihm zu gehorchen?

„Yuichiro...", flüsterte ich, als ich die Tränen über mein Gesicht laufen fühlte. Was hätte mein Bruder jetzt getan?

Doch die Antwort blieb aus, und die Dunkelheit schloss sich wie eine eisige Hand um mein Herz.

The Unfair Life Of The Mist Hashira [Muichiro FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt