Kapitel 35~Blaue Augen

556 38 3
                                    

Es könnte also sein, dass ich die Spritze injiziert bekommen hatte?Heißt das, dass ich meinen Wolf auch verlieren könnte? Ich hatte mich zwar erst vor nicht allzu langer Zeit verwandelt, aber trotzdem konnte ich mir nicht mehr vorstellen, wie es ohne meinen Wolf war.

„Mila!Hast du Veränderungen an dir festgestellt?", fragte Drake nochmal.Ich schob meine Panik beiseite und versuchte herauszufinden, ob ich irgendetwas bemerkt hatte, aber alles schien für mich wie immer. Ich schüttelte also den Kopf, woraufhin Drake erleichtert ausatmete.

„Deine Augen sind auch nicht trüb... Du hast die Spritze also noch nicht injiziert bekommen, sonst wären schon Symptome eingetreten",murmelte er. Eine Weile herrschte Stille, bis ich fragte: „Was machen wir jetzt?"

„Wir müssen hier weg. Komm", bevor ich noch etwas sagen konnte, ging Drake schon los. Ich folgte ihm. Immerhin hatte ich keine bessere Möglichkeit.

Bei einem großen Baum blieb er stehen und schaute sich hektisch um. Dann schlug er den Weg nach rechts ein. Ich runzelte die Stirn und fragte„Weißt du überhaupt, wohin du gehst?"

Er antwortete nicht auf meine Frage, stattdessen sagte er nur: „Wir müssen schneller gehen... Schneller... Wir müssen hier weg." Sein Verhalten machte mir Angst. Langsam zweifelte ich daran, ob es wirklich die beste Möglichkeit gewesen war ihm zu folgen. „Drake?",versuchte ich es nochmal, aber wieder reagierte er nicht darauf.

Ich blieb stehen und rief ihn diesmal lauter. Endlich reagierte auch er und dreht sich zu mir um. Als er sah, dass ich stehengeblieben war,blieb auch er abrupt stehen. Ich öffnete meinen Mund um ihn erneut danach zu fragen, ob er wusste, wohin er ging, aber auf einmal kam er auf mich zu und packte meinen Arm. „Wir müssen schnell weiter.Wird sind zu langsam...", meinte er und versuchte mich mit sich zuziehen, aber ich blieb an Ort und Stelle. „Zuerst musst du-",fing ich an, wurde aber direkt wieder von ihm unterbrochen: „Wir müssen uns verwandeln, so sind wir schneller." §Eigentlich eine gute Idee, aber da gäbe es einen Hacken. „Du kannst dich nicht verwandeln. Du hast deinen Wolf verloren", sagte ich und Drake sah mich mit leeren Augen an. „Ich habe meinen Wolf nicht verloren. Ich bin nicht verrückt."

„Doch!Und du hast auch Kyle getötet, weil du nicht mehr klar denken kannst", erwiderte ich überraschenderweise sehr ruhig. Im nächsten Moment hob Drake seine Hand und schlug auf meine Wange. Ich keuchte und hielt meine Hand an meine schmerzende Wange. Drakes Augen wurden groß und er legte seine Hände auf meine Schultern. „Es tut mir leid Mila. Ich wollte das nicht tun. Ich liebe dich doch!", sagte er und sah mich verzweifelt an. Ich schüttelte den Kopf und wich einen Schritt zurück, sodass seine Hände von meinen Schultern glitten.

„Mila. Bitte! Wir können diese Situation vergessen. Dann ist nie etwas passiert und wir können glücklich sein", meinte er und ging einen Schritt auf mich zu. Das hatte er also auch mit dem gemacht, was mit seinem Wolf passiert ist und wie er Kyle getötet hat. Er hat es einfach ausgeblendet, als wäre nie etwas passiert...

„Ich kann nicht einfach vergessen was passiert ist. Nichts davon! Mir ist es mittlerweile auch egal, ob man diesen ganzen Prozess noch rückgängig machen kann, denn auch dann könnte ich keine von deinen Taten vergessen. Ich kann dir nicht einmal mehr in die Augen schauen und daran würde sich auch nichts mehr ändern. Es könnte nichts daran ändern, dass ich dich hasse... Weißt du, was du vergessen solltest? Mich!" Mit diesen Worten drehte ich mich um und lief davon. Ich hörte noch wie Drake meinen Namen rief, aber ich hörte nicht hin. Tränen stiegen mir in die Augen und ich verschnellerte meinen Schritt. Mir wurde bewusst wie viele Menschen ich in letzter Zeit verloren hatte. Ich hatte meine angebliche Mutter verlassen und bin kein einziges Mal zu ihr zurück gekommen. Mein Vater hatte die Spritze injiziert bekommen. Drake ist schon verrückt geworden und Kyle war tot.

Ich blieb erschöpft stehen und ließ mich vor einem Baum nieder. Ich wischte meine Tränen weg, aber gleich sofort stiegen mir neue in die Augen.

~

Ich öffnete meine Augen und sofort stach mir ein grelles Licht entgegen.Ich schloss meine Augen schnell wieder und wollte sie grade ein zweites Mal öffnen, als ich plötzlich Stimmen wahrnahm. „Ich dachte es würde nicht mehr lange dauern, bis die zweite Spritze fertig ist. Ich habe sie extra schon jetzt hier her gebracht",sagte die eine Stimme, die ich sofort als die von Marie erkannte.

„Es dauert nun mal etwas länger", erwiderte die andere Stimme, welche sehr tief klang. „Mir dauert es zu lange, Vater", meinte Marie.„Wenn du deine Freundin wiedersehen willst, dann wirst du Geduld haben müssen!", erklang wieder die tiefe Stimme, also die von ihrem Vater, nur diesmal klang er gereizter.

Ich wartete einen Moment, aber anscheinend sind sie wieder weggegangen.Ich öffnete meine Augen wieder und gewöhnte mich langsam an das grelle Licht an. Ich sah an mir herunter und bemerkte, dass ich nicht angekettet wurde oder ähnliches.

Ich setzte mich auf, sodass ich sah, wo ich mich befand. Es war ein kleiner weißer Raum, ähnlich wie in einem Krankenzimmer. Ich lag auf einem weißen Bett und neben mir war ein Stuhl und ein kleiner Schrank, auf welchen irgendwelche Materialien lagen. Ich erkannte unter ihnen eine kleine Spritze und sofort wurden meine Augen groß.Was wenn die Spritze doch schon fertig war?

Ich konnte mir keine Gedanken mehr darüber mehr, da auf einmal eine Tür zu meiner rechten Seite geöffnet wurde. Ein Junge, vielleicht einpaar Jahre älter als ich, kam rein. Er trug eine Art Kittel und er hatte blonde Haare. Als er sah, dass ich wach war, kam er schnell um das Bett herum, zum kleinen Schrank. Er nahm die kleine Spritze in die Hand und drehte sich zu mir. Ich wich nach hinten und wäre fast aus dem Bett gefallen, aber ich konnte mich noch am Bett festhalten.

Der Junge packte meinen Arm und hielt mit der anderen Hand die Spritze fest. Ich fing an zu zittern und mied es die Spritze anzusehen.Stattdessen sah ich ihn an. Er sah mich jetzt auch an und sagte:„Keine Angst, damit schläfst du nur wieder ein." Ich spürte ein kleinen Stich und Sekunden später fielen mir auch schon die Augen zu. Das letzte was ich sah waren die blauen Augen des Jungen.





Emerald wolveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt